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Die beste Frau der Space Force

Die beste Frau der Space Force

Titel: Die beste Frau der Space Force Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Lift, ehe sie den Gedanken zu Ende verfolgen konnte, und Stone drückte den Knopf zur 19. Etage, der Kommandoebene. Die Türen glitten lautlos zu, und auch die Fahrt verlief diesmal wie gewohnt - sehr schnell und fast unmerklich, ohne die allerkleinste Erschütterung. Sie überlegte, ob sie Stone fragen sollte, was mit den Leuten unten in der Halle los war, tat es aber dann nicht. Wahrscheinlich war gar nichts mit ihnen los. Sie hatten Angst, das war alles. Und verdammt noch mal, sie hatten allen Grund dazu. 

29. November 1998
    Der Abend, an dem die Invasion wirklich begann, unterschied sich kaum von denen davor: Die Welt befand sich seit drei Monaten in einer Art Schockzustand, und daran hatte sich nichts geändert, seit die Nachricht vom Verschwinden der Wissenschaftler und Soldaten aus der Nähe des Sternenschiffes an die Öffentlichkeit gedrungen war. Becker und seine Leute hatten alles versucht, aber natürlich ließ es sich nicht geheim halten. Und natürlich geschah genau das, was Tausende von berufsmäßigen Schwarzsehern prophezeit hatten: Die Welt stürzte ins Chaos. Aber dies war Charitys ganz persönliche Geschichte, und sie gehörte zu den wenigen - vielleicht Glücklichen -, die sehr wenig von all den entsetzlichen Begleiterscheinungen dieser noch gar nicht stattgefundenen Invasion mitbekamen, ganz einfach, weil sie viel zu tief in der Geschichte drinsteckte, viel zu sehr beschäftigt war, um Zeit zu einem großen Überblick zu finden. Natürlich war sie informiert: An tausend Orten auf der Welt brach Panik aus, es entstanden Sekten, Kriege flammten auf oder erloschen jäh, die Selbstmordrate stieg um etliche tausend Prozent; und selbst wenn das Schiff in diesem Moment abhob und wieder im Weltraum verschwände, wäre der angerichtete Schaden mit einem direkten Angriff durchaus zu vergleichen. Aber die Fremden würden nicht gehen. Irgendwie wusste Charity es. Sie hatte es gespürt, schon im aller ersten Moment, als sie dort oben im Inneren dieses riesigen leeren Schiffes stand und den titanischen Block sah, und Soerensen hatte es gespürt, und alle anderen hatten es in ihren Blicken gelesen. Was immer sie vorhatten, es hatte noch nicht einmal richtig begonnen.
    Sie stand auf, schaltete den Fernseher ab, der wieder einmal eine Satellitenaufnahme des Schiffes zeigte - das Bild hatte sich in den letzten zwölf Wochen nicht verändert -, und trat auf den Balkon hinaus. Die Stadt lag still und fast dunkel unter ihr, und es war bereits empfindlich kalt, vor allem hier oben, fünfzehn Stockwerke über der Straße. New York schien ausgestorben zu sein. Nur wenige Autos krochen unter ihr über den Asphalt, die Leuchtreklamen und die Nachtbeleuchtungen der Bürohochhäuser waren abgeschaltet... Die Notstandsgesetze galten noch immer, und erstaunlicherweise wurden sie auch eingehalten. Charity fragte sich, wie lange das Leben in dieser Zehn-Millionen-Stadt noch so weiterlaufen konnte, ehe alles zusammenbrach. Wenn dieser Belagerungszustand, in den sie sich freiwillig begeben hatte, noch lange anhielt, brauchten die Außerirdischen gar nicht mehr zu kommen. Sie seufzte, leerte ihren Martini - es war der dritte an diesem Abend, und somit der letzte, den sie sich selbst gestattete - und sah auf die Uhr. Es war nach zehn. Mike war vor einer halben Stunde hinuntergegangen, um irgendwo ein paar Hamburger aufzutreiben, aber er war längst überfällig. Sie machte sich Sorgen um ihn. Die Stadt war nicht mehr sicher. Jeder dritte Wagen, der noch auf der Straße war, trug das fleckige Grün der Nationalgarde. Sie spielte einen Moment lang ganz ernsthaft mit dem Gedanken, ihr Martiniglas am ausgestreckten Arm über die Balkonbrüstung zu halten und dann in die Tiefe fallen zu lassen, und tat es dann doch nicht. Ihr Blick wanderte nach oben, suchte den Sternenhimmel ab. Es war kalt, aber wie viele kalte Novembernächte war auch diese ganz besonders klar. Über ihr flimmerten Tausende von Sternen. Alles sah so friedlich aus. So verdammt friedlich, als herrsche dort oben nichts als die große Leere, als gäbe es dort nichts, was eines Tages hierher kommen und ... 
    Ja, und was? dachte sie. Bereiteten sie wirklich einen Angriff vor? Und wenn ja, warum? So viele Fragen, auf die sie vermutlich niemals eine Antwort finden würden. Fröstelnd drehte sie sich um und ging in die Wohnung zurück. Sie schloss die Balkontür nicht, obwohl die Novemberkälte dadurch weiter ins Zimmer strömte. Immer öfter in letzter Zeit

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