Die Bernsteinhandlerin
Jakob Isenbrandt besprechen«, sagte er schlieÃlich nach einer längeren Pause des Schweigens, in der man von drauÃen die Stimmen einiger später Festgäste hörte, die noch auf dem Weg nach Hause waren. »Jakob wäre beleidigt, und wahrscheinlich stünde die ganze Unternehmung auf dem Spiel â¦Â«
»Die ganze Unternehmung â¦Â«, raunte Barbara. Ja, genau das war es wohl â eine Unternehmung. Dieser Ausdruck traf es auf den Kopf.
»Jakob wäre mit Sicherheit beleidigt â und das vollkommen zu Recht!«
»Vielleicht war diese Unternehmung ja eine Fehlinvestition, Vater«, murmelte Barbara schlieÃlich. Ihr Vater drehte sich um, und ihrer beider Blicke trafen aufeinander.
»Wir haben die Dokumente zur Verlobung unterschrieben«, gab Heinrich zurück. »Mit welcher Begründung könnten wir diese Vereinbarungen lösen, mein Kind? Für das, was dieser Ritter sagt, gibt es keinen greifbaren Beweis, und er selbst weià das am besten. SchlieÃlich ist er ja auch nicht Manns genug, hier in Lübeck zu bleiben und etwa eine Klage zu führen! Nein, er macht sich von dannen, weil ihm natürlich bewusst ist, dass er seine Anschuldigungen niemals belegen könnte!«
»Natürlich nicht«, stellte Barbara klar. »Wenn er recht hat und es sich tatsächlich um eine regelrechte Verschwörung handelt, dann hätte er wahrlich keine Möglichkeit, irgendwo Gehör zu finden!«
»Barbara, du übertreibst! Es gibt keinen Grund, dieses Gerede von einer Verschwörung als Tatsache anzusehen.«
Barbara schluckte. Sie ging zum Kamin und begann, mit einem Spieà des Kaminbestecks ein bisschen in der fast erloschenen Glut herumzustochern, in der Hoffnung, dass sie vielleicht doch noch einmal zu entflammen wäre und es etwas wärmer würde. Aber sie hatte keinerlei Erfolg damit, sodass sie zu guter Letzt die Geduld verlor und den Spieà wieder zurück in den gusseisernen Ständer steckte.
Sie versuchte ihre Gedanken etwas zu ordnen: Sollte es wirklich ihre Bestimmung sein, die Frau eines lieblosen Mannes
wie Matthias Isenbrandt zu werden? Ihre Gedanken kehrten zu Erich von Belden zurück. Zu seinem Gesicht, dem Klang seiner Stimme, zu der Art, wie er sich bewegte ⦠Es war aus mehreren Gründen bedauerlich, dass sie ihn wohl nie wiedersehen würde. Auch wenn sie sich innerlich dagegen sträubte, sich das einzugestehen, so empfand sie doch eine starke Anziehung von diesem Unbekannten ausgehen.
Heinrich Heusenbrink fasste seine Tochter bei den Schultern. »Wir können nicht zurück, Barbara! Nicht wegen dieses unbegründeten Verdachts! Wenn wir das zum Anlass nehmen, unseren Verpflichtungen nicht nachzukommen, dann hätte das eine katastrophale Wirkung auf den Ruf des Hauses Heusenbrink.«
»Ich weië, murmelte Barbara. Sie war schlieÃlich in den Geschäften bewandert genug, um das zu wissen.
»Ich habe mit dem dänischen Gesandten gesprochen, und der hat mich mit einem wichtigen Händler aus Antwerpen zusammengebracht«, berichtete Heinrich. »Wenn wir nach Riga zurückkehren, werden wir dem Orden eine Steigerung der Umsätze versprechen können â vorausgesetzt, man ist in der Lage, auch entsprechend mehr Bernstein zu liefern. Aber das sind alles Männer, die den Isenbrandts vertrauen und deren Wohlwollen wir nur auf deren Empfehlung hin bekommen â¦Â«
Barbara biss sich auf die Unterlippe. »Ich traue hier in Lübeck niemandem mehr, Vater!«, sagte sie dann fast tonlos.
Â
Erich von Beldens Schlaf war leicht und unruhig. In der Kammer, in der er sich beim langen Liudger eingemietet hatte, herrschte tiefe Dunkelheit. Die Fensterläden waren geschlossen. Durch die Ritzen zog Kälte herein. An den Fenstern des Gasthofs gab es noch nicht einmal einen Vorhang aus Baumwolle
oder Alabaster, der die Zugluft hätte mildern können. Das Zimmer lag im Obergeschoss, und ein Knarren auf der Treppe sorgte schlussendlich dafür, dass Erich hellwach wurde. So vorsichtig jemand die Stufen emporzusteigen versuchte, geräuschlos war das schlichtweg nicht möglich. Auf dem Flur waren leise Stimmen zu hören, auÃerdem noch ein Geräusch, das der Ritter nur allzu gut kannte: Jemand spannte eine Armbrust!
Erich stand eilig auf und griff zu Rapier und Dolch. Dann huschte er zur anderen Seite des Raums und hielt inne.
Langsam öffnete sich die
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