Die Beste Zum Schluss
Eva unsere Freundin, aber leider verreist ist, und ich mich aber freuen würde, sie wiederzusehen. Außerdem ist Mamas Brust krank und muss im Krankenhaus operiert werden, und Mama wird ihre Haare verlieren und eine Zeit lang ein bisschen schlapp und müde sein, doch danach, danach wird sie die neuen Powerhaare bekommen, und dann wird alles gut.«
Sie lächelt mich an und wirkt ganz ruhig, fast zufrieden. Es ist, als würde dieser Ort sie ausbalancieren.
»Klingt gut.«
Sie stupst ihre Wange kurz gegen meine Schulter.
»Schön, dass du da bist.«
Wenig später winke ich ihnen nach, dann gehe ich wieder in den Garten und setze mich an den Verandatisch zu Renes Vater, während meine beste Freundin mit ihren Kindern losfährt, um ihnen zu erklären, dass sie Krebs hat.
Wir sitzen da und schauen über den Garten, der ein bisschen abschüssig liegt und in einem kleinen Bach endet, der wiederum zu einem blauen Haus führt. Früher haben wir Schiffchen Briefe transportieren lassen. Ich saß bei uns im Garten und wartete auf Schiffchen, die mir einen Zettel brachten, falls sie nicht vorher kenterten. Wenn eines kam, las ich den Zettel, der meistens unglaublich wichtige Fragen enthielt wie, wer ist deine Lieblingssängerin. Ich schrieb die Antwort auf die Rückseite, lief die Allee hoch, warf den Zettel in Renes Briefkasten, dann rannte ich zurück und wartete auf eine neue Frage. So konnten wir ganze Tage rumkriegen. Prähistorische sm s .
Renes Vater räuspert sich.
»Und, Junge, wie läuft es in Köln?«
Meine beste Freundin hat Brustkrebs, meine Verliebtheit ist ausgewandert, und im Job lief es auch schon mal besser.
»Ganz gut.«
Er nickt. Dann schauen wir wieder über den Garten. Es hat sich nicht viel verändert. Früher waren wir oft da unten bei den Beeren. Erdbeeren, Stachelbeeren, sogar Himbeeren, alles haben wir uns zusammengeklaubt. Man kann hier immer noch bedenkenlos Kinder herumstreunen lassen, anders als bei uns in der Stadt. Ein paar Vögel zwitschern, sonst ist alles ruhig.
Renes Vater holt eine Pfeife hervor, die aussieht, als wäre sie ein paar Mal geteert worden, und beginnt sie zu stopfen.
»Dieser Volker …«
Weder verändert sich seine Stimme, noch verzieht er das Gesicht, dennoch freue ich mich wieder mal, nicht Volker zu sein. »Wie macht der sich?«
»Na ja. Meistens ist er damit beschäftigt, Filme über Väter zu drehen, die sich toll um ihre Kinder kümmern.«
Er nickt bedächtig.
»Und wie oft sieht er die Lütten?«
»Unregelmäßig.«
Auch darüber denkt er gründlich nach. Maurerfolter: einen Satz pro Kelle. Oder nicht mal das. Er stopft die Pfeife gemächlich. Dann klopft er sich ein Streichholz aus der Schachtel. Dann drückt er den Tabak im Pfeifenkopf fest. Dann klappt er den Tabakbeutel wieder auf und bröselt noch ein paar Gramm obendrauf. Dann wird alles wieder zurechtgestopft.
»Hat meine Tochter zurzeit jemanden?«
Ich schüttele den Kopf. Er zündet die Pfeife an und pafft ein paar Wolken. Dann drückt er den glühenden Tabak mit einem schmerzresistenten Daumen in den Pfeifenkopf und wirft mir einen prüfenden Blick zu.
»Und ihr seid immer noch befreundet.«
Klingt wie ein Vorwurf, dennoch nicke ich. Er pafft wieder ein paar Wolken. Ich warte auf die eigentliche Frage, aber er muss erst den Weltrekord im Pausenmachen aufstellen. Eine Amsel beschwert sich in den Bäumen über irgendwas. In der Ferne rumpelt ein Zug über Gleise. Schließlich legt er die Pfeife auf den Tisch und lässt seine hellen Augen auf mir ruhen.
»Du bist seit fünf Jahren der Mann im Haus meiner Tochter«, sagt er und drückt an dem Pfeifenkopf herum. »Die Lütten vertrauen dir.«
Ich nicke und warte. Irgendwann kommt auch ein Maurer mal zu Potte.
»Was ich dabei nicht verstehe …« Er legt die Pfeife in den Aschenbecher und mustert mich aufmerksam. »Entschuldige, Junge, aber wieso seid ihr kein Paar? Sie liebt dich, und du liebst sie doch auch, oder?«
Jedes Mal wenn ich versuche, einem älteren Menschen zu erklären, wieso ich nicht mit der Frau zusammen bin, mit der ich zusammenlebe und die ich liebe und deren Kinder ich liebe, fühle ich mich anschließend irgendwie blöd. Vielleicht sollte ich ihm einfach mal sagen, dass seine Tochter schlecht im Bett ist. Ich denke, das beendet das Gespräch. Aber vielleicht auch mein Leben.
Ich ziehe die Schultern hoch.
»So wie es jetzt ist, ist es für alle perfekt. Ich glaube, wenn wir ein Paar wären, würde es nicht mehr so gut
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