Die Bestien - Thriller (German Edition)

einziger Lichtstrahl herein, und ganz gleich, wie lange Hal auch wartete, seine Augen gewöhnten sich einfach nicht an die Dunkelheit.
    Er lag irgendwo begraben, und von dem nassen Geruch der frisch umgegrabenen Erde wurde ihm ganz übel. Und dazu diese schrecklichen Schmerzen. Es waren nicht dieselben Schmerzen, unter denen er gelitten hatte, nachdem er die alte Dose geöffnet hatte – dies waren vollkommen andere Qualen. Sein Mund schmeckte nicht mehr nach widerlichem Abwasser, und sein Körper fühlte sich auch nicht mehr so an, als sei er von einem Lastwagen überrollt worden – stattdessen fühlte er sich jetzt, als habe man ihn auseinandergerissen und vollkommen zerfetzt. Jeder einzelne Teil seines Körpers tat entsetzlich weh, selbst seine Eingeweide. Er konnte einfach nicht glauben, dass seine eigenen Hunde dafür verantwortlich waren.
    Nein, sie waren das nicht. Es war Jim. Dieser Hurensohn hat mich reingelegt.
    Er konnte nicht um Hilfe rufen – seine Stimmbänder funktionierten nicht mehr – und er konnte sich auch nicht ausgraben, da seine beiden Arme nur noch nutzloser, toter Ballast waren.
    Er war in seinem Grab gefangen, wie lange, wusste nur Gott allein.
    Auf seiner Brust lag eine Schwere, die, das wusste er genau, nur eine einzige Ursache haben konnte – die Dose. Sie war so ziemlich das Einzige, was er noch spürte, abgesehen von den Schmerzen.
    Was ihm darüber hinaus Sorgen bereitete, war, dass er nicht wusste, ob er in einem frisch ausgehobenen oder einem bereits benutzten Grab lag, denn vielleicht bildete er es sich ja nur ein, aber er hatte das Gefühl, hier unten nicht allein zu sein.
    Und dann hörte er noch die Tiere. Auch wenn sie sich allem Anschein nach recht weit entfernt aufhielten, waren sie doch sehr beharrlich, und Hal wünschte sich, sie würden in Gottes Namen endlich aufhören. Sie knurrten und fauchten um ihn herum, seit er in der Dunkelheit erwacht war.
    Allmählich hörte er jedoch noch ein weiteres Geräusch. Ein vollkommen anderes Geräusch, das immer lauter wurde: das Heulen Hunderter weinender Seelen.
    Hal wollte sich die Ohren zuhalten, aber er vermochte es nicht.
    Hört auf!, brüllte er, aber niemand reagierte darauf.
    Dann entstieg dieser Kakofonie des Weinens ein weiteres Geräusch – das Schreien einer Frau. Es war ein vertrautes Geräusch, das er jedoch seit Jahren nicht gehört hatte. Als er diese Schreie das letzte Mal gehört hatte, hatte er mit einer Waffe auf Ruths Gesicht gezielt und ihr dabei gesagt, er werde einen Sohn bekommen, auch wenn er dafür ihre eigene Tochter ficken müsse.
    Je länger er zuhörte, desto mehr glichen die Schreie etwas anderem. Die Schreie seiner toten Frau, so laut und unmittelbar, als liege sie direkt neben ihm, hörten sich eher wie Gelächter an.
    Ja, er war sich jetzt ganz sicher.
    Sie schrie gar nicht. Sie lachte ihn aus. Und das war eine schlimmere Folter als alles andere.

Brett McBean

    Brett McBean wurde 1978 in Melbourne, Australien, geboren. Dort lebt er mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter Vanessa.
    Er studierte Musik (Leistungskurs Schlagzeug/Percussion) am Box Hill College, widmet sich aber seit dem Abschluss ganz dem Schreiben von harten Thrillern.
    www.brettmcbean.com
    Scott Nicholson: Brett McBean ist so rotzig und brutal wie ein junger Jack Ketchum. Er zeigt die dunklen Räume in uns allen.
    Brian Keene: McBeans Stimme muss man gehört haben – ein Hauch von Laymon und Koontz, doch absolut seine eigene.
    Brett McBean bei FESTA:
    Die Mutter – Die Bestien – Das Motel – Die Sünder

Impressum
    Die australische Originalausgabe Torment erschien 2011 im Verlag Severed Press.
    Copyright © 2011 by Brett McBean
    © dieser Ausgabe 2012 by Festa Verlag, Leipzig
    Titelbild: iStockphoto.com
    Alle Rechte vorbehalten
    eISBN 978-3-86552-180-4
    www.Festa-Verlag.de