Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)
ernst. Seine Miene erinnert mich an die ersten Wochen, als wir uns gerade kennengelernt hatten – ein undurchdringlicher Ausdruck, der seine innersten Gedanken bewacht.
» Hör zu « , sage ich. » Ich dachte, ich müsste mir noch darüber klar werden, ob ich dir verzeihen kann oder nicht. Aber mir ist klar geworden, dass du mir nichts getan hast, was ich dir verzeihen müsste – mal abgesehen von deiner Unterstellung, ich sei eifersüchtig auf Nita … «
Er öffnet den Mund, um etwas zu erwidern, aber ich hebe die Hand, um ihn am Sprechen zu hindern.
» Wenn wir zusammenbleiben, werde ich dir wieder und wieder verzeihen müssen, und umgekehrt wirst auch du mir wieder und wieder verzeihen müssen « , sage ich. » Also geht es gar nicht darum, ob ich dir vergebe oder nicht. Worüber ich mir wirklich Gedanken hätte machen sollen, ist die Frage, ob wir einander noch guttun. «
Auf dem Heimweg sind mir Amars Worte darüber, dass es in jeder Beziehung Probleme gibt, nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Ich habe an meine Eltern gedacht, die sich häufiger gestritten haben als alle anderen Altruan-Eltern, die ich kenne, die aber trotzdem bis zu ihrem Tod gemeinsam durchs Leben gegangen sind.
Dann habe ich darüber nachgedacht, wie stark ich geworden bin, wie sicher ich meiner selbst sein kann und dass er es war, der mir immer gesagt hat, dass ich mutig bin, dass ich respektiert werde, dass ich geliebt werde und es wert bin, geliebt zu werden.
» Und? « , fragt er ein kleines bisschen unsicher, was man an seiner Stimme, seinen Augen, seinen Händen ablesen kann.
» Und « , greife ich seine Frage auf, » ich denke, du bist immer noch der Einzige, der scharf genug geschliffen ist, um mich zu schärfen. «
» Das bin ich « , sagt er rau.
Und ich küsse ihn.
Er legt die Arme um mich und zieht mich an sich, hebt mich auf die Zehenspitzen. Ich vergrabe das Gesicht in seiner Schulter und schließe die Augen, atme nur seinen frischen Duft ein, den Geruch von Wind.
Früher dachte ich, dass die Leute sich irgendwann verlieben und dann bei dem Menschen landen, zu dem das Schicksal sie verschlagen hat, und das war’s dann. Vielleicht stimmt das für den Anfang, aber es stimmt nicht für das hier, nicht für jetzt.
Ich habe mich in ihn verliebt. Aber ich bleibe nicht gedankenlos und automatisch bei ihm, als hätte ich keine Alternative. Ich bleibe bei ihm, weil ich mich dafür entscheide – jeden Tag, wenn ich die Augen aufschlage, jeden Tag, wenn wir uns in Lügen verstricken, streiten oder enttäuschen. Ich entscheide mich immer wieder aufs Neue für ihn, und er entscheidet sich für mich.
3 7 . Kapitel
Tris
Am Morgen meiner ersten Ratssitzung treffe ich in Davids Büro ein, als der Zeiger meiner Uhr gerade auf zehn springt. Kurz darauf erscheint er selbst. Er wirkt noch blasser als bei unserer letzten Begegnung, die dunklen Ringe haben sich tief um seine Augen gegraben und wirken wie Blutergüsse.
» Hallo, Tris « , begrüßt er mich. » Du kannst es kaum erwarten, was? Du bist sehr pünktlich. «
Meine Glieder fühlen sich noch immer ein wenig schwer an von dem Wahrheitsserum, das Caleb, Cara und Matthew heute Morgen an mir getestet haben. Es gehört zu unserem Plan – die drei versuchen, ein wirkungsvolles Serum zu entwickeln, gegen das selbst GP s, die so resistent gegen Seren sind wie ich, nichts ausrichten können. Ich ignoriere das bleierne Gefühl und sage: » Nein, ich bin schon gespannt. Schließlich ist es meine erste Sitzung. Brauchen Sie Hilfe? Sie sehen erschöpft aus. «
» Sehr aufmerksam von dir. «
Ich stelle mich hinter ihn und drücke die Griffe des Rollstuhls, um ihn in Bewegung zu setzen.
Er seufzt. » Ich bin nur etwas müde. Ich war die ganze Nacht auf und habe mich mit unserer jüngsten Krise herumgeschlagen. Hier müssen wir links abbiegen. «
» Welche Krise? «
» Oh, du wirst es bald genug erfahren, eines nach dem anderen. «
Ich manövriere ihn durch die halbdunklen Gänge von Terminal 5, wie dieser Bereich genannt wird – » ein Name von früher « , wie David mir erklärt –, durch einen fensterlosen Bereich, der von der Außenwelt abgeschottet ist. Ich kann die Paranoia, die die dicken Wände des Terminals ausstrahlen, beinahe spüren. Es ist, als wollte das Terminal sich fremden Blicken und neugierigen Augen entziehen. Wenn sie wüssten, wonach ich Ausschau halte.
Im Gehen fällt mein Blick auf Davids Hände, mit denen er sich auf die Armlehnen stützt. Die Haut um
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