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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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noch kurzen Amtszeit die Taubenmeister aus. Außerdem führte er die Regelung ein, dass Botenreiter erst unmittelbar vor ihrem Aufbruch davon erfahren durften, wohin sie eine Botschaft zu bringen hatten.
    Â 
    Eines Abends, als Johannes nach der gemeinsamen Messe der Ritterbrüder auf dem Weg zurück zu seinem Gemach war, sprang ihn plötzlich ein Schatten aus der Dunkelheit unter dem Tor zum Hochschloss an. Mit Wucht riss ihn der Unbekannte zu Boden. Johannes lag auf dem Pflaster, der Angreifer war über ihm. Er trug eine Kapuze, die das gesamte Gesicht
verdeckte und nur zwei Löcher für die Augen ließ – gleich einer Henkerskappe, die vielerorts von den Angehörigen dieses unehrenhaftesten aller Stände bei der Arbeit getragen wurde.
    In der Hand seines Gegners sah Johannes den Dolch. Instinktiv griff er nach dem Unterarm, um die Attacke abzuwehren, die mit äußerster Entschiedenheit geführt wurde. Johannes gelang es, den Angriff zuerst zur Seite zu lenken, dann bog er die Hand des Gegners herum und stieß die Klinge in seinen Leib. Röchelnd brach der Kapuzenträger zusammen. Johannes schob ihn von seinem Körper herunter. Als er sich aufzurichten versuchte, spürte er einen Schmerz an der Seite. Offenbar hatte bereits der erste Angriff des Unbekannten ihn dort getroffen. Johannes betastete vorsichtig die Wunde. Sie blutete stark; das Blut rann rot durch das Wams hindurch, und auch der weiße Mantel bekam etwas ab.
    Das fehlte mir gerade noch!, durchfuhr es den Inspector des Hochmeisters grimmig.
    Vor Schmerz presste er seine Lippen zusammen, beugte sich über den verhinderten Meuchelmörder und zog ihm die Kapuze vom Kopf. Das Gesicht erkannte er gleich an der Narbe, die sich vom Kinn über die Wange bis zum Auge zog und wohl von einem Schwertstreich oder einem Messerangriff stammte. Der Mann hatte bei der Torwache gedient. Johannes war ihm begegnet, wann immer er das Tor zum Hochschloss passierte.
    Man konnte tatsächlich niemandem mehr trauen. Johannes hielt den Zeigefinger unter die Nase des Verbrechers, dem sein eigener Dolch nun fast bis zum Heft im Leib steckte.
    Ein ganz schwacher Atem war zu spüren.
    Der Kerl lebte noch!
    Â 
    Â»Haltet still!«, verlangte die junge Frau, der man dieses energische Wesen auf Grund ihrer zarten körperlichen Erscheinung
zunächst gar nicht zugetraut hätte. Sie war eine der sogenannten Halbschwestern, die häufig in den Hospitälern des Deutschen Ordens dienten. Ihr Gesicht wirkte besonders fein geschnitten. Die Haube der Tracht verdeckte zu Johannes von Werndorfs Leidwesen ihr Haar, und er ertappte sich dabei, darüber nachgedacht zu haben, welche Farbe es wohl haben mochte. So dunkelbraun wie die Augenbrauen vielleicht? Von der Farbe der Augenbrauen ließ sich jedoch nicht unbedingt auf die des Haupthaars schließen, wie er schon wiederholt festgestellt hatte. Johannes schalt sich einen Narren. Wenn er sich über solche Dinge Gedanken machen konnte, war die Verwundung wahrscheinlich nicht allzu ernst. In diesem Moment musste er die Zähne zusammenbeißen, denn die Halbschwester in den Diensten des Ordens legte ihm gerade den Verband mit der aufgetragenen Kräutertinktur an.
    Â»Ah, was immer Ihr auf die Wunde gebracht habt, es brennt wie die Hölle!«, stöhnte der Verletzte.
    Â»Ihr versündigt Euch und habt offensichtlich keinerlei Vorstellung davon, was Euch in der Hölle erwarten würde«, erwiderte sie.
    Â»Wie ist Euer Name?«
    Â»Ich trage den Namen Ambrosia, seit ich mich dem Dienst an den Kranken verschrieben habe.«
    Â»Heilen, helfen, wehren – das ist unser Wahlspruch.«
    Â»Zumindest zu Ersterem ist dem Orden auch der Dienst von Frauen willkommen. Mag sein, dass die Medizin Euch beißt – aber sie wird die Heilung beschleunigen.«
    Â»Bei Eurer Heilkunst will ich Euch nicht dreinreden, davon versteht Ihr gewiss mehr als ich, selbst wenn Ihr nur eine Halbschwester und kein Arzt seid.«
    Â»Ihr habt Glück gehabt! Ihr seid nur leicht von der Messerklinge getroffen worden, und so werdet Ihr mit einem tieferen
Kratzer davonkommen. Allein wenn Ihr lacht, werdet Ihr noch einige Zeit an das erinnert werden, was geschehen ist.«
    Johannes zog sein Wams wieder herunter. Er hatte es etwas angehoben, damit Ambrosia in der Lage gewesen war, ihn zu behandeln. »Wie geht es dem Meuchler?«
    Â»Jedenfalls ist es nicht nötig, ihn zu

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