Die Bestie
Axialebene erfolgt und alle Gegenmomente und sekundären Kräfte aufgehoben sind. In diesem Zustand kann das Triebwerk entlang einer Welle geschoben, aber nicht gezogen werden. Das Feld ist so stark, daß ...
Die Erwähnung einer Welle brachte die endgültige Gewißheit. Er erinnerte sich nur zu gut an seine eigene gewaltsame Entdeckung, daß die Abtriebswelle nicht aus der Maschine herausgezogen werden konnte.
Das Genie, das hinter dem unglaublichen Atommotor stand, war Dr. Grayson.
Pendrake fühlte sich plötzlich von Schwäche übermannt. Er lehnte sich im Sessel zurück. Der Gedanke kam: »Muß hier schleunigst verschwinden. Jetzt, da ich das Geheimnis entdeckt habe, darf ich mich unter keinen Umständen erwischen lassen.«
Das wilde Gefühl des Triumphs stellte sich jedoch erst dann ein, als er die Haustür hinter sich zugezogen hatte. Er schritt die Straße hinunter, und seine Gedanken wirbelten in derart ungezügelter Begeisterung durcheinander, daß er wie ein Betrunkener schwankte. Er verzehrte eine Meile weiter ein Frühstück in einer Imbißstube, als die Reaktion kam: Also Dr. Grayson, der berühmte Gelehrte, war der Mann hinter der Wundermaschine! Und was nun?
Nachdem er geschlafen hatte, meldete er ein Ferngespräch mit Hoskins an. »Es ist unmöglich«, dachte er, als er auf die Herstellung der Verbindung wartete, »daß ich dieses wahnwitzige Unternehmen weiterhin ganz allein durchführe.«
Wenn ihm etwas zustoßen sollte, würde alles, was er bisher herausgefunden hatte, wieder in der tiefen Dunkelheit zerrinnen und vielleicht niemals wieder ans Tageslicht kommen. Schließlich befand er sich hier, weil er sich den Treueeid seiner Nation gegenüber ins Gewissen gerufen hatte.
Seine Grübelei endete, als die Stimme im Telefon sagte: »Mr. Hoskins weigert sich, Ihren Anruf entgegenzunehmen, Sir.«
Sein Problem schien ebenso alt zu sein wie seine Existenz. Als er an diesem Nachmittag in der Hotelbücherei saß, kehrten seine Gedanken immer wieder zu der Einsamkeit seiner Position zurück, zur Erkenntnis, daß alle Entscheidungen bezüglich der Maschine von ihm selbst gefällt und in Aktion umgesetzt werden mußten. Was für ein unglaublicher Narr war er doch gewesen! Es wäre vielleicht das beste, die ganze miserable Angelegenheit zu vergessen und nach Crescentville zurückzukehren. Haus und Grundstück dort brauchten Pflege für den bevorstehenden Winter. Aber er wußte, daß er nicht gehen würde. Was würde er in jenem einsamen Städtchen in den langen Tagen und längeren Nächten der kommenden Jahre tun?
Da war nur die Maschine. Seine ganze Freude am Leben, die Wiedergeburt seines Geistes, das Gefühl des Erwachens datierten von jenem Moment, als er das torusförmige Ding gefunden hatte. Ohne das Triebwerk, oder vielmehr ohne die Suche nach dem Triebwerk wäre er eine verlorene Seele.
Nach einer zeitlosen Weile wurde er plötzlich des Gewichts des Buches in seiner Hand gewahr und erinnerte sich an den Grund seines Hierseins in der Bücherei. Das Buch war die 1968-Ausgabe der Hilliard-Enzyklopädie, und es enthüllte, daß Dr. McClintock Grayson im Jahre 1911 geboren war, daß er eine Tochter und zwei Söhne hatte, und daß er wesentliche Beiträge zur Spaltungstheorie der Kernphysik geleistet hatte.
Über Cyrus Lambton verzeichnete die Enzyklopädie:
»... Fabrikant und Philantrop, gründete er im Jahre 1952 das Lambton-Institut. Seit dem Ende des Krieges hat sich Mr. Lambton aktiv für eine Zurück-aufs-Land-Bewegung zu interessieren begonnen. Das Hauptquartier dieser Richtung befindet sich in ...«
Pendrake ging schließlich in den warmen Oktobernachmittag hinaus und kaufte ein Auto. Die nächsten Tage wurden für ihn zur eintönigen Routine. Morgens beobachtete er Grayson beim Verlassen seines Hauses, folgte ihm, bis er im Lambton-Gebäude verschwand, und beschattete ihn abends wieder auf dem Nachhauseweg. Es schien sich zu einem endlosen, sinnlosen Spiel zu entwickeln.
Doch am siebzehnten Tag trat jäh die langerwartete Veränderung ein. Um ein Uhr mittags erschien Grayson eiligen Schrittes aus dem Bauwerk aus Aerogel-Plastik, das die Lambton-Stiftung beherbergte.
Schon die Tageszeit an sich war ungewöhnlich. Doch wurde es unmittelbar darauf noch klarer, warum sich dieser Tag von den anderen unterschied. Der Wissenschaftler schenkte seiner grauen Limousine, die neben dem Gebäude geparkt stand, keine Beachtung, sondern ging zu Fuß einen halben Block zu einer
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