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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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jünger als sie.
    Â»Ãœbrigens hab ich auch einen netten Mann kennengelernt. Nein, sogar zwei nette Männer.« Ich erzählte von Sebastian und Benni, dem chaotischen Umzug, Bennis Pech mit dem vergessenen Rucksack und dem Schulkonzert.
    Ulla rollte mit den Augen. »Du liebe Zeit. Ein vernachlässigtes Kind in deiner Nachbarwohnung? Das wird mit einer Adoption enden. Ich kenne doch dein großes, weiches Herz.«
    Â»Quatsch.« Ich lächelte. »Aber findest du das in Ordnung? Einen Zehnjährigen über Nacht allein zu lassen?«
    Ulla zuckte mit den Schultern. »Ich kenn mich mit Kindern nicht aus. Du kannst ja ab sofort babysitten. Übrigens, zu diesem Jazzkonzert wäre ich echt gerne mitgegangen.«
    Â»Das können wir sicher bald nachholen. Jetzt, wo ich so gute Kontakte habe.« Hoffentlich fragte sie jetzt nicht, wem ich die zweite Karte vermacht hatte.
    Sie verzog den Mund. »Schön wär’s. Aber ich fürchte, ich hab den Tisch so voll Arbeit, dass ich die nächsten drei Wochen Nachtschichten machen könnte.«
    Der Himmel schimmerte wie dunkelblauer Samt, als ich eine halbe Stunde später am Savignyplatz aus der S-Bahn stieg. Der Duft blühender Stauden wehte aus dem kleinen Park zu mir herüber. Auf den Bänken, zwischen dem üppigen Grün der Büsche, versteckten sich Liebespärchen. Die restlichen Charlottenburger saßen an den Außentischen der vielen Restaurants und Kneipen. Eigentlich war es schade, den Abend in einem überfüllten, stickigen Raum zu verbringen.
    Vor dem A-Trane standen Leute in Grüppchen zusammen, rauchten und plauderten. Vanessa Ott war noch nicht zu sehen. Nach dem Essen war sie mit Eichstätt in einen Wagen gestiegen und weggefahren. Inzwischen hatte ich den Vorsatz gefasst, keine Vorurteile gegen sie zu haben, sondern jetzt einfach mal abzuschalten und den Abend zu genießen. Vermutlich dachte sie sich nichts dabei mitzukommen. Sie war eben unkonventioneller als Mark Winter. Und wenn wir uns nicht ausgerechnet in dieser komplizierten beruflichen Lage kennengelernt hätten, hätten wir vielleicht Freundinnen werden können.
    Sie kam aus dem Jazzclub, zwei bis zum Rand gefüllte Gläser Bier balancierend. Sie hatte sich umgezogen und frisches Make-up aufgelegt. Zur grauen Röhrenjeans und hochhackigen Stiefeln trug sie eine Bluse in einem angesagten Nude-Ton und ein schmales Haarband in der gleichen Farbe. Ohne ihr strenges Business-Outfit wirkte sie jünger, fast mädchenhaft.
    Â»Hallo. Haben Sie zufällig Durst?«
    Â»Und wie. Danke.« Ich nahm ihr eines der Gläser ab, und wir stießen vorsichtig an, ohne das Bier überschwappen zu lassen. »Na dann, auf ein schönes Konzert.«
    Sie trank einen großen Schluck. »Das tut gut! Fast ein Gefühl wie Feierabend. Ich bin seit fünf auf den Beinen. Ich glaub, ich hab mir ein bisschen Entspannung verdient.«
    Ob der Termin mit ihrem Boss vorhin dienstlich oder privat gewesen war? Jedenfalls schien er bei ihr nicht unter dem Stichwort »Entspannung« zu laufen.
    Â»Seit fünf?«, fragte ich. »Das ist ja mitten in der Nacht.«
    Â»Ich jogge vor der Arbeit. Genau wie Herr Winter und Dr. Eichstätt übrigens.«
    Â»Hut ab. Ich nehm’s mir ja auch immer vor, aber … na ja, der innere Schweinehund will morgens nicht aus dem Bett.«
    Sie musterte mich. »Aber Sie gehen ins Fitnessstudio? So schlank, wie Sie sind …?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Mein Vorsatz fürs neue Jahr.«
    Â»Ich gehe zweimal die Woche, in den Soho-Club.«
    Die Zuschauer drängten nun in das Lokal, und wir reihten uns in die Schlange ein.
    Â»Disziplin in allen Ehren«, setzte ich unseren Small Talk fort. »Aber Sie sind jeden Tag vierzehn Stunden oder mehr im Büro. Und ich vermute, ein Projekt reiht sich an das nächste. Sie müssen die Konstitution eines …« – »eines Büffels haben«, wollte ich sagen, aber der Vergleich verbot sich bei einer Elfe wie ihr. Ich rettete mich in ein Schulterzucken und schüttete mir prompt einen Schluck Bier über die Füße.
    Â»Ich mache den Job seit vier Jahren«, meinte sie. »Und ich war noch keinen Tag krank. Es ist knallhartes Business, aber denken Sie an die Vorteile.«
    Â»Die wären?«
    Â»Das Einkommen zum Beispiel. Ich sag’s ganz offen, ich gebe gern Geld aus.« Sie lachte. »Gute

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