Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
Vom Netzwerk:
und Steifheit, die Katsa nicht spürte, über die Bo jedoch klagte.
    »Ich habe überlegt, wie wir uns Lecks Hof nähern sollten«, sagte Bo. Er stieg von einem Stein zu einem anderen und sprang auf einen dritten.
    »Woran hast du gedacht?«
    »Ich wüsste gern mehr darüber, ob unser Verdacht berechtigt ist, bevor wir Leck treffen.«
    »Sollten wir einen Gasthof außerhalb des Hofs suchen und die erste Nacht dortbleiben?«
    »Das meine ich.«
    »Aber wir sollten keine Zeit verlieren.«
    »Nein. Wenn wir an einem Abend nichts Hilfreiches erfahren, sollten wir uns am Hof vorstellen.«
    Sie stiegen weiter und Katsa fragte sich, wie das sein würde – ob sie sich bei Hof als Freunde ausgeben und allmählich in Lecks Geheimnisse eindringen würden, oder ob sie offensiv auftreten und einen großen Kampf anzetteln sollten. Sie stellte sich Leck als einen spöttischen, unaufrichtigen Mann am Ende eines Samtteppichs vor, sein einziges Auge listig zusammengekniffen. Sie könnte ihm einen Pfeil ins Herz schießen, so dass er auf die Knie sank, seinen Teppich mit Blut befleckte und zu Füßen seiner Diener starb. Sie würde auf Bos Befehl schießen. Es musste auf Bos Befehl sein, denn bis sie die Wahrheit über Lecks Gabe wussten, konnte sie ihrem eigenen Urteil nicht trauen. Bo? Das stimmt doch, oder?
    Er brauchte einen Moment, um ihre Gedanken nachzuvollziehen. »Ich habe auch ein paar Ideen dazu«, sagte er. »Wärst du bereit, in Monsea zu tun, was ich sage, und nur was ich sage? So lange, bis ich ein Gespür für Lecks Macht habe? Wärst du damit einverstanden?«
    »Natürlich, Bo, in diesem Fall schon.«
    »Und du musst damit rechnen, dass ich mich sonderbar verhalte. Ich muss vorgeben, dass ich nur mit Kämpfen beschenkt bin, sonst nichts, und dass ich jedes Wort glaube, das Leck sagt.«
    »Und ich werde Bogenschießen üben und Messerwerfen«, sagte Katsa. »Denn ich habe das Gefühl, dass König Leck die Schneide meines Messers spüren wird, wenn alle Fragen gestellt und beantwortet sind.«
    Bo schüttelte den Kopf und lächelte nicht. » Ich habe das Gefühl, dass es nicht so leicht sein wird.«
    Der dritte Tag im Gebirge war der windigste und kälteste. Der Bergpfad führte sie zwischen zwei Gipfeln hindurch, die manchmal hinter Schneestürmen verborgen waren. Ihre Stiefel knirschten durch Schneeflecken, und obwohl die Sonne ihnen ins Gesicht schien und der Himmel von einem blassen Blau war, wehten Schneeflocken auf ihre Schultern und schmolzen in Katsas Haar.
    »Ich mag den Winter in den Bergen«, sagte sie, doch Bo lachte.
    »Das ist kein Winter in den Bergen. Es ist Herbst in den Bergen, und noch dazu ein milder Herbst. Der Winter ist erbarmungslos!«
    »Ich glaube, das würde mir auch gefallen«, sagte sie, und wieder lachte Bo.
    »Ich wäre kein bisschen überrascht. Die Herausforderung würde dir wahrscheinlich guttun.«
    Das Wetter verschlechterte sich nicht, Katsas Behauptung konnte also nicht auf die Probe gestellt werden. Sie gingen so schnell, wie die Berge es erlaubten. Denn auch wenn Bo noch so sehr von Katsas Energie schwärmte, war er doch auch kräftig und schnell. Er neckte sie wegen des Tempos, das sie anschlug, beschwerte sich aber nicht, und wenn er manchmal anhielt, um etwas zu essen oder zu trinken, warKatsa dankbar, denn es erinnerte sie daran, auch etwas zu sich zu nehmen. Und es gab eine Entschuldigung, sich umzudrehen und zurückzuschauen, auf die Berge, die sich von Ost nach West erstreckten, auf die ganze Welt – denn sie war so hoch, dass sie das Gefühl hatte, die gesamte Erde überblicken zu können.
    Und dann erreichten sie am dritten Tag plötzlich den Pass. Vor ihnen fielen die Berge wieder ab zu einem Kiefernwald. Dahinter erstreckten sich grüne Täler, von Bächen, Bauernhöfen und winzigen Punkten durchbrochen, die Katsa für Kühe hielt. Und eine Linie, ein Fluss, der sich in die Ferne zog, führte zu einer kleinen weißen Stadt am Horizont. Leck City.
    »Ich kann die Stadt kaum sehen«, sagte Bo, »aber ich vertraue deinem scharfen Blick.«
    »Ich sehe Gebäude«, erwiderte Katsa, »und eine dunkle Mauer um ein weißes Schloss. Und schau nur, siehst du die Bauernhöfe im Tal? Bestimmt kannst du die erkennen. Und die Kühe, siehst du die Kühe?«
    »Ja, jetzt, wo du sie erwähnst, sehe ich sie. Es ist großartig, Katsa. Hast du je eine so großartige Landschaft gesehen?«
    Sie lachte über seine Freude. Während sie auf Monsea hinunterschauten, war die Welt einen Augenblick

Weitere Kostenlose Bücher