Die besten Freunde meines Lebens - Roman
verdattert, um etwas sagen zu können, nickte sie nur.
»David und ich sind zwar Männer, aber wir sprechen hin und wieder. Und manchmal sogar über dich.«
Vor Rührung schossen Jo Tränen in die Augen. »Ich … Danke. Entschuldigt. Ich war so damit beschäftigt, mich von einem Tag zum nächsten zu hangeln, dass ich gar nicht mehr zum Nachdenken gekommen bin.«
»Doch«, wandte David ein. »Du hast nachgedacht, hast dich den Problemen gestellt und Capsule Wardrobe sicher durch unruhiges Fahrwasser navigiert. Dafür empfinde ich Hochachtung. Aber du brauchst Unterstützung, eine erfahrene Kraft, nicht nur eine Assistentin. Hast du schon jemanden gefunden?«
»Kann sein. Sie ist nicht ideal. Nur halb ideal. Und darüber wollte ich mit euch reden. Sicher, es heißt, niemand ist unersetzbar, aber ich habe den Stellenmarkt durchforstet, und es ist verdammt schwer, jemanden mit Niccis speziellen Fähigkeiten zu finden. Deshalb … Ich muss aufhören, nach einem Nicci-Double zu suchen und eine andere Strategie einschlagen. Kurzum, ich finde, wir sollten zwei neue Leute einstellen.«
Sie nahm ein Blatt Papier vom Stapel und schob es über den Tisch. Es war eine grafische Darstellung ihrer vorgeschlagenen Personalstruktur. Wo einst Nicci und Jo nebeneinandergestanden hatten, Jo für die Betriebswirtschaft und Nicci für den kreativen Teil, befand sich jetzt nur noch Jo als Generaldirektorin. In der Zeile darunter standen eine Chefin für den Einzelhandel, eine Chefeinkäuferin und eine Chefstylistin. Alle drei waren verpflichtet, ihre Tätigkeit mit Jo abzusprechen.
»Niccis Job wird auf zwei Personen aufgeteilt, eine Einkäuferin und eine Stylistin«, erklärte sie. »Beide Mitarbeiterinnen übernehmen die zusätzliche Arbeit, die mit unserer Internet-Expansion einhergeht. Beide sind mir gegenüber weisungsgebunden, und die Geschäftsführer der Läden sind der Leiterin des Einzelhandels unterstellt, die damit einen neuen Wirkungsbereich erhält. Ich denke, ich werde Yvonne den Posten übertragen, dann dürfte es nicht zu teuer werden. Sie leitet das Hauptgeschäft seit drei Jahren und hat Erfahrung im Marketing. Das sind also drei neue Posten, aber nur zwei neue Angestellte. Da ich die Firma allein leite, kann ich nicht jedes Detail des Einzelhandels und der Internet-Ver käufe überwachen. Die Personalkosten werden natürlich stei gen, da Nicci und ich uns nur Gehälter ausbezahlt haben, wenn Capsule Wardrobe es sich leisten konnte. Aber ich sehe keine andere Möglichkeit. Ich habe hin und her überlegt …«
»O ja«, unterbrach Si. »Vor allem um drei Uhr nachts.«
Erschrocken sah Jo ihn an. »Habe ich dich etwa geweckt?«
Si lachte. »Ob du mich geweckt hast? Ach, Schatz, jede verdammte Nacht. Mach dir darüber keine Gedanken. Das ist im Ehevertrag inbegriffen.«
»An wen denkst du?«, fragte David, das Gespräch – nicht sehr subtil – wieder auf das eigentliche Thema lenkend.
»Als Einkäuferin möchte ich Nadine Cameron haben. Sie ist jung, aber äußerst fähig. Ausbildung bei Selfridges, Erfahrung im Internethandel, gute Kontakte. Ich könnte mir vorstellen, dass sie schnell ein Gefühl für die Wünsche unserer Kundinnen entwickeln wird und gut in unserTeam passt. Und die Stylistin … Sie sollte eher mit Styling und Promi-Klamotten Erfahrung haben als mit dem eigentlichen Einkauf.«
Das Klingeln der Türglocke unterbrach sie.
»Wer ist das denn?«, fragte Jo.
»Wahrscheinlich Zeugen Jehovas oder ein Vertreter«, sagte Si. »Ich werde sie abwimmeln.«
»Hört sich gut an«, sagte David, nachdem Si in der Diele verschwunden war. »Ich vertraue dir, und wenn du das für den richtigen Weg hältst, meinen Segen hast du. Wann kann diese Nadine anfangen?«
»Das ist der Haken. Sie hat drei Monate Kündigungsfrist. Das ist heutzutage bei allen Fachkräften so. Sie glaubt jedoch nicht, dass man sie darauf festnageln wird. Schlimmstenfalls wären es zwei Monate, meint sie, da ihr noch drei Wochen Urlaub zustehen. Es ist ein Risiko, aber …«
»Oh, Verzeihung, Jo, störe ich?«
Mona kam in die Küche, gefolgt von Si, der hilflos die Achseln zuckte, als wollte er sagen: »Was hätte ich denn tun sollen?« Stöhnend zog Mona ihr klatschnasses Sakko aus. »Herrgott, und das nennt sich Sommer!«
»Du warst zu lange in Australien«, sagte David. »Hier war der Sommer noch nie anders. Du kannst meinen Stuhl haben. Ich rufe rasch zu Hause an, um Lizzie zu fragen, ob die Kinder brav ins Bett gegangen
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