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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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bedeutete, ihnen den halben Schrecken zu nehmen, diese Erfahrung hatte sie daraus für sich gewonnen.
    Im Inneren der Scheune herrschte Halbdunkel. Ein Milchkrug zerbarst auf dem Boden, und die Milch spritzte in alle Richtungen. Eine Katze sprang fast lautlos davon. Sie war so klug, nicht aus dem Eingang zu flüchten, sondern dazu ein Loch in der dünnen Holzwand zu benutzen. Man hörte noch kurz ein wütendes Miauen, schließlich war sie fort.
    Als Barbara den Kopf zur Seite wandte, stockte jedoch auch ihr der Atem: Aus einem riesigen Käsebottich ragten der Kopf und die Hände eines Mannes. Er saß darin wie der Kunde eines Baders in dessen Wanne, nur dass dieser Bottich mit bereits zähflüssig gewordener Milch gefüllt war – und der Mann den Tod gefunden hatte.
    Das Gesicht erkannte Barbara sofort wieder. Es gehörte niemand anderem als dem edlen Ritterbruder Arnulf von Brindig. Dessen Augen hatte niemand geschlossen, und so schien er Barbara in seinem hasserfüllten Todeskampf anzustarren.
Auf seine Stirn waren mit Kohle drei schwarze, von einem ebenfalls schwarzen Kreis umgebene Kreuze gezeichnet.
    Â 
    Â»Wie bei dem Henker – vor drei Jahren in Lübeck«, hörte Barbara Erich sagen. Er hatte sich inzwischen von der Magd befreit, die den Toten als Erste entdeckt hatte und daraufhin in eine Art Raserei verfallen war, weil sie glaubte, den leibhaftigen Satan vor sich zu haben.
    Mittlerweile hatte es auch der Kaplan gewagt, die Scheune zu betreten. Aber weiter als zwei Schritte ging er nicht hinein. Er bekreuzigte sich mehrfach.
    Erich trat an den Käsebottich heran. Er fasste dem Toten unter die Achseln und drehte ihn herum. Auf dem Rücken wurde eine Wunde sichtbar. »Er wurde von hinten erdolcht!«, stellte Erich von Belden fest und richtete seinen Blick auf den Kaplan. »Könnt Ihr Euch einen Reim darauf machen, was hier geschehen ist?«
    Â»Das ist furchtbar«, wisperte Rupertus nur.
    Â»Jedenfalls scheint es so, als könne man sich nicht einmal innerhalb der Mauern eines Festen Hauses sicher fühlen!«
    Â»Sicherheit gibt allein der Herr.«
    Â»Was ist mit den schwarzen Kreuzen, die man Arnulf auf die Stirn gemalt hat? Habt Ihr eine Ahnung, was es damit auf sich hat?«
    Â»Glaubt Ihr, ich würde darüber schweigen, wenn ich es wüsste?«
    Erich reagierte zunächst nicht auf diese Gegenfrage, und Barbara fiel auf, wie gefasst und kontrolliert der Kaplan wirkte, auch wenn er offenbar mit aller Kraft versuchte, den gegenteiligen Eindruck zu erwecken.

    Erich drängte auf einen schnellen Aufbruch. »Ihr solltet hier niemandem mehr trauen, Barbara – ganz gleich, wen Ihr aus Eurer Kindheit zu kennen glaubt!«, raunte Erich ihr zu, als sie wieder im Freien waren.
    Sie schwangen sich auf ihre Pferde und passierten das Burgtor, noch ehe die Knechte im inneren Burghof es geschafft hatten, den Toten aus dem Bottich zu heben. Die Wächter öffneten ihnen bereitwillig das Fallgatter. Erich trieb sein Pferd ziemlich energisch an, und Barbara musste sich Mühe geben, nicht den Anschluss zu verlieren. Hintereinander preschten sie durch die engen Gassen der die Memelburg umgebenden Stadt. Noch war in diesen Gassen kaum etwas los. Noch schlief der Großteil der Stadtbevölkerung, und nur die Straßenfeger, Abortreiniger und Nachtwächter waren auf den Beinen.
    Nachdem sie zuletzt auch die Stadtmauer passiert hatten, führte ihr Weg – wie schon auf der Nehrung – am Meer entlang. Erst als sowohl die Stadt als auch die Burg außer Sicht waren, zügelte Erich sein Pferd aus dem Galopp und ließ es in einer etwas gemächlicheren Geschwindigkeit traben.
    Â»Ihr hetzt uns, als wäre uns der Leibhaftige auf den Fersen«, stellte Barbara fest.
    Â»Vielleicht ist er das sogar – oder zumindest seine subalternen Statthalter hier auf Erden.«
    Â»Ich kann mir ehrlich gesagt keinen Reim auf das machen, was da geschehen ist!«, stieß Barbara hervor und sog dann die belebende Meeresluft in sich hinein, so als gelte es, sich einen möglichst großen Anteil daran einzuverleiben. Schließlich fuhr sie fort: »Man könnte ja fast annehmen, dass Arnulf von Brindig durch einen seiner eigenen Ordensbrüder vom Leben zum Tode befördert wurde!«
    Erich zügelte nun sein Pferd so, dass es stehen blieb, und
Barbara folgte seinem Beispiel. Er wirkte sehr ernst, und sie hatte schon die

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