Die Beschützerin
zu sperren. Sonst verlieren Sie.«
Ich schluckte, trotzdem konnte ich mir die Frage nicht verkneifen. »Macht Ihnen Ihr Job eigentlich Spa�»
»Natürlich. Ich habe die Chance, wirklich etwas zu gestalten. Ich habe Einfluss. Ich kann Unternehmen komplett umkrempeln.«
»Und Sie?«, fragte sie nach einer kurzen Pause. »GenieÃen Sie es nicht auch manchmal, Macht zu haben?« Sie lächelte nicht bei diesen Worten.
»Nein«, sagte ich spontan und bereute es sofort. Nicht, dass sie nun dachte, ich wäre nicht in der Lage, meine Abteilung zu führen. »Ich meine, klar, ich gebe schon die Richtung vor, aber am liebsten ist es mir, wenn es mir gelingt, alle zu überzeugen.«
»Hauptsache Harmonie?«
Ihr ironischer Tonfall regte mich auf, aber das sollte sie mir nicht anmerken. »Solange es möglich ist, ja.«
Sie warf mir einen amüsierten Blick zu. »Haben Sie eigentlich Angst vor mir?«
»Natürlich. Sie krempeln Unternehmen komplett um.«
»Immer höflich, immer freundlich. Wie sieht das wohl aus, wenn Sie richtig wütend werden? Oder wenn Sie in Panik geraten?«
»Panik?«, fragte ich betont locker. »Na, ich denke, so schlimm wird es nicht kommen.«
»Nicht, solange ich auf Sie aufpasse.« Sie tupfte sich den Mund mit der Serviette ab. »Aber nun reden wir schon wieder über die Arbeit. Sie sollen sich doch ein wenig erholen.«
»Was ist mit meiner Abteilung?«, fragte ich. »Wird es da Einschnitte geben? Können Sie mir dazu etwas sagen?«
Ihr Körper verspannte sich. »Ich darf eigentlich nicht darüber reden. Das Gutachten ist noch nicht abgeschlossen.«
»Sie sagten, wir vertrauen einander.«
»Tun wir das?» Sie lächelte spöttisch. »Also gut. Herr Winter und ich sind da nicht einer Meinung.«
Ich hörte unter Hochspannung zu. Nun würde ich die Hintergründe des Streits verstehen. »Warum?«
»Er bildet sich was auf seine Erfahrung ein. Die hat er zweifelsohne. Er hat mehr Projekte geleitet als ich, denn ich war im letzten Jahr mehr ⦠im Hintergrund tätig. Aber er ist durch die vielen Einsätze oberflächlich geworden. Hauptsache, eine schnelle Lösung. Wie der Kunde auf Dauer damit klarkommt, interessiert ihn wenig. Was das Event-Marketing angeht, will er ein paar Leute einsparen. Das wird üblicherweise erwartet. Aber ich weigere mich, dem zuzustimmen. Ich habe eine ganz andere Idee. Eine, in der die Abteilung in der jetzigen GröÃe bestehen bleiben kann.«
»Was für eine Idee ist das?«
Sie drückte kurz meine Hand. »Ganz ruhig. Es wird alles gut. Ich kann darüber noch nicht sprechen.«
War es das gewesen, was sie in dem Streit mit Mark Winter über die Human Resources gesagt hatte? Wenn ich ihr glaubte, dann war sie diejenige, die sich für mich und meine Leute einsetzte, während Mark Winter eine Gefahr darstellte. Ich entspannte mich ein wenig, aber mein Misstrauen blieb. Was hatte Mark Winter gemeint, als er sie vor einer »weiteren Katastrophe« gewarnt hatte?
»Nun ist aber Schluss mit den Zukunftssorgen. Es ist so herrliches Wetter«, meinte Vanessa Ott. »Haben Sie denn was Nettes geplant für das Wochenende?«
»Bisher nicht.« Mir war nicht mal bewusst gewesen, dass es Freitagnachmittag war.
»Bestimmt hat Ihr Freund sich schon was einfallen lassen.«
»Ja, vielleicht.« Ich fühlte mich unendlich müde, die Kopfschmerzen waren stärker geworden, und das Gespräch strengte mich an. Doch ich befürchtete, sie würde keine Ruhe geben, bis ich ihr irgendetwas über meine Pläne erzählte.
»Vielleicht fahre ich an die Ostsee. Ich habe ein kleines Segelboot.« Die Vorstellung allein war schon wunderbar. Am Meer würde ich abschalten können â¦
»Wirklich? Wo liegt es denn?«
»In der Nähe von Wismar.«
»Das klingt doch herrlich. Ich habe auch etwas Nettes vor«, sagte sie. »Stellen Sie sich vor, ich treffe Jörg Ermgassen in München. Ich habe ihn vor ein paar Tagen hier kennengelernt. Wir wollen mal essen gehen.« Sie lächelte. »Keine Sorge, verführen lasse ich mich nicht. Vielleicht kommt mein Freund auch mit.«
Ob sie von Jörg verführt wurde oder nicht, war meine geringste Sorge, aber wenn ich mir vorstellte, er erfuhr durch Vanessa Ott von der Sparversion des Smiling Kids Day â¦
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