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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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klingelte, es war Evelyn. »Janne, entschuldige die Störung, aber … wo bist du gerade?«
    Â»Im Nice Place.«
    Â»Könntest du herkommen? Michaela geht es nicht gut.«
    Â»Ich wüsste nicht, wie ich ihr da helfen könnte. Sie soll am besten zum Arzt gehen, bevor alle Praxen schließen.« Ich hatte für heute genug von Michaela.
    Â»Nein, sie … Es hat nichts mit ihrer Gesundheit zu tun. Sie weint. Sie will nicht sagen, was los ist. Sie ist ganz aufgelöst.«
    Â»Ich bin mitten in einem Gespräch, ich spreche später mit Michaela.« Ich legte auf. Sofort tat mir meine harsche Reaktion leid. Evelyn konnte nichts dafür. Und warum weinte Michaela? Hatte sie mich hintergangen oder nicht? Ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte. Und mir graute vor dem Gedanken, zurück in den Sender zu müssen. Ich wollte nur noch allein sein. Über alles nachdenken, was passiert war. Einen klaren Kopf bekommen.
    Vanessa Ott spielte mit ihrer Serviette, faltete und drehte sie ineinander, bis sie an eine Blüte erinnerte. »Entschuldigen Sie, wenn ich so direkt frage, aber … haben Sie zu Ihrer Assistentin eigentlich ein gutes Verhältnis? Ich meine, das war merkwürdig heute Morgen, oder?«
    Ich spürte, wie mir die Tränen kamen, aber ich schaffte es, sie zu unterdrücken. Vanessa Ott legte eine Hand auf meinen Unterarm. »Hey … das war alles ein bisschen viel heute, stimmt’s?«
    Es kostete mich enorme Anstrengung, nach außen kühl und kontrolliert zu bleiben. Dazu die Kopfschmerzen. Der Druck verschlimmerte sich von Sekunde zu Sekunde. Ich rieb mir über die Schläfen.
    Â»Alles in Ordnung?«
    Â»Kopfschmerzen.«
    Â»Moment. Ich habe immer was dabei.« Sie kramte in ihrer Handtasche, holte einen silbernen Streifen mit Tabletten hervor und drückte zwei davon auf meine Serviette. »Sie nehmen jetzt die hier, die helfen bestimmt.«
    Es gab keine Verpackung, auf der ich hätte erkennen können, um welches Medikament es sich handelte. Ich mochte nicht irgendwas Unbekanntes einnehmen. »Danke, es wird sicher gleich besser.«
    Â»Keine Sorge, das ist so was wie Aspirin. Harmlos, nur viel wirkungsvoller.«
    Ich zögerte. Wieder steckte ich in einer dieser Zwickmühlen. Auf meinen Bauch hören. Das hieß ablehnen. Unhöflich sein. Oder das tun, was sie wollte. Und mich unbehaglich fühlen. Ich schüttelte leicht den Kopf, aber schon diese kleine Bewegung verstärkte den Schmerz.
    Sie betrachtete mich mit ihren kühlen, grünen Augen. »Wie war das vorhin? ›Wir vertrauen einander.‹ Oder doch nicht? Denken Sie, ich will Sie vergiften?« Sie lächelte breit. »Ich habe Ihr Misstrauen nicht verdient. Ich mag Sie wirklich und möchte nur helfen. Diese Tabletten bringe ich mir aus der Schweiz mit. Bei Kopfschmerzen kenne ich nichts Besseres.«
    Sie winkte die Kellnerin herbei und bat sie, mein Glas mit frischem Wasser zu füllen. »Warten Sie bitte kurz«, sagte sie zu ihr.
    Nun lag es offen auf dem Tisch, mein Misstrauen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich aus der Situation herauskam, ohne sie direkt vor den Kopf zu stoßen. Und es kostete enorme Energie, mich ihr zu widersetzen. Energie, die ich nicht hatte. Warum sollte sie auch lügen? War ich schon restlos paranoid? Sie würde mich ja nicht vor den Augen der Kellnerin vergiften.
    Ich schluckte die zwei Tabletten herunter, spülte mit dem Wasser nach.
    Â»Gut gemacht«, sagte Vanessa Ott und zu der Kellnerin gewandt: »So, nun möchte ich zahlen, alles zusammen.«
    Der Schmerz hinter meinen Schläfen war so stark, dass mir schwindelte. Ich stützte meinen Kopf in die Hände. Vanessa Ott nahm meine Handtasche von der Stuhllehne.
    Â»Ich hole meinen Wagen aus der Tiefgarage. Sie bleiben noch hier sitzen. Ich halte vor der Tür, Sie kommen dann raus, und ich fahre Sie nach Hause.«
    Ich fühlte mich willenlos. Ihre Ansagen waren klar und bestimmt, und ich hatte nicht die Kraft, mich zu widersetzen. Ich wollte es auch nicht. Es tat gut, dass jemand die Regie übernahm. Ich dachte an zu Hause, an mein Bett in meinem kühlen Schlafzimmer. Ich war so müde …

5
    Ich lag auf meinem Bett und hörte Vanessa Ott in meiner Küche herumkramen. Sie hatte darauf bestanden, mich bis in die Wohnung zu begleiten, hatte zuerst das Fenster geschlossen und das Holzrollo heruntergelassen. »Es kommt

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