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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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Vor einem Menschenalter waren unsere Ritter noch gut genug, für die Pfeffersäcke die gotländischen Piratennester auszuräuchern und dafür zu sorgen, dass diese Pest der Ostsee endlich bekämpft wurde! Aber das dankt man uns ebenso wenig wie den Schutz vor dem Heidentum oder den Angriffen der Litauer, Polen und vor weiß Gott wem, der sonst noch alles gierig auf Bernstein gewesen ist! Ich sage Euch eins: Die Räte von Danzig oder Elbing mögen ja viel von Freiheit reden, dieselben
Heuchler wären jedoch insgeheim bereit, sich Polen und Litauen zu unterstellen, wenn man ihnen dort verspricht, dass sie keine Abgaben zu leisten haben!«
    Â»Es braut sich in der Tat ein Sturm zusammen«, war auch Johannes überzeugt. »Und aus dem Reich werden wir wohl kaum Unterstützung erfahren.«
    Â»Wie auch?«, höhnte Ludwig. »Wenn Kaiser und Papst bei den Hansestädten und ihren Kaufleuten verschuldet sind? Was können wir da für eine Rechtsprechung erwarten? Aber ich will Euch nicht mit einem ewigen Lamento langweilen, Johannes – genauso wenig, wie ich die Zeit habe, mich genauer nach Eurem Befinden zu erkundigen oder vielleicht nach den Dingen, die Euch zurzeit in der Neumark Sorgen bereiten! Ich habe Euch vielmehr gerufen, weil ich Eure Hilfe brauche – die Hilfe eines Bruders, dem ich absolutes Vertrauen schenken kann.«
    Â»Ihr wisst, dass ich dem Orden und dem Hochmeister gegenüber Gehorsam und meine Gelübde halte«, versicherte Johannes von Werndorf.
    Â»Ja, das weiß ich. Gleichwohl gibt es leider genügend unter uns, die sich korrumpieren lassen. Heilen, helfen, wehren – wie es aussieht, reicht das etlichen nicht mehr zur Erfüllung eines gottgefälligen Lebens. Ihr Gelübde der Armut ist zum Lippenbekenntnis verkommen, und so manch einer gibt sich gar ebenso abergläubisch wie ein Litauer!« Ludwig von Erlichshausen trat noch näher an Johannes heran und sprach nun sehr leise, fast als befürchtete er, dass sich irgendwo doch noch ein Lauscher versteckt haben könnte. »Es verschwindet Bernstein in großen Mengen, Johannes – das Bernsteinregal wird an vielen Stellen missachtet. Die entsprechenden Mittel fehlen unseren Kämmerern, wenn es darum geht, die Burgen zu unterhalten, die Krankenhäuser unseres Ordens für jeden
und ohne Bezahlung offen zu halten und Söldner anzustellen, ohne die der Orden sich längst nicht mehr verteidigen könnte. Es ist die innere Verderbtheit, an der wir zu zerbrechen drohen, und nicht nur das Machtspiel anderer!«
    Â»Ein hartes Urteil, das Ihr da über Euresgleichen sprecht«, stellte Johannes fest.
    Â»Mag sein, aber die Hinweise sind deutlich genug. Wusstet Ihr, dass sogar die Brieftauben, die ich aus meiner Residenz entsenden lasse, abgefangen wurden? Ein Verräter unter den Täubnern schickte die Botschaften gleich zweifach ab. Das Original erreichte seinen Bestimmungsort, gleichzeitig flog eine Abschrift geradewegs unseren Feinden zu. Es war reiner Zufall, dass diese Umtriebe entlarvt werden konnten, und ich ahne nicht einmal, seit wie langer Zeit unsere Widersacher jeden unserer Pläne bereits im Vorhinein kennen!« Mit einer weit ausholenden Bewegung ging Ludwig von Erlichshausen Richtung Saalmitte. »Was soll ich tun? Wenn ich alle Halunken davonjage, die derzeit in unserem Dienst stehen, stünden die wenigen Aufrechten ziemlich einsam da!« Auf der langen Festtafel dort lag ein versiegeltes und eingerolltes Dokument, das er nun in die Hand nahm. Anschließend kehrte er zu Johannes zurück und überreichte ihm die Rolle. »Dies nehmt zu Eurer Legitimation und Eurem Auftrag, damit man Euch glaubt, dass Ihr tatsächlich in meinem Sinn handelt und dabei völlig freie Hand habt.«
    Â»Herr, worin besteht dieser Auftrag?«, fragte Johannes.
    Â»Ihr seid ab jetzt der Inspector des Hochmeisters – nur mir und dem Herrn im Himmel verantwortlich. Ihr habt das Recht, alles zu sehen, wonach Ihr verlangt, und jedermann muss Euch über sämtliche Verhältnisse Rechenschaft ablegen. Es scheint einen mächtigen Verbund gegen unsere Interessen zu geben, der sich Ring der schwarzen Kreuze nennt.
In diesem Ring haben sich Bernsteinschmuggler organisiert, wie auch so mancher Bernsteinvogt dazugehören dürfte. Von hanseatischen Kaufleuten oder Söldnern, deren verräterische Herzen wohl aus einer Mischung aus Silber und

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