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Die Beschleunigung der Angst

Die Beschleunigung der Angst

Titel: Die Beschleunigung der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Acker
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geflüchtet sei.«
    Daniel hatte Mühe, der
Stimme zu folgen. Das Blut rauschte in seinen Ohren wie ein Wasserfall. Tränen
rannen ihm aus den Augen und über das Gesicht.
    Thomas! Mein Gott, Thomas,
was ist dir passiert?
    Er schüttelte den
Kopf.Darüber musste er später nachdenken. Er musste sich verstecken, damit der
Polizist ihn nicht erwischte, musste seine Waffe holen. Einen klaren Gedanken
fassen. Er konnte nichts für seinen Freund tun. Thomas war in den Händen der
Ärzte, die sich um ihn kümmern würden. Jetzt musste er erstmal sich selbst
helfen.
    »Du meinst, ich soll da mal
hinfahren?«
    Trotz seines Zustands
erkannte Daniel, dass die Stimme des Ordnungshüters gepresst klang, so als
leide er unter Schmerzen.
    »Ja, sieh doch mal nach.
Wahrscheinlich nur eine durch das Trauma ausgelöste Wahnvorstellung, aber wer
weiß. Sicher ist sicher.«
    »In Ordnung, Helga. Ich
melde mich, wenn ich da bin.«
    Daniel schlich zurück zur
Villa, zurück zu seinem Versteck und seiner Waffe, versuchte so viel Raum wie
möglich zwischen sich und den Polizeibeamten zu bringen, ohne ein Geräusch zu
machen. Er musste sich beeilen.
    »Ja, sei so gut. Danach
kannst du immer noch Großstadtjungs jagen.« Wieder dieses metallische, falsch
klingende Lachen.
    »Okay. Ich melde mich.«
    »Tu das, Süßer«, sagte
Helga.
    »Hey, das grenzt an sexuelle
Belästigung!«, sagte der Polizist, doch die Kälte in seiner Stimme strafte die flapsigen
Worte Lügen. Er lehnte sich abermals ins Wageninnere und hängte das Funkgerät
in die Halterung.
    »Du blöder Vollidiot«,
brüllte der Polizist. »Du verdammtes Stück Scheiße!«
    Daniel liefen Spinnen aus
Eis den Rücken hinunter. Hatte der Polizist ihn entdeckt? Ein Blick über die
Schulter verriet ihm, dass der Ordnungshüter mit strammen Schritten um den Baum
lief. Bald würde er die Krone passiert haben. Dann wäre Daniel selbst bei der
Dunkelheit zu sehen, dem Mondlicht sei Dank. Und das musste er vermeiden.
Dieser Polizist wäre mit Sicherheit nicht sein Freund und Helfer.
    Die Eingangstür der Villa
knirschte unwillig in ihren Angeln, als sie sich öffnete. Der Schemen des
Entführers füllte sie beinahe komplett aus. Der in den Innenhof fallende
Lichtkegel flackerte aufgrund des Kerzenlichts. Daniel lief knapp außerhalb des
beleuchteten Bereichs. Die Spinnen liefen schneller über seinen Rücken, bissen
ihn mit Zähnen gleich Dolchen aus Eis.
    »Kurt, bist du das?«, rief
der Mann in der Tür.
    »Und ob ich das bin, du
Vollidiot!«, sagte der Polizist hinter Daniel.
    Endlich erreichte Daniel das
ausladende Blumenbehältnis. Halb bückte er sich, halb fiel er in die
sichtgeschützte Nische hinter der Vase. Als er sich abstützte, griff er mit der
rechten Hand in etwas Glitschiges, das zu leben und sich um seine Finger zu
schließen schien. Er zog die Hand aus der Feuchtigkeit und hörte ein leise
schmatzendes Geräusch. Ekel erfüllte ihn, und sein Mittagessen kroch die
Speiseröhre hinauf, doch er zwang es zurück in den Magen. Er konzentrierte sich
darauf, mit der anderen Hand seine Waffe zu suchen. Seine Finger schlossen sich
um das mit Nägeln bestückte Holz, und er fühlte sich besser, wenn auch nur
etwas.
    Er hatte das Versteck keine
Sekunde zu früh erreicht. Der Polizist hatte die Baumkrone umrundet und lief
mit raumgreifenden Schritten auf die Villa zu.
    »Endlich bist du da, Kurt.
Ich habe schon gewartet. Warum bist du so wütend?«
    Die Stimme des Entführers
war so sanft wie die eines Psychologen. Er hatte eine angenehme Sprachmelodie,
die unter normalen Umständen durchaus vertrauenerweckend gewirkt hätte.
    »Du wurdest verfolgt, du
Vollidiot!«, sagte der Polizist, Kurt, und in seinem Tonfall kämpften Wurt und
Verachtung um die Vorherrschaft.
    »Was redest du da?«, fragte
der Entführer, scheinbar ehrlich verwirrt.
    Kurt stieg die Treppen zur
Haustür hinauf, und Daniel konnte einen Blick auf das Holster des
Gesetzeshüters erhaschen, obwohl er auf diesen Anblick nur zu gerne verzichtet
hätte. Seine Lage war auch so schon hoffnungslos genug.
    »Ja, du wurdest verfolgt,
Piet. Irgendjemand hat dich beobachtet und wusste, dass du hierher geflüchtet
bist. Als er zur Polizei gefahren ist, ist er jedoch an einen Baum gestoßen.
Sieht wohl nicht so gut aus für die kleine Ratte.«
    »Oh mein Gott!«, sagte der
Entführer.
    Daniel wusste nicht, ob der
Ausspruch des Entführers sich darauf bezog, dass er verfolgt worden war, oder
dass sein Verfolger einen schweren

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