Die Bernsteinhandlerin
immer sie verlangten. »Wenn ich ihnen auch nur ein einziges Mal bei irgendeiner Sache helfen würde, etwa indem ich Schmuggelware zusammen mit dem legal vom Orden lizenzierten Bernstein auslieferte, dann könnten sie Barbara gefahrlos freilassen. Ich wäre dann auf ewig dem Ring ausgeliefert, denn sie könnten mich jederzeit beim Orden anschwärzen, sodass Hoch- und Landmeister mich auf der Stelle fallen lieÃen.« Er stockte, konnte einen Moment lang nicht weitersprechen. »Teufel sind das!«, stieà er dann hervor. »Wahre Teufel, und niemand scheint die Macht zu haben, ihnen Einhalt zu gebieten.«
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Tagelang hatten Erich von Belden und Thomas Bartelsen die Pechhändler und Fuhrleute befragt. Aber da sie beide fremd in der Stadt waren, misstraute man ihnen zumeist und vermutete, dass sie vielleicht vom Orden geschickt worden waren, um nach Hinterziehern von Abgaben zu fahnden. So wandte sich Erich zu guter Letzt an einen der Fuhrleute im Dienst der Heusenbrinks. Sein Name war Karl August, und als Familienname führte er in erster Generation den Namen Fuhrer. Sein Vater war zwar auch schon Fuhrmann gewesen, hatte aber Müller geheiÃen, was nach Ansicht von Karl August völlig unpassend war. Also hatte er sich entschlossen, den Namen an den Erwerb anzupassen, was ihm leichter erschien als der umgekehrte Weg. Die Aussichten, eine Mühle zu erwerben oder zu erben, standen für ihn nämlich denkbar schlecht.
Karl August Fuhrer war sofort bereit, bei den Erkundigungen zu helfen. Zuvor hatte sich Erich ausgiebig bei Heinrich
Heusenbrink über ihn erkundigt, um zu erfahren, ob man Karl August vertrauen konnte. Da Heinrich den Fuhrmann auf viele seiner Reisen mitgenommen hatte, wann immer er jemanden brauchte, der eine Kutsche gut zu führen wusste, gab es da keinerlei Bedenken.
Wenn Erich in Karl Augusts Gesellschaft die Tavernen der Fuhrleute aufsuchte, wurden diese gleich zugänglicher â zumal auch Thomas Bartelsen nicht dabei war. Gegenüber einem wie ihm, einem Kanzleiteufel und Schreibdämon, wie ihn einer der Fuhrleute beschimpft hatte, herrschte besonders groÃes Misstrauen, denn mit seinesgleichen hatten die Fuhrleute vor allem nur dann zu tun, wenn es darum ging, die Höhe der Abgaben festzulegen.
»Ich kenne jemanden, der vor kurzem seinen Wagen verliehen hat und ihn dermaÃen mit Pech eingeschmiert zurückbekam, dass er sich seine Hosen daran noch schmutziger gemacht hat, als sie ohnehin schon waren!«, berichtete ihnen schlieÃlich ein vierschrötiger Fuhrmann mit rötlichen Haaren, dessen Gesicht voller Sommersprossen war.
»Sagt mir seinen Namen!«, forderte Erich.
»Ich will ihn nicht in Schwierigkeiten bringen!«
»Wenn er seinen Wagen nur verliehen hat, wird das auch nicht geschehen«, versuchte Erich den Fuhrmann zu beschwichtigen.
»Sagt das nicht! Wenn irgendetwas geschieht, dann landet unsereins schnell im Kerker und wird dort vergessen! Wenn sich dann bei der Untersuchung die Unschuld des Betreffenden herausstellt und der schon der schlechten Behandlung oder des grässlichen Essens wegen verschieden ist, hilft ihm das auch nicht weiter!« Er kniff die Augen zusammen und musterte zuerst Karl August, dann Erich. »Du arbeitest für den Heusenbrink, nicht wahr?«, fragte er an den Fuhrmann gewandt.
»Das weià doch jeder! Und das tue ich schon seit zwanzig Jahren.«
»Ich habe gehört, dass dessen Tochter verschwunden sein soll! Ich nehme an, dass das alles damit etwas zu tun haben wird, zumal dein ritterlicher Freund hier zuvor zusammen mit dem neuen Schreiber der Heusenbrinks überall hausieren gegangen ist, um den Leuten Löcher in den Bauch zu fragen!«
»Wir werden die Stadtwache nicht einschalten«, erklärte Erich. »Du kannst uns ruhig sagen, wer der Mann ist, der seinen Wagen verliehen hat.«
Der Vierschrötige überlegte. Erich legte ihm ein Silberstück auf den Schanktisch, das der Mann mit den Sommersprossen rasch einsteckte. »Seid Ihr verrückt? Nicht so öffentlich! Wegen so eines Stücks wird man schon mal in enger Gasse überfallen! Aber wenn Ihr noch so ein Stück für mich habt, werde ich Euch Auskunft geben.« Ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Ich nehme an, dass der reiche Heusenbrink dafür aufkommen wird!«
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Der Mann, den der Vierschrötige ihnen nannte, hieà Severin Schiefnagel und
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