Die besten Freunde meines Lebens - Roman
Situation.
David sprach weiter. »Danke. Oder nein. Offen gesagt weiß ich nicht, was Nicci sich bei dieser ganzen Geschichte gedacht hat. Ich meine, ich mag dich – ehrlich, das kannst du mir glauben –, aber es ist noch viel zu früh, um daran zu denken, mich mit jemandem … Nein, trotzdem vielen Dank, aber …«
Mona ertrug es nicht länger. »Es ist in Ordnung, David. Wirklich. Vergiss es einfach.« Sie legte auf, um ihm keine Gelegenheit zu geben, die Sache noch schlimmer zu machen, als sie ohnehin schon war.
Verdattert blickte David auf das Telefon in seiner Hand. Das Plastik war noch warm, die Schwingungen vibrierten nach wie vor durch seine Hand, seine Knöchel waren immer noch weiß vom festen Umklammern des Hörers.
War das eben wirklich passiert?
Prüfend warf er einen Blick aus dem Fenster. Ja, die Sonne stand noch hoch am wolkenlosen Himmel. Charlie und Harrie weilten noch bei seinen Eltern. Im Radio lief immer noch die Übertragung des Kricketspiels. Der Rasenmäher lag verlassen auf der noch nicht ganz trockenen Wiese. Alles war so wie vorher – und trotzdem hatte sich alles verändert.
Hatte Mona das wirklich so gemeint? Hatte sie ihn tatsächlich um ein Rendezvous gebeten? Nicci war noch kein halbes Jahr tot. Was war bloß in Mona gefahren?
Er legte den Hörer auf, ging zum Kühlschrank, holte sich eine Flasche Becks heraus, schnippte den Verschluss mit dem Stiel eines Löffels ab und trank einen tiefen Schluck.
Die verfluchte Nicci war in sie gefahren. Wer sonst?
Davids Straße war wie ausgestorben, als Lizzie einbog. Die typische Sonntagmittagsstille.
Niccis grüner Mini parkte vor dem Haus. Lizzie ließ den Blick über die geparkten Autos gleiten, um nach Davids Minivan Ausschau zu halten. Der Van stand weder vor der viktorianischen Doppelhaushälfte noch vor den etwas kleineren Häusern gegenüber. Demnach war David nicht zu Hause, genauso, wie Lizzie gehofft hatte.
Ein paar Häuser weiter entdeckte Lizzie eine Parklücke und stellte ihren Renault ab. Sie wollte Davids Sonntagsruhe nicht stören. Oder um bei der Wahrheit zu bleiben: Sie wollte nicht von ihm gestört werden. Doch wenn er außer Haus war, konnte sie friedlich in seinem Garten arbeiten, ihren Frust an dem riesigen – und namenlosen – Strauch ablassen, der den Weg zum Gewächshaus blockierte. Sie würde dem Strauch zu Leibe rücken, selbst wenn sie ihn dabei umbrachte. Sowieso ein hässliches Ding. Sie verstand nicht, warum Nicci ihn überhaupt gepflanzt hatte.
Es würde eine Erleichterung sein, sich mit etwas anderem zu beschäftigen. Während der ganzen Fahrt – sie hatte nur einen kurzen Abstecher nach Hause gemacht, um Jeans, T-Shirt und Turnschuhe anzuziehen – hatte ihr vor Problemen der Kopf geschwirrt: Mum, ihr Job, Gerry, Mum …
In den vergangenen drei Jahren war Niccis Haus immer die Zapfsäule gewesen, an der sie sich nach den Pflegeheimbesuchen wieder auftankte. Sich kopfüber in die Gesellschaft von Freunden und kalten Weißwein stürzte. Aber was nun, da Nicci nicht mehr da war, um ihr ein Glas einzuschenken, ihren Problemen zu lauschen und ihr Rat zu erteilen? Solange David nicht da war, konnte Lizzie zumindest die Ruhe des Gartens genießen, sich ganz dem Stutzen und Unkrautjäten hingeben und für ein paar wunderbare Stunden alles andere vergessen.
Lizzie hatte Spaß am Gärtnern. Wer hätte das gedacht? Ihre Mutter hatte immer gesagt, Gartenarbeit sei Therapie. Lizzie hatte das nie geglaubt. Jetzt verstand sie es.
Nachdem David die Seitentür zum Garten etwas abgeschliffen und das warme Wetter das Holz getrocknet hatte, hing die Tür nicht mehr aufgequollen und verzogen in ihrem Rahmen. Lizzie hatte das Öffnen zu einer Kunst entwickelt. Eine Drehung des Schlüssels, ein leichtes Schieben mit der Schulter, während sie gleichzeitig die Klinke anhob, und schon war sie drin. Sie schloss die Tür hinter sich, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Hier drinnen war es noch stiller. Das Murmeln eines Radios, vermutlich aus dem Nachbarhaus, das dumpfe Geräusch eines aufschlagenden Balls ein paar Häuser weiter, das entfernte Dröhnen eines Rasenmähers. Sie merkte, wie die Anspannung von ihr abfiel, wie jedes Mal, wenn sie hierherkam. Rasch deponierte sie Handtasche und Jacke auf der Terrasse und eilte in den Garten hinaus.
Sekunden später blieb sie wie angewurzelt stehen.
Vom hohen Gras fast verdeckt lag da Davids Rasenmäher, auf die Seite gekippt, der Auffangbehälter
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