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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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scheuchten ihre Kinder mit ein paar derben Worten auf Platt von den beiden Rittern fort.
    Â»Wir suchen die Frau von Rudolf Burgwächter, der ferner bekannt ist als Rudolf Ziegelbrenner«, eröffnete ihnen Johannes.
    Zunächst sagte niemand ein Wort. Nur Blicke aus großen, angstvollen Augen fixierten ihn. Wenn die aus der Burg etwas von den Stadtbewohnern wollten, konnte das eigentlich nichts Gutes bedeuten. Und auch wenn Bartholomäus Blume, der allseits geachtete Bürgermeister der Stadt, sich demonstrativ auf die Seite des Ordens gestellt hatte, so vermuteten viele der einfacheren Leute dennoch, dass er und die anderen Patrizier, die den Rat der Stadt dominierten, sich dies vom Hochmeister mit reichlich Silberlingen hatten vergelten lassen.
    Â»Seine Witwe hat Anspruch auf sein Eigentum – vor allem auf die Kleidung und die Stiefel, die mir einiges wert gewesen zu sein scheinen«, führte Johannes weiterhin aus. »Aber wenn sich niemand meldet, der seine Witwe sein will, so kommt dieses bescheidene Erbe dem Orden zugute und wird andernorts helfen, Krankenhäuser zu erhalten und sich der Feinde zu erwehren. Mir soll das eine so recht wie das andere sein!«
    Johannes bemerkte jetzt eine Frau von annähernd dreißig Jahren, an deren Rockzipfeln mehrere kleine Kinder hingen, in deren Glieder ganz offensichtlich ein maßloser Schrecken gefahren war. Die natürliche Gesichtsfarbe der Frau hatte sich in ein tiefes Dunkelrot verwandelt. Sie schluckte und konnte ihre Gefühle kaum unterdrücken. Ihre Hände schlug sie vor das Gesicht.

    Johannes sah sie mit festem Blick an. »Ihr und niemand sonst muss sich das Weib des Burgwächters nennen, nicht wahr?«
    Â»Ich soll eine Witwe geworden sein?«, flüsterte sie. »Er ist so manches Mal über Nacht auf der Burg geblieben, manchmal auch zwei Nächte, aber …«
    Â»Sei versichert, dass wir alles für deinen Mann getan haben, Weib, aber die Klinge, die in seinen Leib gefahren war, saß zu tief in seinem Körper, und dem Herrn hat es gefallen, seine Seele zu sich zu nehmen.«
    Bei diesen Worten gab es für sie kein Halten mehr. Die Frau des Burgwächters begann heftig zu schluchzen. Ihre Kinder hatten wohl noch nicht ganz verstanden, was die Stunde für sie geschlagen hatte. Sie wirkten eher hilflos und etwas verstört.
    Â»Ich muss mit dir reden, Weib! Und zwar möglichst ungestört«, erklärte Johannes in ernstem Tonfall.
    Kaum hatte er dies ausgesprochen, war es totenstill. In der engen Gasse hatte sich einstweilen eine beachtliche Zahl von Gaffern versammelt; und ein paar Jungen saßen sogar auf einem der Dächer, um sich dieses Spektakel anzusehen. Ein Augenblick nach dem anderen verging, und noch immer war kein einziger Laut zu vernehmen. Alle Anwesenden schienen den Atem anzuhalten, damit sie nur ja nichts von dem verpassten, was zwischen dem Ritterbruder und der Frau des Burgwächters gesprochen werden würde.
    Als Johannes von Werndorf den Blick von der Witwe löste und über die Zuschauer schweifen ließ, wichen diesem Blick etliche von ihnen aus. Ja, so ist der Mensch, dachte Johannes. Das Leid des anderen war die willkommene Ablenkung vom eigenen Elend!
    Â»So kommt herein in unser Haus«, sagte die Frau des Burgwächters schließlich.

    Johannes wandte sich an Svante. »Achtet auf unsere Rösser!«
    Â»Jawohl«, nickte Svante, dessen plattes Düdesch durch seine Aussprache stets deutlich erkennen ließ, dass er von weit her stammen musste und ihm dieses Idiom nicht in die Wiege gelegt worden war.
    Â»In Vierteln wie diesem gibt es bisweilen Menschen, die auf altem Leder herumkauen, um ihren Hunger zu lindern – und ich will nicht, dass mir am Ende die Sattelriemen oder mein Zaumzeug fehlen!«
    Â»Macht Euch keine Gedanken, Bruder!«
    Â 
    Die Kinder der Frau des Burgwächters wurden einer anderen Frau übergeben. Dem auffallend ähnlichen Aussehen nach handelte es sich um eine Schwester, was diese später auch bestätigen sollte.
    Die Witwe zitterte am ganzen Leib, weil sie erst mit der schrecklichen Erkenntnis fertig werden musste, dass ihr Mann nicht mehr unter den Lebenden weilte. Obendrein bedeutete dies für sie und ihre Kinder wahrscheinlich bittere Armut.
    Johannes war gezwungen, den Kopf einzuziehen, als er durch die niedrige Tür in das Haus trat, in dem ein Halbdunkel herrschte, an das er sich erst

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