Die Bernsteinhandlerin
Hochmeister wichtige Gespräche zu führen.«
Erich lachte. »Und der König von Polen und Litauen ist der alte Feind des Ordens! Darüber hinaus gehört Danzig zu den Hansestädten, die sich im Bund gegen Gewalt zusammengeschlossen haben, um sich vor der Willkür des Ordens zu schützen!«
»Es scheint, als hätte die Sichtweise der Ordensfeinde auf Euch abgefärbt!«
»Das wird sich gewiss rasch ändern, denn ich habe vor, demnächst im Ordensland mein Auskommen zu finden. Man hört überall, dass inzwischen sogar Söldner angeworben werden, weil es an Ordensrittern mangelt. In Riga soll es im Augenblick besonders lohnend sein, den Waffenrock zu tragen!«
Daraufhin drückte Erich von Belden seinem Apfelschimmel die Fersen in die Weichen und lieà das Tier voranpreschen.
Barbara drehte sich im Sattel noch einmal herum. Raben krächzten, und gewiss war es unchristlich, die Toten einfach so liegen zu lassen. Aber andererseits hatte Erich wohl recht
damit, wenn er darauf drängte, diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen.
So tat es Barbara dem Ritter von Belden gleich und trieb ihr Pferd an, um nicht zu weit hinter ihm zurückzubleiben.
Bis zum Einbruch der Dämmerung ritten sie strammen Galopp. Erich hielt sich nahe am Meer. Manchmal ritten sie endlose Strände entlang. Wellen spülten unablässig gegen die Küste, und das Rauschen des Meeres mischte sich mit den Schreien der Möwen. Die Luft wurde von einem belebenden Salzgeruch erfüllt. Ein steter Nordwind wehte Barbara durch die Haare. Während dieses Rittes fielen kaum Worte zwischen ihr und Erich. Eine Verständigung war ohnehin allenfalls durch laute Zurufe möglich.
Barbara schmerzten das Gesäà und nahezu jeder Muskel ihres Körpers. Sie hatte bisher nicht oft Gelegenheit dazu gehabt zu reiten, doch ihr Vater hatte darauf bestanden, dass sie sich darin etwas übte. Seine Worte kamen ihr nun lebhaft in Erinnerung. »Man kann nicht erwarten, dass man nur dort gute Geschäfte macht, wo ein breiter, befestigter Weg hinführt, in den Wagenräder nicht gleich einsinken!«
Barbara reckte sich im Sattel. Sie mochte gar nicht daran denken, dass noch eine tagelange Reise vor ihr lag, bevor sie Riga erreichen würde. In einem Wagen wäre diese Reise nicht halb so anstrengend gewesen.
Erich blickte sich um. »Dem Gesindel, das Euch überfallen hat, scheinen wir zumindest fürs Erste entkommen zu sein«, meinte er. »Aber bis Riga ist es noch ein weiter Weg. Und noch dazu einer, der schlecht gesichert ist. Solange Ihr jedoch mit mir reitet, werde ich alles tun, um Eure Sicherheit zu gewährleisten.«
»Dafür danke ich Euch! Euer Dienst soll auch nicht unbelohnt bleiben. Wenn wir Riga erreichen, dann wird mein Vater â¦Â«
»Ich tue das nicht, weil ich mir dadurch einen Lohn erhoffe«, warf Erich ein. »Um ehrlich zu sein, bin ich im Augenblick sogar in der Lage, eine Weile ohne irgendeine Anstellung auszukommen, und kann mir daher aussuchen, wem ich mein Schwert leihe.«
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Am Abend suchten sie zwischen den Dünen einen Platz zum Lagern, denn bis Memelburg würden sie es an diesem Tag nicht mehr schaffen. Davon abgesehen wusste auch Barbara nur zu gut, dass in der Nacht kein Fährschiff über die Meerenge fuhr, die das Haff mit der Ostsee verband. Es gab zwar auch ein paar Dörfer auf der Nehrung, und möglicherweise konnte man sich dort irgendwo einquartieren, aber davon riet Erich dringend ab. Wo sie auch eingekehrt wären, sie hätten damit rechnen müssen, dass die Einheimischen sie an die Männer verrieten, die Barbara überfallen hatten.
Das Gold der Ostsee lag am Strand, und die Leute dieser Gegend brauchten es eigentlich nur aufzuheben. Trotzdem hatten sie kaum etwas von diesem Reichtum, den das Meer ihnen an den Strand spülte. Hier hatte schlieÃlich der Orden das Bernsteinmonopol und bezahlte ihnen nur festgesetzte Preise. Wer den Bernstein für sich behielt und auf eigene Rechnung zu verkaufen suchte, riskierte schwere Strafen. Davon, dass die Heusenbrinks mit dem Weiterverkauf des Bernsteins ein Vermögen machten, ahnten diese Menschen nichts. Die Gewinnspannen, die der Bernstein in Lübeck oder Antwerpen einbrachte, vermochten sie sich nicht einmal vorzustellen. Sie wussten nur, dass der Orden sie daran hinderte, einen gröÃeren Gewinn einzustreichen. Daher blühte
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