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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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wurde, lief Gefahr, sein Leben zu verlieren. Wenn er Glück hatte, kam er noch vor ein reguläres Bernsteingericht, aber sehr häufig wurde gleich kurzer Prozess gemacht. Infolgedessen zog sich die ganze Prozedur stundenlang hin, ehe der Vogt und seine Männer schließlich davonritten.
    Später erfuhr Barbara durch Algirdas, dass der Vogt ein paar Meilen weiter nördlich auf einem Gut residierte, das an den Ufern der Heiligen Aa lag, eines Gewässers, das die Grenze zum livländischen Teil des Ordenslandes darstellte.

    Â»Angenommen, er würde hier bei uns im Ort leben, dann müsste er sich nicht wundern, wenn ihn eines Nachts jemand im Schlaf erwürgt«, meinte Algirdas.
    Â»Er schien mir ein ehrenhafter Mann zu sein«, meinte Erich.
    Â»Ehrenhaft? Kommt immer darauf an, was man darunter versteht«, ereiferte sich Algirdas. »Im letzten Jahr hat er ein Kind aufknüpfen lassen, weil der Junge angeblich ein Stück Bernstein in den Kleidern hatte.«
    Â»Er hat seinen Sohn durch Mörder verloren, die ihren Opfern schwarze Kreuze auf die Stirn zeichnen«, mischte sich nun Barbara ein. »Wisst Ihr etwas darüber, Algirdas?«
    Â»Mein Mitleid ist in seinem Fall nicht besonders ausgeprägt«, gestand Algirdas. »Ich denke eher an diejenigen, die er selbst auf dem Gewissen hat – für geringste Verstöße gegen das Bernsteinregal! Schon manches Mal hat man die Schreie von Gequälten und Verstümmelten über den Strand schallen hören … Er kennt keine Gnade, wie kann er sie da von anderen erwarten!«
    Algirdas wollte offenkundig nicht weiter über dieses Thema sprechen, und so fragte Barbara auch nicht weiter nach.

ZWÖLFTES KAPITEL

    In der Burg der roten Steine
    Ludwig von Erlichshausen aber war in seinem vierzigsten Jahr, als er das Amt des Hochmeisters annahm und darin seinem Vetter Konrad folgte.
    Melarius von Cleiwen
    Â 
    Der weiße Mantel der Ordensritter wehte hinter Johannes von Werndorf her, der mit schnellen Schritten den beiden Wächtern folgte, die ihn in den Audienzsaal im Palast des Hochmeisters brachten. Johannes war schon am Vorabend in der Burg angekommen, deren mächtige Mauern aus rotem Ziegel sich an einem Nebenarm der Weichsel erhoben. Ein scharfer, mehrtägiger Ritt hatte Johannes zuvor aus der brandenburgischen Neumark hierher geführt, die seit fast einem Menschenalter ebenfalls Teil des Ordenslandes war. Die Nacht hatte Johannes im Dormitorium verbracht, dem Schlafsaal auf dem Hochschloss, der reisenden Ritterbrüdern vorbehalten war.
    Eine zweiflügelige Tür öffnete sich, Wächter wichen zur Seite. Es handelte sich ausnahmslos um zuverlässige Sariantbrüder, die dem Hochmeister Ludwig von Erlichshausen, der erst vor kurzem sein Amt angetreten hatte, auf besondere Weise verpflichtet waren. Sie hatten alle den Hochmeister schon begleitet, als dieser noch ganz unten in der Ordenshierarchie gestanden und an verschiedenen Orten als Vogt für den Orden
gedient hatte. Auch später, als er auf seinem Weg nach oben die Komturei von Schönsee übernommen hatte, waren ihm sämtliche Sariantbrüder gefolgt. Johannes selbst hatte auch dazugehört – er kannte jeden dieser Getreuen persönlich und wusste, dass man sich auf sie verlassen konnte. Als Ludwig im Anschluss die Komturei von Mewe bekam, war Johannes einen anderen Weg gegangen und hatte dem Orden zuerst in Livland und später als Komtur in der Neumark gedient.
    Nun, da Ludwig das höchste Ordensamt eingenommen hatte, waren nur einige Wochen vergangen, ehe er seinen alten Weggefährten Johannes von Werndorf durch eine ebenso dringende wie geheime Nachricht zu sich rief.
    Johannes hatte nicht gezögert und dem Marschall seiner Komturei die Stellvertreterschaft für die mannigfachen Amtspflichten übertragen, für deren Erfüllung dieser in der Zeit seiner Abwesenheit die Verantwortung trug.
    In dem großen Raum wartete ein verhältnismäßig kleiner, aber dennoch kräftig wirkender Mann mit breiten Schultern. Auch er trug den weißen Mantel des Ordens, doch anstatt mit dem einfachen schwarzen Tatzenkreuz war der seine mit dem Kreuz des Hochmeisters verziert. Im Zentrum dieses schwarzen Kreuzes waren ein weiteres, gelbes Kreuz und außerdem ein Adler zu finden.
    Johannes blieb in gebührendem Abstand stehen. Der ehemalige Kampfgefährte, Freund und Bruder im Glauben war nun sein Landes-

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