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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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schlapp gelacht. Aber in Vanessa Otts Position war es irgendwie unpassend.«
    Â»Vielleicht will sie genau das«, meinte Ulla.
    Â»Was?«
    Â»Eine von euch sein.«
    Mein Bier wurde gebracht, gleichzeitig mit einem neuen Glas für Ulla. Ich nahm einen großen Schluck. »Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall ist sie mir lieber als ihr Kollege. Der macht einen ziemlich humorlosen Eindruck.«
    Â»Und dann warst du auch noch mit ihr essen?« Ulla sah mich skeptisch an. »Ist das nicht etwas zu privat?«
    Bevor Ulla beim Abendkurier entlassen worden war, hatte eine Unternehmensberatung die Zeitung umstrukturiert und ihre Stelle eingespart. Verständlich, dass sie empfindlich auf Vertreter dieser Berufsgruppe reagierte.
    Â»Ich dachte, wir machen nur ein bisschen Smalltalk. Aber stattdessen hat sie mir erzählt, dass ihre Mutter sich umgebracht hat, als sie noch ein Kind war«, sagte ich.
    Â»Wie bitte?« Ulla legte die Stirn in Falten. »Wieso vertraut sie dir so etwas an?«
    Â»Angeblich, weil ich so gut zuhören kann.« Ich erwartete eines von Ullas ironischen Witzchen, stattdessen sagte sie: »Da hat sie recht. Eine deiner besonderen Qualitäten. Was hat sie dir noch so alles erzählt?«
    Â»Nicht viel. Ihr Freund lebt in München. Macht Karriere in einer Werbeagentur. Sie sehen sich kaum. Kein Wunder bei den Arbeitszeiten. Sie kam mir ein wenig einsam vor.«
    Â»Das ist ja wirklich erschütternd. Mir kommen gleich die Tränen. Ein Segen, dass sie endlich auf Mutter Teresa getroffen ist, die sich ihrer annimmt.«
    Wir mussten beide lachen und tranken unsere Biere aus. Ulla orderte zwei Neue.
    Â»Hey, ich muss noch fahren«, protestierte ich schwach.
    Â»Genau, Taxi«, gab Ulla zurück.
    Â»Was hätte ich denn deiner Ansicht nach machen sollen?«, fragte ich, wieder ernst. »Sie vor den Kopf stoßen? Ich hab mir die Situation nicht ausgesucht. Sie ist wirklich nett. Und wenn sie mich auch sympathisch findet, umso besser. Ich hab keine Lust, gekündigt zu werden.«
    Â»Verstehe ich. Aber trotzdem: Tu mir den Gefallen und sei vorsichtig.«
    Â»Ulla …«
    Â»Ja, schon gut, ich hör ja auf.«
    Für eine Weile schwiegen wir. Ich betrachtete die Leute um uns herum, ohne sie wirklich zu sehen. Ich war erschöpft und gleichzeitig überdreht und hellwach. Ob Gregor irgendwo draußen herumlief? Ob er auf mich wartete? Vielleicht schlief er längst.
    Â»Falls Gregor sauer ist, lass ihn eine Weile in Ruhe«, sagte sie, als hätte sie meine Gedanken gelesen. »Er kriegt sich schon wieder ein. Schließlich liebt er dich.«
    Â»Ich hoffe es.«
    Â»Was der arme Tom jetzt wohl macht?« Ulla grinste.
    Â»Vermutlich liegt er im Bett, total erledigt nach dem Abend mit dir.«
    Â»Und fragt sich, wie er an deine Nummer kommt«, meinte sie. »Aber von mir kriegt er sie nicht.«
    Wir verabschiedeten uns mit dem Versprechen, bald zu telefonieren. Ich lief zu meinem Auto. Als ich vor Gregors Haus stand, sah ich im Zimmer hinter der Werkstatt Licht durch den Türspalt.
    Gregor öffnete mir nach dem ersten Klingeln. Er hatte noch nicht geschlafen.
    Â»Wo warst du denn?«, fragte ich.
    Â»Zuerst bei dir. Dann Currywurst essen.«
    Â»Hast du meine Nachricht nicht bekommen?«
    Â»Doch.«
    Â»Und warum hast du dich nicht kurz gemeldet?«
    Â»Keine Lust. Erst werde ich per SMS eingeladen. Und dann per Anrufbeantworter wieder ausgeladen. Irgendwie ist das nicht so die Beziehung, die ich mir vorstelle.«
    Ich ging zu ihm und legte meinen Kopf an seine Schulter.
    Â»Verzeih mir, du hast ja recht.«
    Er nahm mich in die Arme. Einen Moment standen wir so, dann löste er sich von mir.
    Â»Komm.«
    Wir tranken noch ein Glas Wein, aber es kam kein richtiges Gespräch in Gang. Instinktiv verzichtete ich darauf, Gregor von meinem Tag im Sender zu erzählen, vom Terminstress und den Unternehmensberatern, obwohl mein Kopf voll davon war. Wenn er gefragt hätte … Aber er gähnte.
    Â»Lass uns ins Bett gehen. Mir reicht es für heute. Übrigens hab ich den Schlüssel von deiner Wohnung bei dir vergessen.«
    Wir zogen uns aus und legten uns ins Bett. Es war so warm, dass wir uns nicht zudecken mochten. Gregor drehte sich von mir weg auf die rechte Seite, seine normale Einschlafstellung. Kein Kuss, keine Umarmung mehr. Ich schmiegte mich an seinen Rücken und legte eine Hand auf

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