Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)
und kämpfst weiter gegen die Getreuen – aber ohne mich, und zwar für immer – oder du lässt von diesem Kreuzzug ab und … bekommst deinen Sohn zurück. «
Es ist ein schwacher Versuch, und ich weiß es. Deshalb habe ich Angst – Angst, dass sie sich weigern wird, zu wählen. Dass sie die Macht mir vorziehen wird, dass sie mich einen dummen Jungen nennen wird – denn genau das bin ich. Ich bin ein Kind. Ich bin ein kleiner Knirps und will von ihr wissen, wie lieb sie mich hat.
Evelyns Augen, dunkel wie feuchte Erde, blicken mich lange forschend an.
Dann beugt sie sich über den Tisch und zieht mich an sich. Ich bin überrascht, wie stark und drahtig ihre Arme sind, mit denen sie mich umklammert, als wolle sie mich nie wieder loslassen.
» Meinetwegen können sie die Stadt und alles darin haben « , murmelt sie in mein Haar.
Ich kann mich nicht rühren, bringe keinen Ton heraus. Sie hat sich für mich entschieden. Sie hat sich für mich entschieden.
4 9 . Kapitel
Tris
Das Todesserum riecht nach Rauch und Gewürzen, und meine Lungen wehren sich schon beim ersten Atemzug. Ich huste und werde von Dunkelheit verschluckt.
Ich falle auf die Knie. Ich fühle mich, als hätte jemand mein Blut durch Sirup ersetzt und meine Knochen mit Blei gefüllt. Der Schlaf will mich mit unsichtbaren Fäden an sich ziehen, aber ich will wach sein. Es ist wichtig, dass ich wach bin. Ich stelle mir vor, dass dieses Wollen, dieser Wunsch in meiner Brust brennt wie eine Flamme.
Die Fäden ziehen kräftiger, und ich fache die Flamme mit Namen an. Tobias. Caleb. Christina. Matthew. Cara. Zeke. Uriah.
Aber die tödliche Last des Serums lässt sich nicht so einfach abwerfen. Ich kippe zur Seite und mein verwundeter Arm wird gegen den kalten Boden gedrückt. Ich drifte …
Es wäre schön, davonzutreiben, sagt eine Stimme in meinem Kopf. Zu sehen, wo ich hingehen werde …
Aber das Feuer, das Feuer.
Das Verlangen zu leben.
Ich bin noch nicht fertig, oh nein.
Ich wühle mich in meine Gedanken hinein. Es ist schwer. Ich will mich daran erinnern, warum ich hergekommen bin und warum es mir etwas bedeutet, mich von diesem wundervollen Gewicht zu befreien. Dann finde ich sie, die Erinnerung an das Gesicht meiner Mutter, wie sie auf dem Pflaster liegt, mit seltsam verrenkten Gliedern, und an das Blut, das aus dem Körper meines Vaters sickert.
Sie sind tot, sagt die Stimme. Du könntest zu ihnen gehen.
Sie sind um meinetwillen gestorben, antworte ich. Und jetzt muss ich eine Gegenleistung erbringen. Ich muss verhindern, dass andere Menschen alles verlieren. Ich muss die Stadt retten und die Menschen, die meiner Mutter und meinem Vater viel bedeutet haben.
Wenn ich zu meinen Eltern gehe, will ich einen guten Grund haben und nicht das hier – nicht diesen sinnlosen Zusammenbruch auf der Türschwelle.
Das Feuer, das Feuer. Es tobt in meinem Innern, zuerst nur ein Lagerfeuer und dann ein Inferno, und mein Körper ist der Brennstoff. Ich spüre, wie es durch mich hindurchrast, wie es an der drückenden Last nagt. Es gibt nichts, was mich jetzt töten kann; ich bin mächtig und unbesiegbar und ewig.
Das Serum scheint an meiner Haut zu kleben wie Öl, aber die Dunkelheit weicht zurück. Ich lasse die Hand schwer auf den Boden krachen und stemme mich hoch.
Halb aufgerichtet ramme ich die Schulter in die Doppeltüren; sie schrammen über den Boden, als das Siegel bricht. Ich atme saubere Luft und richte mich auf. Ich bin da, ich bin da.
Aber ich bin nicht allein.
» Keine Bewegung « , sagt David und hebt seine Waffe. » Hallo, Tris. «
5 0 . Kapitel
Tris
» Wie hast du dich gegen das Todesserum geimpft? « , fragt er mich. Er sitzt immer noch im Rollstuhl, aber man braucht keine gesunden Beine, um eine Waffe abzufeuern.
Etwas benommen blinzele ich ihn an.
» Überhaupt nicht « , antworte ich.
» Rede keinen Unsinn « , sagt David. » Du kannst das Todesserum nicht ohne das Gegenmittel überleben, und ich bin der Einzige, der diese Substanz besitzt. «
Schweigend starre ich ihn an. Was hätte ich ihm auch sagen sollen? Ich habe mich nicht geimpft, und dass ich noch immer hier stehe, ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Das ist alles.
» Im Grunde genommen spielt es keine Rolle « , fährt er fort. » Wir sind jetzt hier. «
» Was haben Sie vor? « , murmle ich. Meine Lippen fühlen sich unnatürlich dick an, die Worte kommen nur schwer aus meinem Mund. Ich spüre immer noch diese ölige Schwere auf der Haut, sie
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