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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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Kinder als Spione angestellt?«
    »Ich habe keine Ahnung, wen Murgon zum Spionieren anstellt. Wir suchen eine Überfahrt«, sagte Katsa. »Nach Westen.«
    »Hier habt ihr kein Glück«, sagte der Junge. »Wir brauchen keine Aushilfen, und ihr seht nicht aus, als würdet ihr bezahlen.«
    »Ah! Du bist ein Beschenkter mit Nachtsicht, was?«
    »Ich sehe gut genug, um zwei Gassenjungen zu erkennen, die sich noch dazu geprügelt haben, wie deine Augenbinde verrät.«
    »Wir können bezahlen.«
    Der Junge zögerte. »Entweder du lügst, oder ihr seid Diebe. Ich wette, beides stimmt.«
    »Weder – noch.« Katsa griff nach der Börse in ihrer Jackentasche. Der Junge zog das Messer aus der Scheide und sprang auf.
    »Halt, Seemann – ich hole nur meinen Geldbeutel heraus. Du kannst ihn selbst aus meiner Tasche nehmen, wenn du willst. Los«, sagte sie, als er zögerte. »Ich halte die Hände in die Luft und mein Freund geht zur Seite.«
    Gehorsam stand Bitterblue auf und trat ein paar Schritte zurück. Der Junge wartete, dann griff er in ihre Tasche. Während er mit einer Hand nach dem Geldbeutel tastete, hielt er mit der anderen sein Messer direkt an Katsas Kehle. Sie überlegte, dass sie wohl nervös wirken sollte. Noch ein Grund, dankbar für die Dunkelheit zu sein, die ihr Gesicht verbarg.
    Endlich hatte der Junge ihren Geldbeutel und trat ein paar Schritte zurück. Er öffnete ihn, schüttelte ein paar Goldstücke in seine Handfläche, betrachtete sie im Mondlicht und dann im Licht der Feuer, die vom Ufer herüberleuchteten.
    »Das ist Gold aus Lienid«, sagte er. »Ihr seid nicht nur Diebe, ihr habt auch noch Männer aus Lienid bestohlen.«
    »Bring uns zu deinem Kapitän und lass ihn entscheiden, ob er unser Gold annimmt. Wenn du das tust, gehört eine Münze davon dir – egal was er entscheidet.«
    Der Junge dachte über das Angebot nach und Katsa wartete. Eigentlich war es nicht wichtig, ob er ihre Bedingungen annahm oder nicht, denn sie würden kein Schiff finden, das für ihre Zwecke geeigneter war als dieses. Katsa würde sie auf jeden Fall an Bord bringen, auch wenn sie den Jungen niederschlagen und den Landungssteg hinaufschleppen musste, während sie den Wachleuten Bos Ring vor die Nase hielt.
    »Na gut«, sagte der Junge. Er wählte eine Münze aus dem Häufchen in seiner Hand und steckte sie in seine Jacke. »Ich bringe euch für ein Goldstück zu Kapitänin Faun. Aber ich garantiere euch, dass ihr wegen Diebstahl im Schiffsbunker landet. Sie wird nicht glauben, dass ihr ehrlich zu dem Gold gekommen seid, und wir haben keine Zeit, euch der Stadtpolizei zu melden.«
    Das Wort war Katsa nicht entgangen. »Kapitänin? Euer Kapitän ist eine Frau?«
    »Eine Frau«, sagte der Junge, »und eine Beschenkte!«
    Eine Frau und eine Beschenkte. Katsa wusste nicht, was sie mehr überraschte. »Gehört dieses Schiff dann dem König?«
    »Es gehört ihr.«
    »Wie …«
    »In Lienid sind die Beschenkten frei. Der König besitzt sie nicht.«
    Ja, jetzt erinnerte sie sich, dass Bo ihr das erklärt hatte.
    »Kommt ihr«, fragte der Junge, »oder sollen wir hier stehen bleiben und reden?«
    »Was ist ihre Gabe?«
    Der Junge trat zur Seite und winkte sie mit seinem Messer voran. »Los, weiter«, sagte er. Also gingen Katsa und Bitterblue den Anleger hinauf, doch Katsa wartete auf eine Antwort. Wenn diese Kapitänin eine Gedankenleserin war oder vielleicht sogar eine sehr gute Kämpferin, dann wollte sie das wissen, bevor sie die Wachleute erreichten, damit sie entscheiden konnte, ob sie weitergehen oder den Jungen ins Wasser stoßen und fliehen sollten.
    Die Wachleute vor ihnen unterhielten sich und lachten über irgendeinen Witz. Einer von ihnen hielt eine Fackel. Die Flamme flackerte im Wind und beleuchtete ihre groben Gesichter, breiten Brustkästen und gezückten Schwerter. Bitterblue zog leise, aber hörbar die Luft ein und Katsa wandte sich dem Kind zu. Bitterblue hatte Angst. Katsa legte ihr die Hand auf die Schulter und drückte sie.
    »Es wird wohl eine Gabe sein, die mit Schwimmen zu tunhat«, sagte sie lässig, »oder eine besondere Fähigkeit zu navigieren. Stimmt’s?«
    »Ihre Gabe ist der Grund, warum wir mitten in der Nacht ablegen«, sagte der Junge. »Sie zeigt ihr Stürme, bevor sie losbrechen. Wir brechen auf, weil wir einen Schneesturm meiden wollen, der aus dem Osten kommt.«
    Eine Wetterprophetin! Die prophetischen Gaben waren Katsa weitaus lieber als die des Gedankenlesens, aber wenn sie daran

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