Die Beschleunigung der Angst
ein nettes Exemplar an
Psychopath sie ihren Kollegen nannte. Daniel griff das Funkgerät, während er
mit einem Auge die Tür der Villa beobachtete.
Alles ruhig.
Das Plastikgehäuse des
Funksprechgeräts fühlte sich kühl an in seiner Handfläche. Er spürte den Knopf
unter seinem Daumen, mit dem er Kontakt in die Zentrale aufnehmen konnte.
Daniel hielt das Funkgerät
vor den Mund und sammelte sich, legte sich die Worte auf der Zunge zurecht, mit
denen er Helga kontaktieren wollte.
In diesem Moment erwachte das
Funksprechgerät in seiner Hand zum Leben.
Kapitel 8
»Wagen Sieben. Bitte melden.
Wagen Sieben, bitte.«
Daniel erschrak, als er
Helgas Stimme hörte. Seine Hand, mit der er das Funkgerät hielt, zuckte nach
oben, traf seine Lippe und schlug sie auf. Sofort spürte er, wie Blut aus der
Wunde sickerte. Außerdem hatte er sich auf die Zunge gebissen, und ein
kupferner Geschmack breitete sich in seiner Mundhöhle aus. Darauf konnte er
jetzt nicht achten. Eine aufgeplatzte Lippe und eine wunde Zunge würden ihn nicht
umbringen. Er war sich nicht sicher, das auch von dem durchgeknallten Stalker
und seinem nicht minder entrückten Freund behaupten zu können.
»Hallo, hier spricht Daniel
Wagenknecht«, sagte er, während Blut über sein Kinn lief und sein Shirt einfärbte.
»Sie müssen sofort einen Polizeiwagen hierher schicken. Ihr Kollege hat eine
Frau entführt und hält sie in der Henz-Villa fest. Hören Sie, sie müssen sofort
jemanden herschicken, sonst ...«
»Hallo? Wagen Sieben, bitte
melden!«, tönte es aus dem Funkgerät. Viel zu laut, viel zu laut, warum konnte
das Gerät nicht leiser eingestellt sein? Das musste man selbst in der Villa
hören!
Und warum zum Teufel
antwortete Helga nicht auf seine Worte? Dann fiel es ihm auf. Er hatte
vergessen, den verdammten Knopf zu drücken.
Mit zitterndem Daumen holte
er dies nach. Ein Bluttropfen perlte von seinem Kinn und zerplatzte auf dem
kalten Plastik des Funksprechgeräts.
»Hallo?«, sagte er und ließ
den Knopf wieder los.
»Wer ist da?«, fragte Helga.
»Kurt, bist du das? Warum hörst du dich so komisch an?«
»Hören Sie zu ...«, sagte
Daniel, als er sah, wie die Tür zur Villa sich öffnete und den unsteten
Lichtkegel in den Hof sandte.
Zwei Schemen erschienen im
Türrahmen. Daniel ließ den Knopf los und steckte das Funkgerät zurück in die
Halterung. Er glitt vom Vordersitz und kroch zum Heck des Wagens. Er konnte die
schnellen Schritte des Polizisten hören, wie er über den Schotter des Hofs
rannte, um das Funkgerät zu erreichen. Daniel krabbelte weiter und erreichte
den Waldrand in dem Moment, in dem Kurt ins Auto griff und das Sprechgerät an
seiner geringelten Schnur herauszog. Daniel robbte hinter einen mit fetten
Holunderbeeren behangenen Strauch. Der intensive, schwach an Zitrone erinnernde
Geruch stach ihm in die Nase.
»Hier Wagen sieben«, sagte
der Polizist, ein wenig außer Atem..
»Kurt, bist du das?«
»Natürlich bin ich das,
Süße, wer sollte es sonst sein?«
Diesmal ging Helga nicht auf
Kurts Neckereien ein.
»Hast du eben schon mal
gesprochen?«, fragte Helga. Daniel, der sich hinter einem Busch versteckte,
konnte Argwohn in Helgas Stimme ausmachen.
»Nein. Ich habe mich hier
umgesehen, deshalb war ich nicht gleich am Gerät.«
»Aber es hat schon jemand
vor dir gesprochen.«
»Das ist unmöglich, Helga.«
»Doch, ganz sicher. Jemand hat
‚Hallo‘ gesagt. Und danach ‚Hören Sie zu‘ und dann war die Verbindung
unterbrochen.«
Daniel konnte durch die
Blätter des Busches sehen, wie der Polizist erst das Funkgerät betrachtete und
sich dann umsah. Piet stand noch im Türrahmen und schien die Unterhaltung zu
verfolgen.
»Unmöglich, ich bin ganz
alleine hier. Wahrscheinlich eine Frequenzüberlagerung.«
»Code 73?«, fragte Helga.
»Nein Helga. Kein Code 73.
Ich spreche aus völlig freien Stücken. Es ist alles in Ordnung. Ich bin bei der
Henz-Villa und hier ist der Hund begraben. Und so, wie das hier riecht, ist das
nicht nur ein Sprichwort.«
Kurt lachte, aber seine
Stimme war leer.
Helga klang nicht überzeugt.
»Du sagst, es ist alles in Ordnung da oben? Soll ich einen weiteren Wagen
schicken?«
»Nein, brauchst du nicht. Es
ist alles sauber hier, Helga, mein Ehrenwort. Und tot. So tot wie in der
Unterhose eines Neunzigjährigen, wenn du verstehst, was ich meine.«
Jetzt taute die Stimme aus
dem Funkgerät auf.
»Okay. Aber irgendwann
werden dich deine schlüpfrigen Anspielungen
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