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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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lang schön und ohne Sorgen.
    Der Abstieg war schwieriger als der Aufstieg. Bo klagte, seine Zehen würden gleich durch die Stiefelspitzen stoßen, und dann wünschte er sich, sie würden es tatsächlich tun, denn sie schmerzten vom ständigen Abwärtsgehen. Schließlich sagte er gar nichts mehr und grübelte vor sich hin.
    »Bo! Wir kommen schnell voran.«
    »Ja.« Er hielt die Hand über die Augen und schaute hinunter auf die Felder von Monsea. »Ich hoffe nur, es ist schnell genug.«
    In dieser Nacht lagerten sie neben einem schnell fließenden Bergbach. Katsa setzte sich auf einen Stein und betrachtete Bos Augen, die sorgenvoll schimmerten. Er warf ihr einen Blick zu und lächelte plötzlich. »Möchtest du etwas Süßes zum Kaninchen?«
    »Natürlich. Aber es ist gleichgültig, was ich möchte, wenn wir lediglich Kaninchen haben.«
    Er stand auf und wandte sich zum Gestrüpp.
    Wohin gehst du?
    Er gab keine Antwort. Seine Stiefel kratzten auf Stein, als er in der Finsternis verschwand.
    Katsa stand auf. »Bo!«
    »Lass keine Sorgen in dein Herz, Katsa.« Seine Stimme kam aus der Ferne. »Ich suche nur, was du dir wünschst.«
    »Wenn du glaubst, ich bleibe einfach hier sitzen …«
    »Setz dich. Sonst machst du meine Überraschung zunichte.«
    Sie setzte sich, ließ ihn aber wissen, was sie von ihm und seiner Überraschung hielt, wenn er dafür dort im Dunkeln umherirrte und sich sehr wahrscheinlich die Knöchel auf den Steinen brach, so dass sie ihn die restliche Strecke den Berg hinuntertragen musste. Ein paar Minuten vergingen, da hörte sie ihn zurückkommen. Er trat ins Licht und ging mit ausgestreckter hohler Hand auf sie zu. Als er vor ihr niederkniete, sah sie einen kleinen Hügel Beeren in seiner Hand. Sie schaute in sein Gesicht.
    »Winterbeeren?«, fragte sie. »Winterbeeren!« Sie nahm eine Beere aus seiner Hand und biss hinein. Die Frucht barst mit einer kalten Süße. Katsa schluckte das zarte Fleisch und schaute ihn verwirrt an. »Deine Gabe hat sie dir gezeigt, diese Winterbeeren.«
    »Ja.«
    »Bo! Das ist neu, nicht wahr?«
    Er setzte sich auf die Fersen zurück und neigte den Kopf. »Die Welt um mich herum füllt sich Stück um Stück. Die Wirrnis klärt sich. Um ehrlich zu sein, bringt es mich ein wenig durcheinander. Ich bin etwas benommen.«
    Katsa starrte ihn an. Darauf gab es keine Antwort. Seine Gabe zeigte ihm Winterbeeren, und er war etwas benommen. Morgen würde er ihr von einem Erdrutsch auf der anderen Seite der Welt erzählen, und sie würden beide ohnmächtig werden.
    Sie seufzte und berührte das Gold in seinem Ohr. »Wenn du deine Füße in den Bach tauchst, wird das Schneewasser dir die Zehen kühlen, und danach reibe ich sie dir wieder warm.«
    »Und wenn ich an anderen Stellen als den Zehen friere? Wirst du mich dort dann auch wärmen?«
    In seiner Stimme hörte sie ein Grinsen, und sie lachte ihm ins Gesicht. Doch dann griff er nach ihrem Kinn und schaute ihr ernst in die Augen. »Katsa! Wenn wir Leck näher kommen, musst du tun, was ich dir sage. Versprichst du das?«
    »Ich verspreche es.«
    »Du musst, Katsa! Schwöre es.«
    »Bo! Ich habe es schon mal versprochen, und ich verspreche es dir wieder und ich schwöre es. Ich werde tun, was du sagst.«
    Er schaute ihr in die Augen und nickte, schüttete ihr die letzten paar Beeren in die Hand und bückte sich zu seinen Stiefeln.
    »Meine Zehen schmerzen so, ich weiß nicht, ob es klug ist, sie zu befreien. Vielleicht rebellieren sie, fliehen in die Berge und weigern sich zurückzukommen.«
    Sie aß eine weitere Winterbeere. »Ich glaube, mit deinen Zehen werde ich jederzeit fertig.«
    Am nächsten Tag machte Bo keine Witze mehr über seine Zehen oder sonst etwas. Er sprach kaum, und je weiter sie auf dem Weg zu König Leck kamen, umso bedrückter schien er zu werden. Seine Stimmung war ansteckend. Katsa wurde nervös.
    »Wirst du tun, was ich sage, wenn es so weit ist?«, fragte er sie einmal.
    Sie öffnete den Mund zu einer gereizten Erwiderung auf die Frage, die sie bereits beantwortet hatte und jetzt wieder beantworten sollte. Doch als sie sah, wie angespannt und besorgt er neben ihr den Weg hinunterging, verflog ihr Ärger, und sie seufzte.
    »Ich werde tun, was du sagst, Bo.«

»Katsa.«  
    Von seiner Stimme geweckt öffnete sie die Augen und wusste, dass es etwa drei Stunden vor Morgengrauen war. »Was ist?«
    »Ich kann nicht schlafen.«
    Sie setzte sich auf. »Zu viele Sorgen?«
    »Ja.«
    »Nun, wahrscheinlich hast

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