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Die Beschleunigung der Angst

Die Beschleunigung der Angst

Titel: Die Beschleunigung der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Acker
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sie vorhatten. Daniel erinnerte sich an
das Besteckkastengeklimper und das zustimmende Grunzen des Polizisten. Das
konnte einfach nichts Gutes bedeuten. Er musste los, durfte keine Zeit
verlieren.
    Doch er konnte nicht.
    Etwas hielt ihn hinter der
Vase, hinderte sein Gehirn daran, seinen Beinen den Befehl zum Aufstehen zu
geben. Warum?
    Seine Hand, mit der er sich
in dem feuchten Haufen abgestützt hatte, kribbelte, und er wünschte sich, sie
waschen zu können. Es fühlte sich an, als würden Maden auf ihr Nachlauf
spielen. Und vielleicht taten sie das tatsächlich. Wer wusste schon, mit was
Maden sich die Zeit vertrieben?
    Jetzt reiß dich mal
zusammen!
    Daniel rief sich zur
Ordnung. Er konnte sich immer noch nicht aufraffen, das Versteck zu verlassen.
Er hatte etwas vergessen, das fühlte er ganz deutlich. Ein Gedanke wartete darauf,
aus einer dunklen Gasse in grelles Scheinwerferlicht zu treten. Daniel
versuchte, ihn herauszulocken, doch je mehr er sich konzentrierte, umso
schattiger wurde der schmale Weg.
    Als etwas auf seine Schulter
sprang, stieß er einen spitzen Schrei aus, für den er sich unter anderen
Umständen geschämt hätte. Eine Sekunde später fühlte er einen buschigen Schwanz
im Gesicht. Ein Eichhörnchen! Daniels Herz, das einige Schläge ausgesetzt
hatte, bockte und schlug stotternd weiter.
    Er hatte davon gehört, dass Eichhörnchen
ebenso wie Ratten Überträger von Tollwut waren, doch trotzdem war er
erleichtert, als er das sanfte Fell an der Wange spürte. Was war ein wenig
Schaum vor dem Mund schon gegen zwei Verrückte, die alleine mit schlechten
Absichten und klimperndem Werkzeug zusammen mit einer wehrlosen Frau waren? Und
lieber ein tollwütiges Eichhörnchen als ein stinksaures Wildschwein, das
Wettrennen mit ihm spielen wollte.
    Nachdem er bei der Polizei
gewesen war, würde er seine Impfung gegen Tollwut erneuern lassen. Im
Krankenhaus könnte er auch gleich seinen Freund besuchen. Aber dafür musste er
erstmal dort ankommen.
    Daniel musste weg sein,
bevor Kurt aus dem Haus kommen und seiner Kollegin berichten würde, dass er
hier oben nichts gefunden hätte und dass er Feierabend machte.
    Das Funkgerät!
    Jetzt war der Gedanke
schließlich doch noch aus der Gasse hervorgetreten und mit Neonlicht
ausgeleuchtet worden. Das Funkgerät! Natürlich.
    Er musste nur zum
Polizeiwagen gehen und die Zentrale anfunken. Und er musste das, verdammt noch
mal, schnell tun, bevor Kurt hinauskam.
    Daniel stand auf und
horchte. Aus der Villa drang kein Laut zu ihm. Er hoffte, dass Kurt und Piet
sich die Entführte nur ansahen und noch nicht damit begonnen hatten, ihre
Phantasien, wie immer diese auch aussehen mochten, in die Tat umzusetzen.
    Er verließ die Nische und
ging auf den umgekippten Baum zu, während er im Kopf die nächsten Schritte
durchging.
    Hatte der Polizist seinen
Wagen abgeschlossen? Daniel konnte es nicht mit Sicherheit sagen, weil er nur darauf
geachtet hatte, rechtzeitig sein Versteck zu erreichen. Er hielt es jedoch für
sehr unwahrscheinlich, dass Kurt sich die Mühe gemacht hatte, sein Auto zu
versperren. Nicht hier, mitten in der Wildnis des Taunus.
    Daniel hatte noch nie ein
Funkgerät benutzt und konnte daher nicht mit Sicherheit sagen, wie es
funktionierte. Musste der Motor dafür laufen? Nein, ganz sicher nicht, der
Polizist hatte mit der Zentrale gesprochen, nachdem er die Maschine ausgestellt
hatte.
    Und wenn der Zündschlüssel
noch steckte? Dann würde Daniel den Wagen klauen, zur Polizei fahren und
hoffen, dass nicht alle Ordnungshüter so waren wie Kurt.
    Daniel war am blau-silbernen
Fahrzeug angekommen. Er ging um die Motorhaube zur Fahrertür. Er überlegte,
sich durch die immer noch geöffnete Scheibe zu beugen, verwarf diesen Gedanken
jedoch. Stattdessen zog er am Türgriff. Mit einem leisen Knacken öffnete sie
sich. Lautlos und gut geölt schwang sie auf. Die Innenbeleuchtung zeigte ihm
das Wageninnere. Der Schlüssel steckte nicht. Doch dort, befestigt an der
Mittelkonsole, hing das Funkgerät, so groß wie eine halbe Zigarettenschachtel
und grau wie ein Morgen an der Themse.
    Daniel hielt seine Waffe
fest umklammert. Er würde sie nicht aus der Hand legen. Er setzte sich auf den
Fahrersitz und sah sich um. Er tastete den Raum zwischen den Sitzen ab, in der
Hoffnung, einen Schlagstock oder Ähnliches zu finden. Doch seine zittrigen
Finger konnten nichts dergleichen ertasten.
    Gut, dann eben nicht. Zeit,
Helga zu kontaktieren und ihr zu erzählen, was für

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