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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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erfüllen.«
    Johannes senkte das Haupt. »Ja, davon bin ich überzeugt.«
    Â»Und nun habt Ihr eine Verabredung mit Jakob zu Ladbergen!«
    Â»Dem Tressler?«
    Â»So ist es. Doch sosehr der zu den Gebietigern des Ordens zählt, ist er Euch zur Rechenschaft verpflichtet, Ihr aber nicht ihm.«
    Â»Demnach weiß selbst er nicht, worum es geht?«
    Â»Nein, und das soll auch so bleiben, Bruder Johannes!«
    Â 
    Der flackernde Schein einer Kerzenfackel ließ Schatten an den Steinwänden des Kellergewölbes tanzen.
    Diese Gewölbe lagen unter dem Hochschloss, dem ältesten
Teil der Marienburg. Der Palast des Hochmeisters hatte die Form eines Wohnturms – einer Bauweise, wie sie vor allem in Frankreich üblich war und die Donjon genannt wurde. Somit bildete der Palast eine kleine Burg für sich, die im Notfall selbst dann noch Eindringlingen standzuhalten vermochte, wenn das Vorschloss und das Mittelschloss der Marienburg längst erobert waren. Um in diesem Fall die Versorgung sicherstellen zu können, gab es unterhalb des Donjons eine Reihe von Gewölben und Gängen. Letztere waren dazu gedacht, etwa vom nahen Fluss Wasser holen oder gar einen Fluchtversuch unternehmen zu können. Die Gewölbe hatten in den letzten hundertfünfzig Jahren allerdings sehr unterschiedlichen Zwecken gedient – und keineswegs in erster Linie den eigentlichen als letzter Zufluchtsort oder Vorratsspeicher. Seit einigen Jahrzehnten wurden diese Räume hauptsächlich als Lagerstätte für Waffen oder als Verwahrungsort für Gefangene genutzt.
    Auch ein Teil des Ordensarchivs lagerte hier.
    Jakob zu Ladbergen war gegenwärtig der Tressler des Hochmeisters und damit für das Finanzwesen des gesamten Ordens zuständig. Er gehörte zum erlauchten Kreis der Gebietiger des Ordens und nahm nach dem Hochmeister den zweiten Rang innerhalb der Ordensorganisation ein. Zumindest formal gesehen war das so. Spötter behaupteten bisweilen auch, dass der Tressler der wahre Ordensregent sei, denn zu wissen, woher das Geld kam und wohin es ging, bedeutete ein hohes Maß an Einfluss. Neben dem Segen des Herrn war der des Tresslers mindestens ebenso wichtig, wenn es darum ging, einen Feldzug zu führen, eine weitere Ordensburg zu bauen oder darüber zu entscheiden, ob den bereits gut achtzig öffentlichen Krankenhäusern des Ordens noch das eine oder andere hinzugefügt werden sollte.

    Auf einem groben Tisch hatte Jakob zu Ladbergen jene Dokumente ausgebreitet, die über die Einnahmenentwicklung des Ordens in den letzten Jahren und Jahrzehnten Zeugnis ablegten. An keinem anderen Ort im Ordensland wäre das möglich gewesen. Nur hier, beim Tressler auf der Marienburg, liefen alle Fäden zusammen und wurden sämtliche Informationen zu einem Gesamtbild zusammengefügt.
    Â»Darf ich fragen, weshalb Ihr das alles zu wissen wünscht?«, fragte Jakob zu Ladbergen. Er war ein Kaufmannssohn, dem sein Vater den Luxus spendiert hatte, neben den Künsten der Juristerei und der Arithmetik zusätzlich Theologie studieren zu dürfen. Später war er als geistliches Mitglied dem Orden beigetreten und auf Grund seines scharfen Verstandes und seines Geschickes im Umgang mit Zahlen zum Tressler aufgestiegen. Er war inzwischen ein feist gewordener Mann um die fünfzig, der kaum noch ein Haar auf dem Kopf hatte.
    Â»Ihr dürft fragen, aber keine Antworten erwarten«, erklärte Johannes von Werndorf. »Ihr habt meine Bevollmächtigung gesehen. Mehr kann ich Euch dazu nicht sagen!«
    Â»Es ist ungewöhnlich, dass eine solche Bevollmächtigung ausgestellt wird, ohne den Tressler darüber einzuweihen.«
    Â»Mag sein. Das hat wohl seine Ursache in anderen ungewöhnlichen Dingen, beispielsweise dem Gewinnrückgang im Bernsteinerlös, obwohl die Preise gestiegen sind und der Bedarf auch.«
    Â»Der Schmuggel, mein Bruder. Der Schmuggel verschlingt einen immer größeren Teil, das ist eindeutig. Wir werden des Problems nicht Herr.«
    Â»Lasst mich ruhig allein mit diesen Dokumenten!«, forderte Johannes. »Ich kann mich an Euch wenden, wenn ich noch eine Frage habe, bei deren Beantwortung ich auf Euch hoffen kann.«

    Widerstrebend ließ sich der Tressler darauf ein. »Wie Ihr wünscht«, murmelte er, wenngleich es seinem Gesicht deutlich anzusehen war, wie sehr ihm dies missfiel. Er wandte sich zum Gehen, doch kurz bevor

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