Die besten Freunde meines Lebens - Roman
Kleiderschrank lag.
»Ich habe mich nur gefragt, ob du nicht lieber eine neue Geschirrspülmaschine haben willst«, sagte er. Und duckte sich, um dem halbherzig geschmissenen Kissen auszuweichen.
Jetzt standen die Louboutins neben ihm. Fleckenlose rote Sohlen, knitterfreies Leder. Nachdem er vorhin drei Kisten mit Niccis Weihnachtsschmuck vom Dachboden geholt hatte, hatte ihn irgendetwas zu ihrem Schrank gezogen. Bis jetzt hatte er sich davon ferngehalten. Hatte sich an ihre strikte Anweisung gehalten, den Schrank Jo, Mona und Lizzie zu überlassen. Dem Verscherbler-Bewahrer-Spender-Komitee, wie sie die drei in ihrem Brief bezeichnete. Doch heute, am ersten Dezember – dem offiziellen Start von Niccis Weihnachten – konnte er sich nicht länger zurückhalten.
* * *
Die Louboutins
Das letzte Weihnachten
Auf dem iPod lief der Soundtrack von The Snowman . Sie hatten sich jede nur mögliche Filmversion der Weihnachtsgeschichte angesehen, die letzten beiden zum Glück ohne Ton. Und müsste David noch ein einziges Stück mit Trockenfrüchten gefüllten Mince Pie essen, würden sich seine Augen in Korinthen verwandeln. Seine Jeans passten ihm morgen jedenfalls nicht mehr. Alles war so, wie es sein sollte. Perfekt.
Harrie und Charlie lagen der Länge nach ausgestreckt auf ihm, erschöpft vor Aufregung, vollgestopft mit Schokolade und fasziniert davon, dass ein dicker Mann mit Bart heute Nacht durch den Kamin hereinrutschen würde und dies lustigerweise in Ordnung war. Und zwar so absolut in Ordnung, dass sie ihm Mince Pie und Baileys hinstellen mussten. Als Gegengabe würde der dicke Mann dann einen Kissenbezug mit Spielzeug für sie füllen. Was du so erzählst, verrieten ihre Mienen, als sie sich in ihren identischen karierten Flanellpyjamas an ihn kuschelten. Kleine Engel, die mit ihren zweieinhalb Jahren bereits so skeptisch waren wie ihre Mutter.
Neben ihm döste diese Mutter auf der Designerliege, die er gekauft hatte, um es ihr so bequem wie möglich zu machen. Während er zusah, wie sich ihre Brust hob und senkte, ihre Lider flatterten und hinter ihr auf dem Fernsehbildschirm Albert Finney herumzappelte, stiegen David plötzlich Tränen in die Augen. Einen Moment gestattete er sich, das Unvorstellbare zu denken. Doch das durfte er nicht, wenn er die nächsten Tage heil überstehen wollte.
Er wollte Nicci nicht stören, sehnte sich jedoch verzweifelt danach zu spüren, dass das Leben noch immer in ihr pulsierte, und so strich er mit dem Finger zart über ihre Hand.
Ihre Lider flatterten auf. »Alles in Ordnung, Liebster?«, flüsterte sie.
»Ja, bestens. Schlaf ruhig weiter.«
Und die Augen schlossen sich wieder.
Ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf, den er sofort wieder verbannte: Dies würde er als ihr letztes gemeinsames Weihnachtsfest in Erinnerung behalten.
»Komm schon, mach es auf«, drängte David.
Nicci lächelte.
»Willst du uns etwa weismachen, es sei eine Überraschung?«, bemerkte Jo lachend. »Das wäre wahrlich das erste Mal.« Sie hatte natürlich recht. Krebs hin oder her, alles war mit militärischer Präzision bis ins letzte Detail organisiert.
David und Nicci wechselten einen verschwörerischen Blick.
»Also ehrlich«, rief Mona mit gespielter Empörung, »du bist nicht zu bremsen, was? Ich wette, du hast sämtliche Online-Shops leer gekauft.«
David pflasterte sich ein Lächeln ins Gesicht. Weil ich mich vom Tod nicht bremsen lassen konnte. Der Satz setzte sich in seinem Hirn fest. Ungebeten, unerwünscht … Der Tod hat freundlicherweise für mich auf die Bremse gedrückt.
»Die sind ja irre!«, rief Lizzie, als Nicci aus einer braunen Schachtel mit weißem Aufdruck ein Paar schwarze, mit Strass besetzte, hochhackige Pumps herausholte.
David hörte, wie Gerry »Nuttenschuhe« murmelte.
»Ach ja?«, fragte Nicci, an Gerry gewandt.
Oh-oh, dachte David.
»Diese Schuhe …«, begann sie in dem dozierenden Ton, den sie anschlug, wenn sie Banausen eine Lektion in Mode erteilte.
»Aufgepasst!«, lästerte Mona, doch Nicci ignorierte sie.
»Diese Schuhe«, wiederholte sie, »sind Designklassiker. Sammlerstücke. Wertvoll genug, um sie an meine Babys zu vererben.«
Sie bückte sich, um ihre Schuhe auszuziehen, und zuckte dann mit gequälter Miene zusammen. »Hey, Schatz«, sagte sie mit gepresstem Lächeln zu David. In ihren Augen flackerte Angst. »Hilf mir doch bitte beim Anprobieren.«
David kniete sich vor seine Frau, zog ihr erst den einen, dann den anderen
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