Die Bernsteinhandlerin
Trinksprüchen,
hatte sich in diesem Lokal eingebürgert und stieà unter den Patriziern auf Missfallen. Böse Zungen behaupteten allerdings, dass es nur deshalb Schwierigkeiten gab, weil sich Gerrit der Holländer von auswärtigen Bierbrauern und Fuhrleuten beliefern lieà und kein Händler in Riga am Konsum seiner Gäste auch nur einen einzigen Kreuzer verdiente.
Von Gerrit erfuhren Bartelsen und der Diener, dass Erich von Belden bereits drauf und dran war, die Stadt zu verlassen. »Es hat ihm hier wohl nicht gefallen!«, stellte der Wirt fest. »Jedenfalls sattelt er gerade sein Pferd.«
Erich war im Begriff, seinen Beidhänder am Sattel zu befestigen, als Bartelsen und sein Begleiter das Stalltor passierten.
»Erich von Belden?«, fragte Bartelsen und versuchte seinem Auftreten â ganz gegen seine eigentliche Natur â einen energischen Habitus zu geben.
»Kommt drauf an, für wen«, entgegnete Erich.
»Für Heinrich Heusenbrink, der sich Sorgen um seine Tochter macht.«
Zunächst hatte Erichs Gesicht eher desinteressiert gewirkt, doch das änderte sich nun mit einem Schlag.
»Was ist mit Barbara?«, fragte er, und es fiel Thomas Bartelsen sofort auf, dass Erich von ihr wie von jemand sehr Vertrautem sprach.
»Sie ist entführt worden, zwei Waffenknechte des Hauses Heusenbrink fanden dabei einen allzu frühen Tod, und ich selbst habe auch einige Blessuren abbekommen. Mein Schädel und meine Eingeweide schmerzen noch von den Schlägen, die ich einstecken musste.«
»Erzählt mir mehr darüber!«, forderte Erich. »Ich will jede Einzelheit wissen.«
»Vielleicht sollten wir uns erst über den Preis einig werden, den Ihr für Eure Dienste verlangt, werter Herr. Herr Heinrich
ist nämlich sehr besorgt, und diese Sorge könnte ihn womöglich ins Grab bringen, auch wenn ich den Teufel natürlich nicht an die Wand malen will.«
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Erich folgte Bartelsen und dem Diener zum Haus der Heusenbrinks. Sein Pferd zog er am Zügel hinter sich her; unterwegs lieà er sich jede Einzelheit berichten, an die Bartelsen sich erinnern konnte.
Vor dem Heusenbrinkâschen Haus machte Erich sein Pferd an einer dafür vorgesehenen Querstange fest. Dann lieà er sich von Bartelsen zu dem kranken Hausherrn bringen.
Dieser hatte sich angezogen und auf einen der Diwane gesetzt, wenngleich ihn das auÃerordentlich angestrengt hatte. Aber er wollte sich nicht so hilflos und schwach präsentieren, wie er sich im Moment tatsächlich fühlte.
»So lerne ich Euch also doch noch kennen«, stellte Heinrich fest. »Erich von Belden, den Mann, von dem mir meine Tochter schon so viel erzählt hat!«
»Wie ich hoffe, nur Gutes«, meinte Erich, dem alles im Grunde viel zu langsam ging.
»Ich werde Euch gut entlohnen, wenn Ihr es schafft, meine Tochter aus der Gewalt ihrer Entführer zu befreien.«
»Habt Ihr wenigstens eine Ahnung, wer gegen Euch und Euer Haus etwas im Schilde führen könnte?«, fragte Erich. »Wer will Euch durch den Raub Eurer Tochter schaden?«
Heinrich atmete schwer. Bevor er antwortete, lieà er von seinem Diener ein anregendes Getränk bringen, das der Medicus eigenhändig in der Küche des Hauses aufgebrüht hatte. Die Zusammensetzung dieser Medizin war ein Geheimnis des Arztes, und wenn Heinrich auch nicht sicher wusste, ob dieser Trank seinen Zustand tatsächlich besserte, so schien er ihm zumindest nicht zu schaden und auch nicht mit negativen
Wirkungen auf die Häufigkeit und Konsistenz seiner Ausscheidungen verbunden zu sein. »Es sind so viele, die mir Neid entgegenbringen und mir schaden wollen«, bekannte Heinrich.
»Ihr habt vom Ring der schwarzen Kreuze gehört?«, erkundigte sich Erich.
»Zum ersten Mal durch Eure Warnung, die Ihr meiner Tochter zukommen lieÃt, als sie sich mit Matthias Isenbrandt verloben wollte. Aber seitdem reden die Leute hinter vorgehaltener Hand immer öfter davon.«
»Auf dem Weg hierher sind wir auf vielerlei Zeichen gestoÃen, die den Einfluss der Ringler bestätigen«, erklärte Erich. »Eure Tochter wurde bereits auf der Nehrung überfallen, und ich bin überzeugt, dass diejenigen, die schon damals im Hintergrund die Fäden zogen, jetzt nur ihre Tat vollenden wollen.«
»Das mag sein. Aber es ist mir gleichgültig, wer dahintersteckt und welche Absichten er
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