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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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die Bäume landeinwärts in seine Richtung wies.
    Regen setzte ein und mischte sich mit Graupel. Der Wind zerrte an ihren Gewändern, und es dauerte nicht lange, bis Barbara das Haar feucht am Kopf klebte. Der Wind war eisig und ließ sie bis ins Mark frösteln. Das Meer wirkte aufgepeitscht, und die beiden Reisenden trieben ihre Pferde immer wieder voran.
    Kurisches Wetter – unter diesem Namen kannte Barbara diese Wetterumschwünge im Frühjahr von klein auf, denn insgeheim zweifelte niemand daran, dass nur die geheimnisvollen Kräfte, die man diesem Land und seinen Bewohnern zusprach, so etwas heraufzubeschwören vermochten.
    Zwischenzeitlich zuckten sogar Blitze am Himmel, und Donner grollte – so als ob der pferdeköpfige Donnergötze Perkunas mit einem seiner Hinterbeine ausschlug, um jeden Christen zu vertreiben, der sich in diesem Land aufhielt.
    Nirgends gab es eine Möglichkeit, Schutz zu finden. Die Regenschauer verstärkten sich zu ausgesprochenen Regengüssen, und die Feuchtigkeit drang schließlich durch alle Schichten ihrer Kleidung. Erich schien das weniger auszumachen. Er ertrug die Nässe auf seinem Leib mit einer stoischen Gelassenheit, die er sich wahrscheinlich auf zahllosen Kriegszügen angeeignet hatte.
    Barbara hingegen musste die Zähne zusammenbeißen. Sie zitterte bereits am ganzen Körper und versuchte dies, so gut es ging, zu unterdrücken. Ihre bisherigen Reisen durch das Ordensland hatte sie allesamt im überdachten Wagen hinter
sich gebracht, und auch wenn sie die Fahrten stets als durchaus anstrengend empfunden hatte, war dieser Ritt jedoch mit keiner von ihnen zu vergleichen.
    Obwohl mittlerweile ihr gesamter Körper schmerzte, sie ihre Füße und Hände vor lauter Kälte und Nässe schon gar nicht mehr zu spüren glaubte, war sie nichtsdestotrotz entschlossen durchzuhalten. Eine Verzögerung konnten sie sich nicht erlauben, denn dann schafften sie es nicht mehr bis zur Ordensburg Grobin. Diese Burg erachtete Barbara als den sichersten Aufenthaltsort für die nächste Übernachtung, auch wenn Erich aus seiner Skepsis gegenüber dem Orden keinen Hehl gemacht hatte. Selbst wenn es Verräter im Orden gab, die vielleicht Albrecht von Gomringen nahegestanden hatten oder denen das Haus Heusenbrink aus irgendeinem anderen Grund ein Dorn im Auge war, war für Barbara eigentlich nicht vorstellbar, dass jemand es wagte, ihr innerhalb einer Ordensburg etwas anzutun.
    Andererseits war auch Arnulf von Brindig innerhalb einer Ordensburg ermordet worden, und es war noch nicht einmal auszuschließen, dass einer seiner eigenen Brüder im Geiste und im Glauben dies getan hatte!
    Wenn die Brüder sich schon untereinander töten, dann solltest du ihren Garantien vielleicht auch nicht mehr allzu sehr trauen!, ging es der jungen Frau durch den Kopf, während der Regen nun nochmals stärker wurde. Der Wind drehte etwas auf Nordwest und blies ihr so den kalten Regen von schräg vorne ins Gesicht. Sie kniff die Augen zusammen und krampfte die kalten Hände um den Sattelknauf. Ihr Pferd war offenbar gut ausgebildet worden, auch wenn es nicht unbedingt ein Ritter sein musste, der zuletzt auf ihm im Sattel gesessen hatte. Das gute Tier folgte einfach Erichs Apfelschimmel auf dem Fuß.

    Am frühen Nachmittag ließ der Regen etwas nach, aber das Wetter machte ansonsten nicht den Eindruck, als würde es sich in den nächsten Stunden noch einmal grundlegend ändern. Der Himmel war so grau und düster, dass man glauben konnte, die Dämmerung sei bereits hereingebrochen. Plötzlich zügelte Erich seinen Apfelschimmel, und Barbaras Pferd folgte wie immer dem Beispiel des Apfelschimmels und blieb ohne Barbaras Zutun stehen.
    Seit Stunden hatten Barbara und Erich kein einziges Wort gesprochen, sondern nur jeweils stumm Kraft gesammelt, um durchzuhalten. Auch jetzt sprach Erich nicht. Er deutete nur in die Ferne.
    Dort tauchte in unmittelbarer Nähe des Meeresufers eine Siedlung auf. Ein auf Pfählen errichteter Steg ragte ein ganzes Stück ins Wasser. Boote waren daran vertäut und schaukelten in den vom Sturmwind aufgepeitschten Wellen. Weitere Boote lagen am Strand. Die Häuser wirkten wie hingeworfen.
    Eine Kirche bildete das Zentrum des Ortes, und ihr Turm überragte alle anderen Gebäude bei weitem. Das Kreuzeszeichen war ebenso unübersehbar wie der kahle Pferdeschädel, den man am

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