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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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die Bühne.
    Â»Da capo!«, rief er jetzt. »Da capo, Benni!«
    Benni hob den Kopf und entdeckte seinen Vater. Er öffnete den Mund vor Erstaunen, atmete tief ein und aus, setzte die Geige neu an und spielte voller Schwung und ohne einen Fehler das Lied bis zu Ende. Es gab viel Applaus. Benni verbeugte sich und hockte sich an den Seitenrand der Bühne. Er streichelte immer wieder über die Geige.
    Sebastian Grolmann hatte mich inzwischen entdeckt. Er sah mich erstaunt an. »Haben Sie auch ein Kind hier auf der Schule?«
    Â»Nein.«
    Während das Theaterstück weiterging, erzählte ich ihm flüsternd von meiner morgendlichen Begegnung mit Benni. »Er ging davon aus, dass Sie nicht kommen können. Und er schien ein wenig traurig zu sein.«
    Eine halbe Stunde später warteten wir am Ausgang auf ihn.
    Â»Und Sie sind extra hierhergefahren? Um Benni eine Freude zu machen?« Seine Augen forschten in meinem Gesicht.
    Â»Ehrlich gesagt war ich ganz froh, mal aus dem Büro rauszukommen«
    Er lächelte und schüttelte dabei leicht den Kopf. Einen Augenblick lang standen wir schweigend nebeneinander. Gerade als ich mich mit Hinweis auf die im Sender wartende Arbeit verabschieden wollte, zog er zwei verbogene Pappstreifen aus seiner Hosentasche und hielt sie mir hin. Es waren Eintrittskarten. »Haben Sie heute Abend schon was vor? Ich spiele im A-Trane mit meiner Band. Jazz übrigens.«
    Ich zögerte. »Danke, das ist wirklich nett, aber … meine Arbeitszeiten sind im Moment nicht sehr kulturfreundlich.«
    Â»Der Einlass ist um neun, aber wir fangen nicht vor zehn an. Das müssten Sie doch schaffen?«
    Â»Gut, ich versuch es«, sagte ich und steckte die Karten ein.
    Auf dem Flur zu meinem Büro kam mir Michaela entgegen. »Wo warst du so lange?«
    Â»Beim Konzert eines kleinen Geigenkünstlers.« Ich musste grinsen, als ich ihren verständnislosen Blick sah.
    Â»Ich hab dir aufs Band gesprochen«, meinte sie. »Von Hirten ist wieder da.«
    Â»Was, heute schon? Ich dachte, er ist den Rest der Woche weg. Wollte er mich sprechen?«
    Â»Nein, aber er hat sich gleich bei Mark Winter und Vanessa Ott vorgestellt. Die sitzen seit einer halben Stunde bei ihm drin.« Michaela lehnte sich in den Türrahmen. »Was glaubst du? Ob er ab jetzt selbst die Bloomsdale-Leute betreut? Dann kämen wir endlich mal wieder zu unserer normalen Arbeit.«
    Â»Ja, schlecht wäre das nicht.« Ich schloss meine Tür auf und dachte an die Warnung von Betriebsrat Oderthal. »Von Hirten wird …« Was? Die Dinge an sich reißen? Versuchen, mir zu schaden?
    Â»Ãœbrigens, hast du es gelesen? Miranda Glass ist im Krankenhaus.«
    Â»Wie bitte?«
    Â»Sie ist in der Feinschmeckerabteilung im Lafayette zusammengeklappt und in die Charité gebracht worden. Kreislaufkollaps.«
    Â»Das kann bei der Hitze jedem passieren«, meinte ich.
    Michaela verzog den Mund. »Das ist noch nicht alles. Vorher hat sie mit ihrer Prada-It-Bag auf eine junge Frau eingeschlagen. Sie hielt sie wohl für eine Paparazza und fühlte sich verfolgt. Es war aber nur eine ahnungslose amerikanische Touristin, die die Käsetheke fotografieren wollte.«
    Ich öffnete ein Online-Nachrichtenmagazin und stieß direkt auf die Schlagzeile. Der Vorfall wurde genüsslich ausgewalzt. Die Reporterin spekulierte über einen Zusammenhang zu Mirandas angeblichem Drogenmissbrauch.
    Â»Mist, das hat uns gerade noch gefehlt. Jetzt macht mir die Presseabteilung die Hölle heiß. Besorg mir sämtliche Artikel zu dem Vorfall. Und ruf mal ihren Agenten an und frag, wie es Miranda jetzt geht.«
    Michaela ging und ließ meine Tür offen. Ich warf die Eintrittskarten neben meine Tastatur und rief meine E-Mails ab. Wie schon erwartet hatte ich eine Eilnachricht von der Presseabteilung. Ich legte mir im Kopf eine Strategie zurecht. Aber es wurde jetzt natürlich viel schwieriger, für Miranda zu argumentieren. Nun musste ich den PR -Profis die Einschätzung der Lage überlassen. Mein Blick fiel auf die Freikarten. Schnell schrieb ich Gregor eine SMS , ob er mit zu dem Konzert kommen wolle. Kurz darauf meldete er sich, ebenfalls schriftlich. Es würde ihm nicht passen, zu viel zu tun.
    Ich seufzte. Er hatte so gut wie gar nichts zu tun, also war er noch beleidigt. Ich schrieb zurück: »Dann morgen Abend bei mir?« Die Antwort kam sofort.

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