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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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herumtrieben, gegen die Kälte vermummt und mit ein paar zerschlissenen Taschen, fielen in dieser Umgebung überhaupt nicht auf. Sie waren vermutlich Ausreißer oder Arme, die Arbeit oder eine Überfahrt suchten.
    Katsa wurde auf einen vertrauten singenden Tonfall im Gespräch einer Gruppe von Wachleuten aufmerksam. Bitterblue schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ich höre es«, sagte Katsa. »Geh weiter und merk dir das Schiff.«
    »Warum sprechen wir sie nicht an?«
    »Sie sind zu viert, und es sind zu viele andere in der Nähe. Wenn es Ärger gibt, kann ich nicht dafür sorgen, dass es unbemerkt bleibt.«
    Plötzlich wünschte Katsa sich Bo mit seiner Gabe hierher, um zu wissen, ob sie jemand erkannte und ob das wichtig war. Wenn Bo hier wäre, wüsste er nach einer einzigen Frage, ob diese Wachen aus Lienid gefährlich waren.
    Es wäre natürlich noch viel schwieriger, unerkannt zu bleiben, wenn Bo hier wäre. Mit seinen Augen, den Reifen in den Ohren, seinem Akzent und selbst seiner Haltung müsste er einen Sack über dem Kopf tragen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Aber vielleicht würden die Seeleute aus Lienid alles tun, was ihr Prinz wünschte, auch wenn sie Schlimmes gehört hatten? Katsa war nicht sicher. Sie spürte den Ring kalt auf der Haut ihrer Brust, den Ring mit der Gravur, die Bos Armschmuck entsprach. Dieser Ring war ihre Fahrkarte, wenn ein Schiff aus Lienid ihnen freiwillig helfen sollte, und nicht als Reaktion auf die Bedrohung durch ihre Gabe oder auf das Gewicht ihrer Börse. Obwohl Katsa, wenn nötig, auch ihre Gabe oder ihre Börse einsetzen würde.
    Sie schlüpften an einer Gruppe kleinerer Schiffe vorbei, deren Wachleute offenbar eine Art Wettbewerb austrugen, wer am besten prahlen konnte. Die einen schienen aus Wester zu kommen, und die anderen …
    »Aus Monsea!«, flüsterte Bitterblue, und obwohl Katsa ihren Schritt nicht beschleunigte, waren ihre Sinne geschärft und ihr ganzer Körper prickelte vor Anspannung, bis sie diese Schiffe ein Stück hinter sich gelassen hatten. Sie tauchten in die Dunkelheit ein.
    Der Seemann saß allein am Rand eines hölzernen Stegs, seine Beine baumelten über dem Wasser. Der Anleger, auf dem er saß, führte zu einem Schiff, auf dem ungewöhnliche Geschäftigkeit herrschte; an Deck wimmelte es von Männern und Jungen. Sie waren alle aus Lienid: An Ohren und Fingern sah Katsa im Licht der Laternen Gold aufblitzen. Sie verstand nichts von Schiffen, aber sie nahm an, dass dieses hier entweder gerade angekommen war oder gleich abfahren würde.
    »Fahren auch mitten in der Nacht Schiffe ab?«, fragte sie.
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte Bitterblue.
    »Schnell! Wenn es gleich losfährt, umso besser.« Und wenn dieser eine Seemann ihnen Ärger machte, konnte sie ihn immer noch ins Wasser werfen und darauf vertrauen, dass die Männer, die oben auf dem Schiffsdeck herumliefen, sein Fehlen nicht bemerkten.
    Katsa schlüpfte auf den Steg, Bitterblue war dicht hinter ihr. Der Mann bemerkte sie sofort. Seine Hand fuhr zum Gürtel.
    »Immer mit der Ruhe, Seemann«, sagte Katsa leise. »Wir haben nur ein paar Fragen.«
    Der Mann schwieg und behielt die Hand am Gürtel, doch er ließ die beiden näher kommen. Als Katsa sich neben ihn setzte, rückte er ein Stück auf und beugte sich weg – damit er besser ausholen konnte, falls er sein Messer gebrauchte. Bitterblue setzte sich neben Katsa, so dass sie von ihr verdeckt war. Katsa dankte Sunder für die Finsternis und ihre schweren Jacken, die ihre Gesichter und Gestalten verhüllten.
    »Woher kommt euer Schiff gerade?«, fragte Katsa.
    »Aus Ror City«, antwortete er mit einer Stimme, die nur wenig tiefer war als ihre, und Katsa merkte, dass er kein Mann war, sondern ein Junge – breit und kräftig, doch jünger als sie.
    »Fahrt ihr heute Nacht ab?«
    »Ja.«
    »Und wohin fahrt ihr?«
    »Nach Sunport und South Bay, Westport, und dann zurück nach Ror City.«
    »Nicht nach Monport?«
    »Um diese Zeit treiben wir keinen Handel mit Monsea.«
    »Hast du was Neues aus Monsea gehört?«
    »Es ist doch offensichtlich, dass wir ein Schiff aus Lienid sind, oder nicht? Wenn dir an Neuigkeiten aus Monsea liegt, dann such ein Schiff aus Monsea.«
    »Was für ein Mann ist denn euer Kapitän«, fragte Katsa, »und was habt ihr geladen?«
    »Das sind aber viele Fragen! Du willst Neuigkeiten aus Monsea und fragst nach unserem Kapitän. Du willst wissen, wo wir waren und was wir geladen haben. Hat Murgon jetzt

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