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Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)

Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)

Titel: Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Silver
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spielen und stellte fest, dass die Gewinne ausblieben. Und nicht nur das: Ich verlor – und zwar eine Menge Geld, etwa 75 000 Dollar in den letzten Monaten 2006, das meiste davon an einem einzigen schrecklichen Abend. In den ersten Monaten 2007 spielte ich jedoch weiter und verlor etwa 60 000 Dollar. Schließlich verlor ich mein Vertrauen darauf, bei dem Spiel den Kopf oben halten zu können, ließ mir mein Guthaben auszahlen und hörte auf.
    Meine Schlussfolgerung damals lautete, dass sich die Zusammensetzung der Spielerklientel dramatisch verändert hatte. Viele professionelle Spieler, die mit Poker ihren Lebensunterhalt bestritten, hatten unverdrossen weitergespielt, aber die meisten Amateure hatten aufgehört oder waren pleitegegangen. Das empfindliche Gleichgewicht der Poker-Ökonomie geriet ohne die das Spiel subventionierenden schwachen Spieler in Schieflage, der Wasserstand stieg, und der eine oder andere Haifisch verwandelte sich in einen Fish. 26
    Noch ehe das Gesetz in Kraft trat, spielte ich immer schlechter oder wurde zumindest nicht besser. Ich hatte eine Grenze erreicht und spielte weder kreativ noch inspiriert. Wenn ich spielte, kombinierte ich die gefährlichsten Eigenschaften des Poker-Profis, das Gefühl, dass der Gewinn des Geldes mir zustand, mit den schlechten Eigenschaften des Amateurs: Ich spielte bis tief in die Nacht und gelegentlich auch, nachdem ich mit Freunden ausgegangen war.
    Rückblickend hatte ich jedoch Glück: Die Zeit, die ich jetzt übrig hatte, und mein nach der Verabschiedung des Gesetzes erwachtes Interesse an Politik führten dazu, dass ich die Homepage FiveThirty Eight entwickelte. Es war zwar kein Spaß, dass ich ein Drittel meiner Gewinne wieder verloren hatte, aber immer noch besser, als alles zu verlieren. Einige Spieler, die weiterspielten, hatten weniger Glück. 2011 führten die »Black Friday«-Anklagen des Justizministeriums zur Schließung vieler Online-Pokerseiten, 27 einige von ihnen gingen in die Insolvenz und blieben den Spielern ihre Gewinne schuldig.
    Manchmal frage ich mich, was geschehen wäre, wenn ich weitergespielt hätte. Poker ist so unbeständig, dass auch ein Spieler, der theoretisch gewinnen müsste, eine monatelange oder sogar eine ein ganzes Jahr andauernde Pechsträhne haben kann. Andererseits kann auch die Glückssträhne eines schlechten Spielers sehr lange anhalten, bis er realisiert, dass er besser etwas anderes tun sollte.
    Glück versus Talent beim Poker
    Glück und Talent werden oft als Gegensätze dargestellt. Aber ihr Verhältnis ist komplizierter.
    Kaum jemand bezweifelt beispielsweise, dass Baseballspieler, die in der Major League spielen, Profis sind. Einen Baseball, der in einem Tempo von 98 Meilen pro Stunde (157 km/h) daherkommt, mit einem Brett aus Eschenholz zu treffen, ist gar nicht einfach. Einige Leute besitzen schlicht eine größere Begabung dafür, aber beim Baseball spielt auch Glück eine große Rolle. Gleichwohl fängt der Second Baseman den mit ungeheurer Kraft geschlagenen Baseball. Es dauert sehr lange, bis diese Unterschiede der Fähigkeiten offenbar werden. Selbst die Daten zweier Monate reichen dazu nicht aus. Abbildung 10-9 zeigt den Schlagdurchschnitt von American-League-Spielern im April 2011 (x-Achse) und den Durchschnitt derselben Spieler im Mai 2011 (y-Achse). 28 Diese scheinen nicht korreliert zu sein. (Der Spieler Brendan Ryan beispielsweise erzielte im April einen Schlagdurchschnitt von nur .184, im Mai jedoch von .384.) Aber wenn wir uns langfristige Statistiken über die Leistungen der Spieler in einer Saison oder in ihrer ganzen Karriere ansehen, erkennen wir, dass die Fähigkeiten als Schläger von Spieler zu Spieler sehr unterschiedlich sein können. 29

    Abbildung 10-9: Schlagdurchschnitt von American-League-Spielern im April und Mai 2011
    Poker erinnert in dieser Beziehung sehr stark an Baseball. Man benötigt sowohl sehr viel Glück als auch sehr viel Erfahrung. Der Gegensatz von Poker wäre so etwas wie Tic-Tac-Toe (»Drei gewinnt, Abb. 10-10«), also ein Spiel, zu dem kein Glück erforderlich ist, zu dem aber auch nicht viel Erfahrung gehört. Ein aufgeweckter Zweitklässler kann dabei ebenso gut abschneiden wie Bill Gates.
    Es kann lange dauern, bis ein Pokerspieler weiß, wie gut er wirklich spielt. Gerade beim Texas Hold’em, auf das ich mich spezialisiert habe, spielt Glück eine große Rolle. Die korrekte Strategie besagt, dass man so viele Partien wie möglich durchzieht, und dabei

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