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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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alternden Vater gewesen, My Lady. Er leidet unter der Hitze, aber im Nordosten war es kühl.«
    »Das freut mich zu hören. Ist das eine Information oder eine Bitte?«
    Der Lord hatte den Mund voller Karotten, als er sagte: »Information.« Er schnitt ein weiteres Stück Fleisch ab. »Es wird immer schwieriger, ihn zu pflegen, My Lady.«
    »Warum?«
    »Ältere Menschen sind großen Unannehmlichkeiten ausgesetzt. Es ist unsere Pflicht, für ihr Wohl zu sorgen«, sagte er, »und ihre Sicherheit.«
    Katsa nickte. »Wahre Worte.« Sie bemühte sich um ein gleichmütiges Gesicht, doch innerlich war sie zunehmend erregt. Wenn er Informationen über die Entführung des alten Lienids hatte, würden alle sie hören wollen. Sie griff unter die schwere Tischdecke und legte die Hand auf Giddons Knie. Er beugte sich leicht zu ihr, ohne sich von der Dame an seiner anderen Seite abzuwenden.
    »Sie sind ein hervorragend informierter Mann, Lord Davit«, sagte sie zu dem Lord oder vielmehr zu ihrem Teller, damit Giddon es hören konnte. »Ich hoffe, wir werden während Ihres Aufenthalts am Hof Gelegenheit haben, mehr mit Ihnen zu reden.«
    »Danke, My Lady«, sagte Lord Davit. »Das hoffe ich auch.«
    Giddon würde die Nachricht verbreiten. Sie würden sich in der Nacht in Katsas Räumen treffen, weil es die einzigen – noch dazu abgelegenen – Räume waren, in die keine Bedienstete kamen. Katsa würde, wenn es möglich war, zuvor mit Raffin reden. Sie würde gern Großvater Tealiff besuchen. Selbst wenn er noch schlief, wäre es gut, mit eigenen Augen zu sehen, wie es ihm ging.
    Katsa hörte, wie der König ihren Namen sagte, und ihreSchultern versteiften sich. Sie schaute ihn nicht an, denn sie wollte ihn nicht ermuntern, sie in sein Gespräch zu ziehen. Seine Worte verstand sie nicht, sehr wahrscheinlich erzählte er einigen Gästen etwas, das sie getan hatte. Sein Lachen schallte über die Tische in der großen Marmorhalle. Katsa versuchte ihren Ärger nicht zu zeigen.
    Der Prinz aus Lienid beobachtete sie, auch das spürte sie. Hitze stieg in ihrem Nacken hoch und verteilte sich über ihre Kopfhaut. »My Lady«, sagte Lord Davit, »fühlen Sie sich wohl? Sie sehen ein wenig erhitzt aus.«
    Jetzt wandte sich Giddon ihr zu, sein Gesicht war besorgt. Er griff nach ihrem Arm. »Du bist doch nicht krank?«
    Sie zog ihren Arm weg und lehnte sich zurück, weg von ihm. »Ich bin nie krank«, knurrte sie und wusste plötzlich, dass sie die Halle verlassen musste. Sie musste fort von dem Stimmengewirr und dem Lachen ihres Onkels, Giddons erstickender Besorgnis, dem brennenden Blick des Lienids. Sie musste hinaus und Raffin suchen oder allein sein. Sie musste, oder sie würde die Fassung verlieren und etwas Undenkbares würde geschehen.
    Sie stand auf, Giddon und Lord Davit ebenfalls. Auf der anderen Seite des Raums erhob sich auch der Lienid. Die übrigen Männer sahen sie stehen und erhoben sich ebenfalls einer nach dem andern. Es wurde still im Raum und alle sahen sie an.
    »Was ist, Katsa?«, fragte Giddon und fasste wieder nach ihrem Arm. Um ihn nicht vor allen in der Halle in Verlegenheit zu bringen, wehrte sie sich nicht, obwohl seine Hand wie Feuer auf ihrer Haut brannte.
    »Es ist nichts«, sagte sie, »es tut mir leid.« Sie wandte sich anden König, den einzigen Mann im Raum, der nicht stand. »Verzeihen Sie mir, mein König. Es ist nichts. Bitte, setzen Sie sich.« Sie machte eine Geste über die Tische hinweg. »Bitte.«
    Langsam setzten sich die Herren, und die Gespräche wurden wieder aufgenommen. Das Lachen des Königs erscholl, auf ihre Kosten, davon war Katsa überzeugt. Sie wandte sich an Lord Davit. »Bitte entschuldigen Sie mich, My Lord.« Dann sagte sie zu Giddon, dessen Hand immer noch ihren Ellbogen umklammerte: »Lass mich, Giddon. Ich will draußen ein paar Schritte gehen.«
    »Ich komme mit dir.« Er wollte aufstehen, doch auf ihren warnenden Blick hin setzte er sich wieder. »In Ordnung, Katsa, tu, was du willst.«
    Es klang leicht gekränkt. Sie war vermutlich grob gewesen, aber das war ihr gleichgültig. Wichtig war nur, dass sie diesen Raum verließ und irgendwohin ging, wo sie die Stimme ihres Onkels nicht hörte. Sie drehte sich um und achtete darauf, nicht dem Blick des Lienids zu begegnen, dann zwang sie sich, langsam, ruhig zur Tür am Ende des Saals zu gehen. Sobald sie hindurch war, rannte sie.
    Sie rannte durch Gänge, um Ecken, an Dienern vorbei, die sich zitternd an die Wand drückten, als sie

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