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Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)

Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)

Titel: Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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Altruan, aber ich bin mir nicht sicher, ob diese Art zu denken das ist, was wir jetzt brauchen.
    Ein Leben gegen Tausende von Erinnerungen, natürlich liegt die Antwort auf der Hand – aber muss es einen von uns treffen? Müssen wir diejenigen sein, die handeln?
    Aber weil ich längst weiß, wie meine Antwort lauten wird, wenden meine Gedanken sich einer anderen Frage zu. Wenn es einen von uns treffen muss – wer sollte es dann sein?
    Mein Blick wandert von Matthew und Cara, die hinter dem Tisch stehen, über Tobias zu Christina, die sich auf einen Besen stützt, und landet schließlich auf Caleb.
    Er.
    Eine Sekunde später bin ich angewidert von mir selbst.
    » Komm schon, raus mit der Sprache « , sagt Caleb und sieht mich an. » Du willst, dass ich es tue. Ihr alle wollt das. «
    » Das hat niemand gesagt « , widerspricht Matthew und spuckt das Band aus.
    » Alle Blicke sind auf mich gerichtet « , sagt Caleb. » Denkt nicht, ich würde das nicht merken. Ich war es, der die falsche Seite gewählt und mit Jeanine Matthews gemeinsame Sache gemacht hat. An mir liegt niemandem etwas und deshalb sollte ich derjenige sein, der stirbt. «
    » Was glaubst du, warum Tobias sich bereiterklärt hat, dich vor deinem Hinrichtungstermin aus der Stadt zu holen? « Meine Stimme ist kalt und leise. Der stechende Geruch von Bleichmittel dringt mir in die Nase. » Weil es mir egal ist, ob du lebst oder stirbst? Weil du mir vollkommen gleichgültig bist? «
    Er sollte derjenige sein, der stirbt, höre ich eine Stimme in mir.
    Ich will ihn nicht verlieren, widerspricht eine andere Stimme.
    Ich weiß nicht, an welche Stimme ich mich halten, welcher ich Glauben schenken soll.
    » Meint ihr, ich erkenne keinen Hass, wenn ich ihn sehe? « Caleb schüttelt den Kopf. » Ich sehe ihn in deinem Blick, wenn du mich ansiehst – was selten genug vorkommt. «
    Seine Augen schimmern feucht. Es ist das erste Mal seit meiner Beinahe-Hinrichtung, dass er Reue zeigt, statt sich zu verteidigen oder mit immer neuen Ausreden zu kommen. Vielleicht sehe ich ihn zum ersten Mal seit Langem wieder als meinen Bruder und nicht als den Feigling, der mich Jeanine Matthews ausgeliefert hat. Plötzlich fällt mir das Schlucken schwer.
    » Wenn ich mich darauf einlasse … « , beginnt er.
    Ich schüttele den Kopf, aber er hebt nur die Hand.
    » Warte « , sagt er. » Beatrice, wenn ich mich darauf einlasse … wirst du mir dann verzeihen? «
    Wenn einem von jemandem Unrecht widerfährt, belastet das beide – einer wie der andere hat die Last und den Schmerz zu tragen. Vergebung bedeutet, dass man diese Last ganz alleine auf sich nimmt. Calebs Verrat ist für uns beide eine Bürde, und da er daran schuld ist, meinte ich immer, dass er die ganze Last auf sich nehmen sollte. Ich bin mir nicht sicher, ob ich in der Lage bin, sie allein zu schultern – nicht sicher, ob ich stark genug oder gut genug bin.
    Aber ich sehe, wie er sich mit seinem Schicksal abfindet, und ich weiß, dass ich stark und gut genug sein muss, wenn er sich für uns alle aufopfern will.
    Ich nicke. » Ja « , stoße ich mit erstickter Stimme hervor. » Aber das ist kein Grund … «
    » Ich habe jede Menge Gründe « , erwidert Caleb. » Ich tue es. Natürlich tue ich es. «
    Ich begreife nur langsam, was gerade passiert ist. Matthew und Caleb bleiben zurück, um einen Schutzanzug zu finden, der ihn im Waffenlabor wenigstens so lange am Leben erhält, bis er das Gedächtnisvirus freigesetzt hat. Ich lasse die anderen vorangehen, erst dann verlasse auch ich den Raum. Ich will auf dem Rückweg zum Schlafsaal mit meinen Gedanken alleine sein.
    Vor einigen Wochen hätte ich mich freiwillig auf diese Selbstmordmission gestürzt – und genau das habe ich damals ja auch getan. Ich bin freiwillig in das Hauptquartier der Ken gegangen, in dem Wissen, dass mich dort der Tod erwartet. Aber ich habe es nicht aus Selbstlosigkeit oder Mut getan. Meine Schuldgefühle haben mich zu diesem Schritt getrieben – ein Teil von mir wollte alles verlieren. Ein trauernder, leidender Teil von mir sehnte sich nach dem Tod. Ist es das, was auch Caleb jetzt antreibt? Darf ich wirklich zulassen, dass er sein Leben opfert, um seine Schuld mir gegenüber zu begleichen?
    Ich laufe durch den in buntes Licht getauchten Gang und steige die Treppe hinauf. Ich sehe keinen Ausweg. Fiele es mir leichter, Christina, Cara oder Matthew gehen zu lassen? Nein. Die Wahrheit ist, dass ich weniger bereit wäre, sie zu verlieren, weil

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