Die Beschleunigung der Angst
Autounfall erlitten hatte. Er hatte
allerdings eine Ahnung.
»Blöderweise konnte der
kleine Mistkerl noch sprechen, bevor er ruhiggestellt worden ist, und so hat er
ausgeplaudert, was er gesehen hat. Dein Glück ist, dass man ihm nicht allzu
viel Glauben schenkt. Dein unverschämtes Glück ist aber, dass Helga mich
angefunkt hat und nicht Achim den Superbullen!«
Der Polizist schien kurz
davor, die Beherrschung zu verlieren. Es hörte sich an, als spräche er durch
zusammengebissene Zähne.
»Das war dumm von mir, Kurt.
Bitte entschuldige meine Unvorsichtigkeit. Aber glaube mir eins: Sie ist es.
Sie ist die, die wir so lange gesucht haben.«
Kurt war mittlerweile auf
dem Treppenabsatz angekommen. Die Worte seines Gegenübers schienen ihn zu
beruhigen.
»Bist du sicher?«, fragte
er.
»Oh ja, Kurt, das bin ich.
Sonst wäre ich nicht so leichtsinnig gewesen. Ich habe sie gesehen und gewusst,
dass sie diejenige ist. Komm rein und sieh sie dir an.«
Piet trat zur Seite und der
Polizist schritt durch die Tür.
»Hast du schon angefangen?«,
hörte Daniel Kurt fragen.
»Nein, natürlich nicht. Ich
habe auf dich gewartet. Wie wir es abgesprochen haben. Nur zusammen.«
Der Polizist grunzte, was
Daniel als Zeichen des Wohlwollens betrachtete. Was wollten die beiden
Perversen der Frau antun?
Sämtliche Wut war aus der
Stimme des Bullen verschwunden, als er weitersprach.
»Ich muss gleich noch Helga
Bescheid geben, dass hier oben alles in Ordnung ist. Dann habe ich Feierabend,
und wir haben alle Zeit der Welt.«
»Oh, das wird wunderbar«,
sagte Piet. »Ich bin so aufgeregt. Sieh mal hier.« Daniel hörte ein helles
Klimpern. Es klang als würde jemand Besteck einsortieren. »Ich habe sie heute
Morgen noch mal geputzt. Es war, als hätte ich gewusst, dass ich sie heute
treffen würde. Und nun sieh sie dir an. Sie ist eine Göttin!«
Kurt brummte seine
Zustimmung.
Die Tür wurde geschlossen,
tötete den Lichtkegel und sperrte Daniel von der Unterhaltung der beiden Männer
aus.
Kapitel 7
Daniel lehnte den Kopf
zurück und atmete ein. Er hielt die Luft in der Lunge, drückte sie in den
äußersten Winkel der Flügel, ließ sie dann langsam über die Lippen streichen
und wiederholte die Prozedur.
Mittlerweile war es nicht
mehr kühl, sondern richtiggehend kalt. Die Wand im Rücken hämmerte ihm Bolzen
aus Eis zwischen seine Wirbel. Der Wind frischte auf und strich ihm selbst
hier, hinter seiner so wertvollen und mit stinkendem Unrat gefüllten Vase, mit
eisigen Fingern über seine nackten Arme und Beine.
Nach und nach verschwanden
die Gewitterwolken aus seinem Schädel und machten Raum für zusammenhängende
Gedanken. Er versuchte, sich zu sammeln.
Thomas hatte einen schweren
Autounfall gehabt. Urteilte man nach der emotionslosen Schilderung der
Polizistin, sah es nicht gut aus für seinen besten Freund. Zumindest schien ihm
ein langer Aufenthalt im Krankenhaus sicher. Daniel schüttelte den Kopf. Jetzt,
wo er darüber nachdenken konnte, füllten sich seine Augen mit Tränen. Wie hatte
Thomas das nur passieren können? Wenn doch nur er, Daniel, gefahren wäre. Dann
wäre Piet der Stalker jetzt Piet der Knacki. Aber Kurt, der Polizist, würde
immer noch frei herumlaufen.
Daniel musste etwas unternehmen.
Die Frau war dem kranken Duo ausgeliefert. Er war ihre letzte Rettung, jetzt,
wo die Möglichkeit der Polizeiverstärkung ausgefallen war.
Doch was sollte er tun? Er
überlegte hin und her, doch im Wesentlichen liefen seine Handlungsmöglichkeiten
auf zwei Alternativen hinaus: Entweder er stürmte ins Haus und versuchte, die
beiden Männer, darunter einen Polizisten, zu überrumpeln und handlungsunfähig
zu machen. Es lohnte nicht, diese Option zu Ende zu denken. Daniel hatte die
Waffe an Kurts Gürtel gesehen. Er selbst hatte einen zweckentfremdeten
Zaunpfahl mit rostigen Nägeln. Das klang doch ganz nach einem ausgeglichenen
Kampf. Wahrscheinlich hätte der Polizist ihn schon erschossen, bevor er die
Türschwelle überquert hatte.
Die zweite Möglichkeit gefiel
ihm ebenso wenig, auch wenn er diese favorisierte. Er würde sich in der
Dunkelheit durch den Wald boxen und zur Polizei durchschlagen müssen. Dabei
musste er darauf achten, keine Wildschweinmütter aufzuschrecken, keine Hirsche
zu reizen und keine Füchse, die die Gans gestohlen hatten, zu verärgern.
Und vor allem musste er
schnell sein. Kurt hatte gesagt, dass er sich bald abmelden wollte. Spätestens
danach würden sie mit dem anfangen, was
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