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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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will, wenn sie mich auch nur anschaut.« Katsa sagte es in die Mähne ihres Pferdes hinein. Diese Worte waren nicht für die Ohren ihrer Gefährten bestimmt, die sie auseinandernehmen und Witze darüber machen würden. »Gibt es noch etwas, das ich über diesen Grenzlord wissen muss?«, fragte sie laut und trat in ihre Steigbügel. »Vielleicht wird er von hundert beschenkten Kämpfern bewacht? Oder von einem abgerichteten Bären? Noch etwas, das ihr vergessen habt zu erwähnen?«
    »Sie brauchen nicht sarkastisch zu werden, My Lady«, sagte Oll.
    »Du bist heute Morgen eine so angenehme Gesellschaft wie immer, Katsa«, sagte Giddon.
    Katsa trieb ihr Pferd voran. Sie wollte Giddons lachendes Gesicht nicht sehen.
    Der Gutshof des Lords lag hinter grauen Steinmauern auf dem Gipfel eines Hügels mit wogendem Gras. Der Mann, der sie durch das Tor einließ und ihre Pferde übernahm, sagte, sein Herr sei beim Frühstück. Katsa, Giddon und Oll gingen direkt in die große Halle, ohne auf Begleitung zu warten.
    Ein Diener des Lords wollte den Eingang zum Frühstücksraum versperren. Dann sah er Katsa. Er räusperte sich und öffnete die hohen Flügeltüren. »Gesandte vom Hof König Randas, My Lord«, sagte er. Ohne auf eine Antwort seines Herrn zu warten, schlüpfte er wieder hinaus und lief davon.
    Der Lord saß vor einem Mahl aus Schinken, Eiern, Brot und Käse und hatte einen zweiten Diener an seiner Seite. Beide schauten auf, als die drei eintraten, und erstarrten. Dem Lord fiel klappernd der Löffel aus der Hand.
    »Guten Morgen, My Lord«, sagte Giddon. »Entschuldigen Sie, dass wir Ihr Frühstück unterbrechen. Wissen Sie, warum wir hier sind?«
    Der Lord schien nur mit Mühe seine Stimme zu finden. »Ich habe nicht die geringste Ahnung.« Seine Hand lag an der Kehle.
    »Nein? Vielleicht könnte Lady Katsa Ihrer Erinnerung nachhelfen«, sagte Giddon. »Lady?«
    Katsa trat vor.
    »Schon gut, schon gut.« Der Lord stand auf. Seine Beine schlugen an den Tisch und ein Glas fiel um. Er war groß und breitschultrig, noch größer als Giddon und Oll. Seine Hände flatterten, unruhig schaute er durch den Raum, vermied es aber, Katsa anzusehen. In seinem Bart hing ein wenig Ei. So dumm, ein so großer Mann, und so ängstlich! Katsa machteein ausdrucksloses Gesicht, damit keiner von ihnen sah, wie sehr sie das alles hasste.
    »Ah, Sie haben sich erinnert«, sagte Giddon, »stimmt’s? Sie haben sich erinnert, warum wir hier sind?«
    »Ich glaube, ich schulde Ihnen Geld«, sagte der Lord. »Ich glaube, Sie sind gekommen, um es abzuholen.«
    »Sehr gut!« Giddon sprach wie zu einem Kind. »Und warum schulden Sie uns Geld? Im Vertrag ging es um wie viele Morgen Holz? Helfen Sie meinem Gedächtnis nach, Hauptmann.«
    »Dreißig Morgen, My Lord«, sagte Oll.
    »Und wie viele Morgen hat der Lord genommen, Hauptmann?«
    »Fünfunddreißig Morgen, My Lord«, sagte Oll.
    »Fünfunddreißig Morgen!«, wiederholte Giddon. »Das ist ein ziemlich beträchtlicher Unterschied, habe ich nicht Recht?«
    »Ein schrecklicher Fehler.« Der Lord versuchte gequält zu lächeln. »Es war uns nicht klar, dass wir so viel brauchen würden. Natürlich werde ich sofort bezahlen. Nennen Sie nur Ihren Preis.«
    »Sie haben König Randa beträchtliche Unannehmlichkeiten verursacht«, sagte Giddon. »Sie haben gegen seinen Willen seinen Wald um fünf Morgen vermindert. Die Wälder des Königs sind nicht grenzenlos.«
    »Nein. Selbstverständlich nicht. Ein schrecklicher Fehler.«
    »Außerdem sind wir tagelang unterwegs gewesen, um diese Angelegenheit zu klären. Unsere Abwesenheit vom Hof ist höchst lästig für den König.«
    »Natürlich«, sagte der Lord. »Natürlich.«
    »Ich denke, wenn Sie Ihre ursprüngliche Zahlung verdoppeln würden, könnte das den Ärger des Königs über diese Unannehmlichkeiten verringern.«
    Der Lord fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Die ursprüngliche Zahlung verdoppeln. Ja. Das erscheint mir ganz angemessen.«
    Giddon lächelte. »Sehr gut. Vielleicht führt uns Ihr Mann hier zu Ihrem Zahlhaus.«
    »Gewiss.« Der Lord winkte dem Diener neben sich. »Rasch, Mann. Rasch!«
    »Lady Katsa«, sagte Giddon, als er und Oll sich zur Tür wandten, »warum bleiben Sie nicht hier? Leisten Sie Seiner Lordschaft doch Gesellschaft.«
    Der Diener führte Giddon und Oll hinaus. Die großen Türflügel schwangen hinter ihnen zu. Katsa und der Lord waren allein.
    Sie starrte ihn an. Er atmete flach, sein Gesicht war blass. Er

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