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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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sagte ich.
    Â»Benni, die Schlafmütze!« Ein kräftiger hellblonder Junge in der letzten Reihe sprang auf. Einige Kinder lachten.
    Â»Sind Sie …«, begann die Lehrerin.
    Â»Ist das deine Mami?«, rief ein Kind.
    Der blonde Junge grinste. »Benni hat keine Mami.«
    Â»Hab ich wohl!«, schrie Benni. »Sie kommt bald. Und dann macht sie euch alle fertig!«
    Â»Ruhe! Es reicht! Jonas, setz dich wieder hin.« Der blonde Junge gehorchte, aber auf seinem Gesicht war immer noch das gehässige Grinsen.
    Die Lehrerin trat zu Benni und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    Â»Ich bin die Nachbarin«, sagte ich.
    Die Lehrerin nickte. »Vielen Dank für Ihre Hilfe.« Sie führte Benni zu seinem Platz und drückte ihn auf den Stuhl. Ich winkte ihm zum Abschied zu und ging.
    Trotz meines Umwegs über Bennis Schule war ich immer noch früher im Sender als sonst. »Morgen, Herr Keipke«, begrüßte ich den Pförtner in der Eingangshalle.
    Â»Morgen, Frau Amelung. Wollten Sie heute mal die Erste sein?« Er grinste. »Hat nicht geklappt. Diese Unternehmensberater sind schon oben.«
    Â»Seit wann?«
    Er sah auf die Uhr. »Ich schätze, seit sieben. Na ja, bei dem Geld, was die verdienen, sollen sie sich ruhig ein bisschen anstrengen. Und ich mach gleich Feierabend. War eine lange Nacht.«
    Â»Sagen Sie mal, haben Sie gestern Abend jemand Fremdes ins Haus gelassen? Ein Mann, blaues Jacket, schlank, dunkle, kurze Haare? Der stand auf einmal oben im Flur. Wissen Sie, wer das war und was er wollte?»
    Â»Wie bitte? Der war im Gebäude?» Er sah mich fassungslos an. »Der Typ kam zu mir an die Pforte. Angeblich ein Journalist. Hat mit einem Ausweis rumgewedelt. Er wollte wissen, wer von Bloomsdale hier im Einsatz ist und ob er diese Frau Ott noch antreffen kann. Ich hab versucht, sie oben anzurufen, aber sie ging nicht mehr dran. Daraufhin hab ich ihn weggeschickt. Er wirkte ganz cool, ist dann gegangen. Jetzt frag ich mich nur, wie der hier reingekommen ist.»
    Ich hob die Schultern. Es gab einige Aufnahmestudios im Erdgeschoss, die separate Eingänge hatten.
    Â»Was hat der Kerl da oben getrieben? Haben Sie mit ihm gesprochen?», fragte Keipke.
    Â»Ich habe ihn nur von Weitem gesehen, er hatte einen bösen Wortwechsel mit den Bloomsdale-Leuten, und dann verschwand er durchs Treppenhaus.»
    Â»Danke, dass Sie Bescheid gesagt haben.» Keipke griff zum Hörer. »Ich verständige jetzt den Sicherheitsdienst.»
    Â»Das ist gut.» Ich winkte ihm zum Abschied zu und fuhr in meine Etage. Dabei ging mir der letzte Satz des Journalisten durch den Kopf: »Diesmal kriege ich Sie.« Hatte Vanessa Ott vielleicht seine feste Stelle eingespart, so wie bei Ulla, und er war deshalb so wütend?
    Meine Kopfschmerzen verstärkten sich, als ich an die Arbeit dachte, die nun vor mir lag: eine von Bloomsdale Consulting geforderte Einschätzung aller Marketingmitarbeiter. Ich sollte die Qualifikation der Kollegen und ihre Aufgabenschwerpunkte skizzieren und eine Bewertung abgeben, ob Profil und Leistung in Einklang waren. Innerlich verwünschte ich Gunter von Hirten. Nur weil er so plötzlich verschwunden war, musste ich mich mit dieser heiklen Aufgabe herumschlagen. Über meine eigenen Mitarbeiter zu berichten, fiel mir nicht schwer, aber wir waren ja nur ein Teil des Marketings. Einige der anderen Kollegen kannte ich nicht gut genug, um die Qualität ihrer Arbeit einschätzen zu können. Da, wo ich mir kein Urteil zutraute, vermerkte ich es, und versuchte ansonsten, so fair und objektiv zu sein wie möglich.
    Während ich schrieb, tauchten immer wieder Bennis traurige Augen vor mir auf. Sie schwebten vor den Buchstaben der Tastatur. »Benni hat keine Mami.« Wieso hatte dieser feiste blonde Junge das gerufen? Und wie gemein war das von ihm. Ich war davon ausgegangen, dass Bennis Eltern getrennt lebten. Aber vielleicht war die Mutter auch gestorben? Ich war dankbar, dass mir Benni und Sebastian Grolmann so viele Rätsel aufgaben, denn sie lenkten mich von meinen Gedanken an Gregor ab. So was wie gestern Abend durfte mir nicht mehr passieren. Aber ich wusste genau, dass mein Job immer wieder für spontane Überstunden sorgen würde. Erst recht, solange die Bloomsdale-Leute da waren.
    Gegen neun sah ich nach Michaela, doch sie war noch nicht im Büro. Ich erreichte sie auf dem Handy. »Wie geht es dir? Alles

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