Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern
Heiligabend ausgeheckt.
Ich strich Textzeilen aus dem Stück, um es so einfach und kurz wie möglich zu machen, und übte mit Takey seine Rolle. Im Wesentlichen musste er nur reglos wie eine Statue dastehen. Ich gab ihm noch eine andere Anweisung – sie war das Wichtigste, woran er sich erinnern musste. Es war mir egal, ob er seinen Text vergaß, Hauptsache, er erinnerte sich daran, eine bestimmte Geste zu machen.
Nach den ganzen fröhlichen Weihnachtsmelodien und Witzen gingen wir auf die Bühne, um die letzte Szene des Wintermärchens zu spielen – die Szene, in der Hermione zum Leben erwacht. Hat Dir die Perücke gefallen, die ich als schuldbewusster König Leontes getragen habe? Den weißen Stinktierstreifen hab ich eigenhändig draufgesprüht.
Takey gab eine wunderbare Statue von Königin Hermione ab – es fällt ihm sonst nicht leicht, still zu stehen. Als Jane ihren Zauberspruch aufsagte, hatte es wirklich etwas Magisches. Takey bewegte langsam seinen Kopf, dann die Arme. Es war ein Wunder – die Statue erwachte zum Leben. Dann führte Takey Zeige- und Mittelfinger zu einem vertrauten Gruß an die Stirn. So wie Wallace es immer getan hatte.
Das war meine spezielle Bühnenanweisung.
Ich hatte einen Kloß im Hals. Ich berührte Takeys Kinderhaut und brachte kaum meinen Text heraus: »Oh, sie ist warm! Wenn dies Magie ist, soll sie eine Kunst sein, so gesetzlich wie Essen.«
Ich bat um Verzeihung für meine Verbrechen und Takey vergab mir.
Die fröhliche Weihnachtsgesellschaft saß schweigend und wie gebannt da. Ich weiß nicht, welche Wirkung die Szene auf Dich hatte. Ich hatte zu viel Angst, Dich anzusehen.
Am nächsten Tag erhielt ich meine Antwort. Du erklärtest uns, dass eine von uns gegen Dich gesündigt hatte. Ich weiß, dass ich diejenige bin.
Mein kleines Theaterstück konnte Dich nicht dazu bewegen, mir zu vergeben. Ich hoffe, dieses Bekenntnis schafft es.
Sassy
Am 31. Dezember gaben Norrie, Jane und Sassy ihre Bekenntnisse bei ihrer Großmutter ab. Sie mussten bis zum nächsten Morgen warten, bis sie erfuhren, welche Wirkung diese auf Almighty gehabt hatten, falls sie überhaupt eine hatten.
Statt auf Silvesterpartys zu gehen, begrüßten sie das neue Jahr zu Hause. Ginger und Daddy-o gingen aus, doch sämtliche Kinder, sogar St. John und Sully, blieben zu Hause und spielten bis Mitternacht Gesellschaftsspiele – Scharaden und Scrabble und Candy Land. Als die Uhr zwölf schlug, bliesen sie auf Tröten und bespritzten sich gegenseitig mit Wasserpistolen aus Takeys Arsenal und lachten und küssten sich gegenseitig, alle waren dankbar und froh, eines der sechs Sullivan-Kinder zu sein. Da es zu schneien angefangen hatte, gingen sie nach draußen und schrien und tollten wie junge Hunde im Garten herum. In der Ferne explodierte Feuerwerk am Himmel, als die Stadt mit Krachen und Knallen und Jubel feierte, dass die Zeit verging.
Am nächsten Morgen gab es das traditionelle Neujahrsfrühstück mit Daddy-os Pancakes, Speck und jeder Menge Kaffee und Kakao und Orangensaft. Ginger steuerte sogar ihre Spezialität bei, vorgeschnittene Grapefruit. Obwohl die eigentlich Weihnachten vorbehalten war.
Gegen Mittag zogen sich alle warm an und machten einen Spaziergang zu Almighty. Es waren fünfzehn Zentimeter Schnee gefallen und der Tag war bitterkalt. Der Schnee knirschte wie Styropor unter ihren Stiefeln. Doch alle waren sich einig, dass es ein guter Tag für einen Spaziergang war.
Sie marschierten die lange Auffahrt von Gilded Elms hinauf und betraten das Haus durch die Küche. Almighty wartete mit Buffalo Bill auf dem Arm in der Bibliothek auf sie.
Allen fiel sofort auf, dass Almighty sich verändert hatte. Ihr Haar war über Nacht weiß geworden. Solange die Kinder denken konnten, war es eisengrau mit einer weißen Strähne über dem linken Auge gewesen. Doch nun hatte sich dieser weiße Streifen über den ganzen Kopf ausgebreitet, der so schneeweiß war wie der Rasen draußen. Sie sah wie ein anderer Mensch aus. Älter, schöner.
Sie sah, dachte Sassy, ein wenig wie Hermione aus, die Statuenkönigin aus dem Wintermärchen .
»Frohes neues Jahr euch allen«, sagte Almighty. »Dies ist wirklich der Beginn einer neuen Ära für die Sullivans. Ich habe die eingereichten Bekenntnisse mit Interesse gelesen.«
Als Bernice das Teetablett hereintrug, hielt sie einen Moment inne. Jeder nahm auf einem der Stühle in der Bibliothek Platz. Almighty blieb stehen. Sie setzte Buffalo Bill auf den
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