Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern
Nase nicht den Boden berührt.«
Ich tat, als würde ich lachen. Sein Witz war lustig, aber ich war einfach nicht in der Stimmung zu lachen.
»Ich finde diese Typen von der Marine sehr einschüchternd.« Er zog mich schnell an einer Reihe Kadetten der Marineakademie vorbei. »Kannst du dir vorstellen, was für eine Disziplin man braucht, um diese weißen Uniformen sauber zu halten?«
Mein Mund antwortete: »Nein«, doch mein Hirn wiederholte: Robbie, Robbie, Robbie .
Ich spähte auf Brooks’ Uhr. 20:35. Wann würde Robbie wohl am Bahnhof sein? Ich stellte mir vor, wie er zwischen vorbeihastenden Menschen neben dem riesigen Weihnachtsbaum stehen würde, ein ruhender Pol in einer verschwommenen Masse Feiertagsreisender.
»Möchtest du ein Glas Champagner?«
»Nein, danke«, erwiderte ich. Ich war so schon ganz benommen, und ich brauchte einen klaren Kopf. Ich fühlte mich mies, weil ich eine solche Niete war, aber ich konnte nicht anders.
Mrs Shriver schlängelte sich durch den Raum, tippte verschwörerisch jedem Mädchen an den Ellbogen und flüsterte uns zu, dass es an der Zeit war, uns zu präsentieren. Wir verschwanden eine nach der anderen und stellten uns an einem Ende des Ballsaals hinter einer großen Leinwand auf. Ich entdeckte Daddy-o, der in einer Reihe mit den anderen Vätern stand, die darauf warteten, uns vorzustellen. Er zwinkerte mir zu, ich winkte kurz zurück.
»Bitte nehmen Sie Platz«, sagte ein Mann. »Bitte nehmen Sie alle Platz.«
Stühle knarzten, Gläser klirrten, als die Gäste ihre Plätze an den Tischen rings um die Tanzfläche aufsuchten. Das Orchester verstummte und Schweigen legte sich über den Raum. Mr Ferguson begrüßte alle Anwesenden und sprach über die Wohltätigkeitseinrichtung, der der Erlös des Balls zugutekommen würde. Ich hörte nicht zu, sondern kramte in meinem Täschchen nach einem Stift. In einer Falte am Boden fand ich einen dieser winzigen Bleistifte, mit denen man die Ergebnisse beim Minigolf notiert. Mein Herz raste und trieb das Blut wie einen Rennwagen von meinem Kopf in meine Glieder, mir wurde schwindlig. Aber meine Gedanken waren klar. Der Saal um mich herum verschwamm, doch die Stimme in meinem Kopf war so rein wie Wasser in einem Swimmingpool: Robbie, Robbie, Robbie .
Ich zog Robbies Brief aus dem Umschlag und steckte ihn zurück in meine Abendhandtasche. Anschließend kritzelte ich eine Nachricht auf das leere Kuvert. Ich schob den Bleistift in meine Tasche, ließ sie zuschnappen und hielt den Umschlag mit einer meiner behandschuhten Hände fest.
Das Orchester stimmte Stardust an. Mr Ferguson begann, unsere Namen vorzulesen: »Mr John Preston Ames und seine Tochter Caroline Leslie Ames.« Caroline Ames nahm den Arm ihres Vaters, betrat den Saal und machte ihren Knicks. Ich beobachtete, wie ihr Vater zu seinem Tisch ging, während ihr jüngerer Begleiter, ein Collegestudent, sie an den Rand der Tanzfläche führte, wo sie auf den ersten Tanz warteten.
»Dr. Thomas Cochran und seine Tochter Mary Elizabeth Cochran.«
Ich rückte ein Stück in der Reihe vor. Würde ich es wirklich tun? Ich war nicht sicher, ob ich den Mut aufbringen würde. Das Mädchen, das ich früher gewesen war, hatte vielleicht vom Durchbrennen geträumt, doch am Ende hätte sie sich nicht getraut. Sie hätte sich von dem davontreiben lassen, was am einfachsten war, was den wenigsten Ärger verursachte, und getan, was jeder von ihr erwartete.
Ich fühlte mich jetzt anders. Aber war ich es auch tatsächlich?
»Mr Martin Mothersbaugh und seine Tochter Claire Barton Mothersbaugh.«
Ich beugte mich vor, um Claire zu beobachten, wie sie am Arm ihres Vaters in den Ballsaal schritt und beim Applaus strahlte. Ich sah flüchtig, wie Du, an vorderster Front mit Mamie, mit Argusaugen alles beobachtet und mit grimmiger Miene bei jedem neuen Mädchen geklatscht hast.
Und dort auf der Tanzfläche stand Brooks und wartete in der Reihe der Junggesellen gespannt auf seinen Auftritt. Konnte ich ihm das wirklich antun? Würde er mir jemals verzeihen?
Aber war mir das überhaupt wichtig?
»Dr. Philip Riggs und seine Tochter Marissa Leah Riggs.«
Nun kam gleich ich an die Reihe. Nur noch zwei Mädchen vor mir. Daddy-o rieb sich in nervöser Vorfreude vergnügt die Handflächen. Armer Daddy-o. Er ist ein solcher Schatz, würde Ginger sagen. Ihn zu verletzen war das Schlimmste. Doch ich war überzeugt, dass er, wenn alles überstanden wäre, in seinem tiefsten Inneren heimlich auf meiner
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