Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Berufung

Titel: Die Berufung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Stellvertreter war eine Kanzlei in Miami. Sie war in Privatbesitz, doch kein Mensch wusste, wer der Eigentümer war.
    Je länger es ihm nicht gelang, etwas Handfestes über Troy-Hogan in Erfahrung zu bringen, desto mehr stieg Carls Bewunderung.
    Der Chef war ein gewisser Barry Rinehart, und hier wurde das Bild etwas deutlicher. Freunde und Bekannte aus Washington wussten zu berichten, Rinehart habe sich vor zwanzig Jahren einige Zeit in der amerikanischen Hauptstadt aufgehalten, ohne Spuren zu hinterlassen. Er hatte für einen Kongressabgeordneten, das Pentagon und zwei mittelgroße Lobbyistenfirmen gearbeitet - der typische Berufsweg einer Million anderer. Im Jahr 1990 hatte er die Stadt ohne ersichtlichen Grund verlassen, um in Minnesota wieder aufzutauchen, wo er die Wahlkampagne eines bis dahin unbekannten Politikers organisierte, der prompt in den Kongress gewählt wurde. Anschließend ging er nach Oregon, wo er seine Zauberkünste bei einer Wahl für einen Senatorenposten bestätigte. Doch gerade als sein Stern zu steigen begann, machte er urplötzlich Schluss mit den Wahlkampagnen und verschwand ganz von der Bildfläche. Ende der Spur.
    Rinehart war achtundvierzig und zweimal geschieden. Keine Kinder, keine Vorstrafen. Er gehörte keinem Verband an und keinem Klub. Er hatte an der University von Maryland einen Abschluss in Politologie gemacht, anschließend ein Juraexamen an der University of Nevada.
    Niemand wusste, was er im Moment tat, doch sicher war, dass jede Menge Geld hereinkam. Die Inneneinrichtung seiner Bürosuite im obersten Stock war imposant, er hatte ein Faible für minimalistische zeitgenössische Kunst. Carl selbst scheute bei der Ausstattung seines Büros keine Kosten, doch was er hier sah, beeindruckte ihn.
    Rinehart erwartete ihn. Als sie sich die Hand gaben und die üblichen Begrüßungsfloskeln austauschten, studierten beide das Outfit des anderen. Anzug, Hemd, Krawatte, Schuhe, alles Maßanfertigungen. Kein Detail war unbedacht geblieben. Vielleicht hätte man an einem Samstagmorgen im sonnigen Florida auf legerere Kleidung umsteigen können, aber es war von entscheidender Bedeutung, einen guten Eindruck zu machen. Besonders für Rinehart, den die Aussicht begeisterte, einen neuen und zahlungskräftigen Geschäftspartner an der Angel zu haben.
    Es hätte Carl durchaus nicht überrascht, sich einem aalglatten Gebrauchtwagenverkäufer in einem schlechten Anzug gegenüberzusehen, aber er war angenehm überrascht. Mr Rinehart hatte Stil, was sich nicht auf die Kleidung beschränkte. Er sprach leise und schien sich in der Anwesenheit eines so wichtigen Mannes äußerst wohlzufühlen. Natürlich stand er nicht auf der gleichen Stufe, doch es schien ihm nichts auszumachen.
    Nachdem sich eine Sekretärin erkundigt hatte, ob sie Kaffee wünschten, traten die beiden an die riesige Fensterfront. Vom zehnten Stock dieses direkt am Strand stehenden Gebäudes aus wirkte der Atlantik wahrlich majestätisch. Carl, der den Blick mehrere Male am Tag über den Hudson gleiten ließ, war neidisch. »Wunderbar«, sagte er.
    »Ja, kein übler Arbeitsplatz.«
    Als der Kaffee kam, nahmen sie in beigefarbenen Ledersesseln Platz. Nachdem die Sekretärin die Tür hinter sich geschlossen hatte, waren sie ungestört.
    »Ich weiß es zu schätzen, dass Sie mich an einem Samstagmorgen empfangen«, sagte Carl. »Und das, obwohl ich Sie so überrumpelt habe.«
    »Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite«, entgegnete Barry. »Sie haben eine harte Woche hinter sich.«
    »Es hat schon bessere gegeben. Sie haben persönlich mit Senator Grott gesprochen, habe ich das richtig verstanden?«
    »Ja. Wir plaudern gelegentlich.«
    »Er hat sich nur sehr vage über die Aktivitäten von Troy-Hogan geäußert.«
    Barry lachte und schlug die Beine übereinander. »Wir organisieren Kampagnen. Ich zeige Ihnen etwas.« Er griff nach einer Fernbedienung, drückte auf einen Knopf, und aus der Decke senkte sich eine große weiße Leinwand herab, die fast die gesamte Wand einnahm. Eine Landkarte der Vereinigten Staaten erschien darauf. Die meisten Bundesstaaten waren in Grün eingezeichnet, der Rest in einem sanften Gelbton. »In neununddreißig Staaten werden die Richter des Supreme Court und des Berufungsgerichts gewählt. Sie sind hier grün markiert. In den gelb gekennzeichneten Bundesstaaten folgt man der guten Idee, die Richter zu benennen. Wir verdienen unser Geld in den grünen.«
    » Richter wählen.«
    »Genau. Das ist unser

Weitere Kostenlose Bücher