Die Berghuette
alleine erscheinen.“
Caro wusch sich schnell das Gesicht und die Hände und fuhr sich mit der Bürste durch die Haare. Dann trug sie noch ein wenig Makeup und Lippenstift auf und lächelte in den Spiegel. Kein Mensch konnte mehr erkennen, welcher Gefühlssturm noch vor einer Stunde in ihr getobt hatte! Glücklich lächelnd ging sie nach unten in die Küche.
Dort richtete Felix gerade ein Tablett mit Tassen und Tellern, während die Kaffee-maschine bereits blubberte und schnaufte. „Schneidest du den Kuchen noch auf?“, fragte er Caro, während er aus dem Kühlschrank eine Flasche Saft holte und ein Glas auf das Tablett stellte. „Ich hoffe nur, Tobias trinkt Saft. Wir haben nämlich keine Limonade oder ähnliches da.“
Caro war etwas mulmig zumute, als Felix das Tablett nahm und ihr zunickte. „Komm, bringen wir’s hinter uns. Nimm den Kuchen mit!“
Doch dann war alles viel einfacher, als sie befürchtet hatte. Als Felix auf die Terrasse und trat und ein fröhliches „Hallo, da sind wir wieder!“ schmetterte, rannte ein überglücklicher Tobias auf sie zu und umarmte sie so heftig, dass sie Mühe hatte, die Kuchenplatte heil auf den Tisch zu bringen.
Martin kam mit fragendem Blick auf sie beide zu, Anja in seinem Schlepptau. Sie war eine schlanke Brünette, die Caro aus hellgrauen Augen freundlich anlächelte. Caro war überrascht, wie sehr sie Felix ähnlich sah, und fühlte sich nun doppelt dumm, dass sie angenommen hatte, sie sei Felix‘ frühere Freundin.
Noch bevor einer der beiden etwas fragen konnte, erklärte Felix gut gelaunt: „Die geflohene Urlauberin habe ich auch wieder mitgebracht.“ Dabei legte er seinen Arm um Caros Schultern und drückte sie fest an sich. „Es war ein kleines Missverständnis, aber wir haben es klären können, und nun sind wir wieder da. Caro, das ist Anja, meine Schwester. Anja, das ist Caro, ich habe dir vorhin schon von ihr erzählt.“
Dann wandte er sich an Tobias, der immer noch Caros linke Hand hielt. „Und du bist wohl Tobias. Deine Mama hat mir schon viel von dir erzählt, und ich freue mich, dass du mitgekommen bist. Komm, es gibt Kuchen und Saft!“ Damit hielt er ihm seine Hand entgegen. Tobias nahm sie, ohne zu zögern, und ging mit zum Tisch, wo ihm Felix ein riesiges Kuchenstück auf den Teller legte und ein Glas Saft einschenkte. Zufrieden setzte er sich auf einen der Gartenstühle und machte sich über seinen Kuchen her, während die Erwachsenen noch herumstanden.
Martin hatte inzwischen seinen Blick voller Zweifel immer wieder zwischen Felix und Caro hin und her wandern lassen. „Was geht hier eigentlich vor?“, fragte er schließlich und beäugte Felix misstrauisch. „Ich dachte, ich müsste hier als weißer Ritter aufkreuzen, um eine allzu temperamentvolle Mitarbeiterin vor den Angriffen eines arroganten, chauvinistischen Reisejournalisten zu schützen, und nun steht ihr hier Hand in Hand nebeneinander und erzählt mir etwas von Missverständnissen?“
Caro wurde über und über rot und suchte nach den passenden Worten. Aber Felix sprang sofort in die Bresche. „Wir hatten am Anfang ein paar Probleme, aber inzwischen vertragen wir uns ganz gut.“ Dann legte Felix seinen Arm um Caros Taille und zog sie nahe zu sich heran. „Weitere Fragen richten Sie bitte schriftlich an unser Büro, wir beantworten sie in den nächsten Tagen. So, und nun lasst uns endlich Kaffee trinken!“ Damit scheuchte er alle zum Tisch, wo Tobias sein Kuchenstück bereits zur Hälfte vertilgt hatte.
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Nach dem Kaffeetrinken machten sie alle einen Spaziergang zu Alois‘ Bergbauernhof. Vorneweg ging Felix mit einem völlig unbefangenen Tobias. Das riesige Kuchenstück, das Felix ihm auf den Teller gelegt hatte, und die unaufdringliche, kameradschaftliche Art, in der er mit ihm umging, hatte sein Vertrauen gewonnen, und nun spazierte er fröhlich lachend neben Felix, der ihm gerade erklärte, welche Aufgaben ein Bergbauer zu bewältigen hatte.
„Aber hat dieser Alois denn auch Tiere?“, fragte Tobias interessiert.
„Er hat ein paar Milchkühe im Stall und zwei wunderschöne Haflinger, die ihm beim Transportieren von gefällten Baumstämmen helfen.“
Caro ging ein paar Schritte dahinter mit Anja und Martin und verfolgte mit halbem Ohr die Unterhaltung zwischen ihrem Sohn und Felix. Während Felix Tobias den Unterschied zwischen Warmblut- und Kaltblutpferden erklärte, musste sie lächeln. Tobias
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