Die Bernsteinhandlerin
verstorbenen Vetter in diesem Amt folgte und uns gewogener ist als dieser. So muss man Gott selbst für das Schreckliche noch danken.
Aus einem Brief des Heinrich Heusenbrink; April 1450
Auf der Kurischen Nehrung, drei Jahre nach Barbaras Verlobung zu Lübeck â¦
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»Lasst uns keine Zeit verlieren!«, drängte Erich von Belden. Barbara strich sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. Die Männer, mit denen sie gereist war, waren allesamt tot, und es wäre nicht im Traum daran zu denken gewesen, die Reise auf sich allein gestellt fortzusetzen. Wieder begegneten sich ihrer beider Blicke.
»Euch gerade im Augenblick höchster Not wiederzutreffen lässt mich den Glauben an die Fügung Gottes wiederfinden«, sagte sie. »Drei Jahre ist es her, dass Ihr mich in der Nacht meiner Verlobung vor einer furchtbaren Gefahr gewarnt habt!«
»Ich erinnere mich, als wäre es gestern«, erwiderte Erich. »Und ich bedaure, dass ich damals nicht mehr für Euch tun konnte.«
»Ihr habt mehr getan, als ich erwarten konnte.«
»Erzählt mir später, wie es Euch in den vergangenen Jahren ergangen ist! Jetzt werden wir erst einmal zusehen müssen, dass wir von hier fortkommen. Ich bin auf dem Weg nach Riga â und da ich annehme, dass Ihr auch dorthin unterwegs seid, haben wir denselben Weg. Habt Ihr gelernt zu reiten?«
»Ganz sicher nicht so wie Ihr, doch ich bin durchaus in der Lage, mich im Sattel zu halten!«
»Den Wagen und Euer Gepäck werden wir hier zurücklassen. Aber dafür werden wir schneller sein und den Schurken auszuweichen wissen, die Euch aufgelauert haben.«
»Ihr glaubt, dass die Wegelagerer es noch einmal versuchen könnten?«
»Sofern sie die Gelegenheit dazu haben, ja.« Erich stieà mit dem Stiefel eine der Hakenbüchsen an, die auf dem Boden lagen. »Eine derartige Waffe benutzt kein gewöhnlicher
Strauchdieb. Die haben es auf Euch abgesehen, und Ihr solltet Euch Gedanken darüber machen, welche mächtigen Kreise Ihr möglicherweise so sehr erzürnt habt, dass Ihr zur Jagdbeute ihrer Häscher geworden seid!«
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Erich befreite die Pferde des Gespanns aus ihren Geschirren.
»Was geschieht mit den Tieren?«, fragte Barbara.
»Wir werden sie ebenfalls zurücklassen. Der Nutzen, den wir von ihnen haben könnten, wird dadurch zunichte gemacht, dass wir sie auch versorgen müssten.« Für Barbara hatte er das bereits gesattelte Pferd vorgesehen, das einer der Bewaffneten zurückgelassen hatte. Von Erich lieà es sich leicht einfangen und am Zügel nehmen. Dann half er Barbara in den Sattel, was jedoch mit ihren zahlreichen Röcken gar nicht so einfach war.
»Wenn ich Euch jetzt vorschlagen würde, die Hosen eines dieser Toten anzuziehen, wäre das gewiss nicht in Eurem Sinn, wie ich vermute!«, meinte Erich.
»Das wäre unziemlich!«, entrüstete Barbara sich sehr bestimmt und etwas erschrocken über die Rohheit, die in dieser Bemerkung zum Ausdruck kam. Erich schien dies zu bemerken. »Es tut mir leid«, sagte er. »Vielleicht fehlte mir in den letzten Jahren einfach der gepflegte Umgang.«
Er schwang sich nun auf sein Pferd.
»Hattet Ihr nicht auch einmal zwei Pferde?«, fragte Barbara. »Damals, als Ihr nach Lübeck gekommen wart, seid Ihr mir gleich aufgefallen. Vielleicht Eures Wappens wegen, ich weià es nicht. Ich sah aus dem Fenster des Isenbrandtâschen Hauses, und Ihr ⦠Ihr werdet Euch gewiss nicht daran erinnern!«
»O doch«, widersprach Erich. »Und was meine beiden Pferde angeht, in deren Besitz ich damals war â sie leben leider beide nicht mehr. Das eine Tier wurde durch einen Pfeil getroffen, das andere brach sich ein Bein â¦Â«
»So vermute ich, dass Ihr in den letzten Jahren ein gefährliches Leben geführt habt, Erich!«
»Nicht gefährlicher als sonst! Ich bin eine Weile für den König von Polen und Litauen geritten, bevor ich mich in der Stadtwache von Danzig verdingt habe.«
»Dann standen wir ja gewissermaÃen auf verschiedenen Seiten!«, meinte Barbara.
Erich überprüfte kurz den am Sattel befestigten Beidhänder und lenkte dann seinen Apfelschimmel neben sie. »Auf verschiedenen Seiten? Inwiefern?«
»Nun, die Heusenbrinks sind die privilegierten Bernsteinhändler des Ordens, und ich war gerade auf der Marienburg, um mit dem neuen
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