Die Bernsteinhandlerin
Blei sein müssen, will ich gar nicht erst reden! Ãberall hat dieser Ring seine Schergen und Zuträger. Und wer ihnen im Weg ist, den hinterlassen sie als Toten â aufgebahrt mit drei schwarzen Kreuzen auf der Stirn und durchschnittener Kehle! Solange wir allerdings nicht mehr haben als vage Ahnungen, wer dahinterstecken könnte und wer die leitenden Köpfe sind, können wir nichts tun, Bruder Johannes! Der Orden gleicht einem blinden Krieger, der versucht, sich durch wuchtige Schwertschläge gegen einen Angreifer zu verteidigen â und doch nur immer wieder ins Leere schlagen kann.«
»Ein beunruhigender Vergleich«, meinte Johannes.
»Aber ein zutreffender! Doch Ihr sollt Licht in diesen Sumpf aus Verrat und Schweigen bringen. Es gibt Hinweise darauf, dass es im nördlichen Teil unseres Ordenslandes ein Zentrum dieses geheimnisvollen Ringes gibt â¦Â«
»Wie kommt Ihr darauf?«
»Ich habe schon länger den Verdacht, dass Albrecht von Gomringen mit diesen Verschwörern zusammengearbeitet hatte. Dafür sprechen nicht nur vertrauliche Hinweise von Zuträgern, sondern auch die Zahlen, die unser Tressler erhoben hat! Sie weisen eindeutig nach, dass der Rückgang der Bernsteinerträge in Livland geradezu dramatisch ist! Der Tod von Landmeister Albrecht gibt uns jetzt die Gelegenheit, diese Untersuchung auf das ganze Ordensgebiet auszudehnen, denn während des Interregnums werde ich die Pflichten des livländischen Landmeisters mit übernehmen.«
»Ich verstehe«, murmelte Johannes.
»Ewig werde ich die Wahl eines Nachfolgers im Hauptkapitel
nicht verzögern können. Aber bis dahin hoffe ich, dass Eure Mission klar erwiesen hat, wer unser Freund und wer unser Feind ist, sodass ein diesmal gezielter und deswegen entscheidender Schlag gegen diese furchtbare Verschwörung geführt werden kann!«
»Ich will versuchen, mich dieser schweren Aufgabe würdig zu erweisen«, beteuerte Johannes.
»Der Herr möge mit Euch sein! Ihr werdet seinen Beistand gewiss brauchen â doch zusätzlich zu seiner beschützenden Hand sollen Euch zwanzig Ordensritter begleiten. Zwanzig handverlesene Männer, von denen jeder Einzelne über alle Zweifel erhaben sein sollte. Ich habe Euch eine Liste anfertigen lassen, aber wenn Ihr gegen irgendwen, der darauf steht, einen Einwand haben solltet, so äuÃert ihn freimütig! Es sei Euch dann gestattet, denjenigen gegen einen anderen Mann auszutauschen.« Der Hochmeister zog ein zusammengefaltetes Pergament aus dem Ãrmel seines Wamses und reichte es Johannes. »Hier stehen die Namen. All diese Männer habe ich zur Marienburg beordert, falls sie nicht ohnehin hier weilen. Keiner von ihnen hat bislang eine Ahnung, was der Grund dafür ist.«
Johannes faltete das Pergament auseinander und studierte die Reihe der Namen. Dem einen oder anderen war er im Dormitorium bereits begegnet. Bis auf einen Namen waren ihm sämtliche bekannt.
»Wer ist Svante Nybrad aus Lund?«
»Einer unserer dänischen Brüder. Er hat uns lange am Hof von Kopenhagen vertreten. Von ihm weià ich, dass dieser Ring der schwarzen Kreuze offenbar sogar bis an den Hof des dänischen Königs seine Fäden spinnt!«
»Ihr werdet wissen, weshalb Ihr ihm vertraut â und vielleicht ist es nicht schlecht, jemanden dabeizuhaben, der Dänisch spricht«, meinte Johannes.
Im livländischen Zweig des Deutschen Ordens gab es nicht wenige Brüder aus Dänemark oder Schweden. Diese Brüder hatten eine beachtliche Zahl ihrer Landsleute dazu ermutigt, in Livland zu siedeln. Indessen gab es dort ganze dänische Dörfer â mitten zwischen den Dörfern der Balten. Die Deutschen hingegen sammelten sich in den gröÃeren Städten wie Riga und Reval.
»Ein paar dieser Männer sind noch auf dem Weg hierher«, erklärte der Hochmeister. »Ich nehme also an, dass Ihr erst in einigen Tagen aufbrechen könnt.«
»Wann werden sie erfahren, worum es geht?«, fragte Johannes.
»Das wird erst geschehen, wenn Euer Trupp die Marienburg verlassen hat. Auf welche Weise Ihr Euren Begleitern dies vermittelt, bleibt ganz Euch überlassen, Bruder Johannes â und ebenso stelle ich es in Euer Belieben, wie viel Eures Wissens Ihr überhaupt mit ihnen teilt. Sie sind Euch zu Gehorsam verpflichtet und werden keine Fragen stellen, sondern ihren Dienst treu
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