Die Bernsteinhandlerin
groà genug, um dafür die groÃe Festhalle des Rathauses zur Verfügung gestellt zu bekommen. Die Verwandtschaft der Heusenbrinks war dabei zahlenmäÃig eher untergeordnet, und selbst das Eheversprechen zwischen Matthias und Barbara nahm nur einen recht schmalen Raum ein. Alles Wesentliche war ja in einem Vertrag festgelegt worden. Jakob Isenbrandt verkündete die Verlobung lediglich mit ein paar nüchternen Worten, unmittelbar danach eröffnete er offiziell das Bankett. Eigentlich hätte Heinrich Heusenbrink auch noch gerne ein paar Worte zum Ereignis sprechen wollen, doch das war offenbar weder vorgesehen noch erwünscht. Nachdem das Festmahl begonnen hatte, wäre jeder Versuch des Bernsteinhändlers aus Riga, noch einmal das Wort zu ergreifen, ohnehin von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Es war auch eine Gruppe von Musikern engagiert worden, die bereits zum Essen aufspielte, sodass sich Stimmengewirr mit der Musik von Flöte, Laute und Tamburinen mischte. Die Gerüche mannigfacher Köstlichkeiten erfüllten den Raum ebenso wie das Geklapper der Bestecke. Viele der Anwesenden waren trotz ihrer vornehmen Abkunft im Gebrauch von Essbestecken nur unzureichend geübt. Es war im Ãbrigen auch gar nicht so einfach gewesen, für alle Gäste ausreichend Besteck zu diesem Anlass herbeizuschaffen, aber Adelheid Isenbrandt hatte darauf bestanden, dass niemand von den geladenen Gästen mit den Fingern aÃ, auch wenn nicht wenigen dies vielleicht sogar insgeheim lieber gewesen wäre. Doch so traditionsverbunden Adelheid auch ansonsten sein mochte, was diesen Punkt anging, war sie vollkommen davon überzeugt, dass die neue Zeit mit ihren mannigfachen Veränderungen ihr Gutes hätte.
Frederik Sundberg, der Gesandte des Königs von Dänemark, sprach Heinrich Heusenbrink wegen möglicher Bernsteinlieferungen
nach Kopenhagen oder sogar nach Island an, und die beiden vertieften sich in ein offenbar ziemlich anregendes Gespräch.
Barbara hingegen fühlte sich äuÃerst unwohl an ihrem Platz. Irgendwie war ihr der rechte Appetit abhandengekommen, und sie hatte wenig Lust, das Bratenstück anzurühren, das man ihr aufgetischt hatte. Sie nippte nur ein bisschen vom Wein in ihrem Becher.
Matthias saà neben ihr. Es war das erste Mal seit Tagen, dass sie sich für längere Zeit begegneten, aber der Erbe des Hauses Isenbrandt strafte seine zukünftige Frau zunächst mit Nichtbeachtung.
Stattdessen scherzte er mit den Mägden. Es war Barbara schon zuvor aufgefallen, mit welchem Ãberschwang er überdies einige der weiblichen Gäste begrüÃt hatte.
»Wenn ich Euch um einen Gefallen bitten dürfte â so achtet doch bitte wenigstens darauf, dass Ihr die Fassade wahrt, Matthias!«, wandte sie sich schlieÃlich an den Mann, dem sie nun förmlich und vor der gesamten lübischen Patrizierschaft versprochen war. Matthias sah sie erstaunt an.
»Was redet Ihr da, Barbara?«
»Ich bin nicht nur über mein Erscheinungsbild in der Ãffentlichkeit dieser Stadt besorgt, sondern auch über Eures, Matthias!«
»Nun übertreibt mal nicht, Barbara!«
»Ich sage nur, wie es ist.«
Ihrer beider Blicke begegneten sich. Matthiasâ Augen waren schmal geworden, und Barbara hatte die Furche auf seiner Stirn sehr wohl bemerkt. »Wir sollten uns das Leben nicht gegenseitig zur Hölle machen, Barbara! Meine Mutter hat mit mir über Euch gesprochen. Auch darüber, dass Ihr ihr gegenüber auf eine Weise reagiert habt, die, gelinde gesagt, unangemessen war.«
»Das finde ich nicht!«
Matthias lächelte, und dabei blitzten seine Zähne auf eine Weise hervor, die Barbara an das Zähneblecken eines Raubtiers erinnerte. »Ich respektiere Euer Temperament, aber respektiert umgekehrt auch das meinige«, sagte der Patriziersohn daraufhin in betont in die Länge gezogenen Worten.
Barbara fand es in dieser Situation klüger, zu schweigen. Zurzeit hatten sie und ihr zukünftiger Gatte sich augenscheinlich nichts zu sagen.
»Später, wenn getanzt wird, haltet Euch bereit, damit ich Euch zur Musik durch den Saal führen kann«, erklärte Matthias im Anschluss daran auf eine gebieterische Art und Weise, die wohl einen Vorgeschmack davon gab, wie sich der Isenbrandt-Erbe seine Ehe vorstellte. »Und passt dabei auf, dass Ihr Euch nicht zu tolpatschig anstellt und mir auf die
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