Die besten Freunde meines Lebens - Roman
herumfummelte. »Ich habe ganz vergessen … Dan … Ich muss …«
»Komm, ich helfe dir.«
David entsperrte die Sicherung und öffnete die Tür. »Eines dieser Schlösser, für das man beide Hände braucht.«
»D-danke.« Monas Stimme war belegt und ihr Gesicht halb hinter den Haaren versteckt, die sich aus dem Nackenknoten gelöst hatten.
»Mona.« Jo stand in der Küchentür. »Was ist los? Hab ich irgendetwas Falsches gesagt?«
»Nein, nein.« Monas Stimme schraubte sich zu einem Schrillen hoch. »Mir geht’s gut, okay? Ich habe nur etwas vergessen. Deshalb muss ich nach Hause.«
David bedeutete Jo mit einem Blick, dass er sich um die Sache kümmern werde, worauf Jo verwirrt in die Küche zurückkehrte.
»Ich werde dich begleiten«, sagte David. »Es ist ja nicht weit, und der Regen hat aufgehört.«
»Echt nicht nötig«, erwiderte Mona. »Ich bin wirklich okay.«
Er war sich nicht sicher, aber für ihn hörte sie sich an, als würde sie jeden Moment zu weinen beginnen. Was um alles in der Welt hatte er verpasst? Er war nur wenige Minuten draußen gewesen.
Er hielt ihr das Tor auf, und da sie keinen weiteren Protest einlegte, ging er im Gleichschritt neben ihr her.
Die Geschichte mit Mona lag David schwer im Magen. Er hatte ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen, fühlte sich in ihrer Gegenwart verlegen und peinlich berührt. Diese vermaledeiten Briefe hatten ihrer aller Leben kompliziert. Er wusste, er hatte sich schlecht benommen, und das war eigentlich gar nicht seine Art. Viele seiner Kumpel waren richtige Rüpel, vor allem, was Frauen anging, doch er war anders. Schon während der Studentenzeit, als seine Kommi litonen, wenn sie betrunken genug waren, alles abschleppten, was zwei Beine hatte, war es für David immer wichtig gewesen, dass er sich am nächsten Morgen noch im Spiegel ansehen konnte.
Von Niccis Briefen hatte Mona definitiv den heikelsten erhalten.
Zu Beginn hatte er es nur lächerlich gefunden und ange nommen, Mona würde das ähnlich sehen. Zu seiner Schande musste David bekennen, dass er sogar überlegt hatte, ob sich der Krebs womöglich bis in Niccis Hirn durchgefressen hatte. Er hatte nicht gewagt, diesen Gedanken zu äußern, und wollte das auch nicht als Ausrede benutzen, um Niccis Letzten Willen zu umgehen, so abwegig ihm dieser auch vorkam.
David hatte Niccis Motive von allen Seiten beleuchtet, wenn er nachts wach lag und dem Atmen seiner Töchter lauschte. Oder am Fußende ihrer Betten in dem alten Schau kelstuhl saß – früher Niccis bevorzugter Platz zum Stillen – und ihren Schlaf bewachte. Er war zu dem Schluss gelangt, dass Niccis Letzter Wille ein verzweifelter Versuch war, ihre Freundinnen und ihn zusammenzuschweißen, damit er in der schweren Zeit nach ihrem Tod Unterstützung erhielt.
Man durfte Niccis Letzten Willen nicht wortwörtlich nehmen, quasi als Auftrag, dass er mit Mona ins Bett ging.
Wie sie mit Jos Ernennung als Ersatzmutter auch nicht gemeint hatte, dass Jo seine Töchter täglich ankleidete, zur Schule brachte und für sie kochte. Nein, Nicci hatte ihm damit einfach nur Hilfe zukommen lassen wollen, damit Harrie und Charlie eine weibliche Bezugsperson hatten, eine Frau, an die sie sich wenden konnten, wenn sie über »Mädchenthemen« reden wollten. Und dafür war Jo die perfekte Wahl.
Und Lizzie … Sie hatte, für alle unerwartet, die Freuden der Gartenarbeit für sich entdeckt. Kluge Nicci. Und erstaunlicherweise machte es ihm nichts mehr aus, wenn sie unangemeldet bei ihm auftauchte. Vielmehr fand er den An blick, wie sie über den Beeten kauerte, seltsam beruhigend.
Aber die Sache mit Mona machte ihm zu schaffen. Er kam sich schäbig vor, weil er sich so panisch verhielt und ihr freundschaftliches Angebot, mit ihm essen zu gehen, so brüsk abgelehnt hatte. Er hätte ihr vorschlagen sollen, auf einen Drink vorbeizukommen und über die ganze Sache zu reden. Schließlich bemühte sie sich nur, das zu tun, was sich Nicci, ihrer Meinung nach, von ihr gewünscht hatte. Weiter nichts. Und er verstand das. Auch er bemühte sich, Niccis Wünschen gerecht zu werden.
Als sie nun, jeder in seine Gedanken versunken, nebeneinander hergingen, war das Schweigen zwischen ihnen nicht angespannt. Eher kameradschaftlich. Und warum auch nicht? Schließlich kannten sie sich seit vielen Jahren. Hin und wieder versuchte David, einen Blick auf Monas Gesicht zu erhaschen, doch sie hielt den Kopf gesenkt und den Blick auf das Pflaster
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