Die Bestimmung
oder Mitte der Geschichte sein sollte. So war alles sehr sprunghaft und verwirrend. Etwas in ihm nahm ganz leise und langsam Abstand. Wie hatte er sich so unbedacht benehmen können? Sie hatte das Kissen an sich gedrückt wie ... Hatte er keine Augen im Kopf, keinen klaren Menschenverstand mehr? Sie war noch ein Kind, bei den Narben des Mondes. Auch wenn ihre Augen so alt wie die Zeit schienen, letztendlich waren es ihre Gefühle, Gedanken und Worte, die das wahre, das wirkliche Wesen zeigten. Im Stillen schallt er sich einen Narren, versuchte, sich zu besinnen. Und Ril war hier gewesen? Wie? Warum? Du fehlst mir so sehr! Aber wenn jemand dem Tod ins Gesicht spucken konnte, dann seine Schwester. Seltsam war es dennoch. Er blinzelte sich aus dem Augenblick heraus, versuchte wieder aufmerksam zuzuhören und räusperte sich.
«... berühmte Krieger waren das, und sie hatten wunderschöne Schwerter. Ich glaube, dass sie alt genug sind, um Dir helfen zu können! Weißt Du, China ist eine der ältesten Kulturen.»
«Kann ich diese Schwerter sehen?» Seine Stimme klang reserviert genug, um Nilah stutzen zu lassen. Warum war er jetzt mürrisch?
«Das ist nicht so einfach», entgegnete sie, «die haben jetzt nämlich geschlossen.»
Liran spürte plötzlich, wie sich sein ganzer Körper ausdehnte, wie die Wurzeln von Akkosh sich unter seiner Haut bewegten und ein Rauschen in ihm flüsterte. Dann witterte er sie.
«Raus hier, sofort!» knurrte er mit rauer Stimme. Nilah starrte ihn an.
Es hörte sich an, als würde in der Ferne ein dicker Zweig zerbrechen. Dann erfolgte ein schriller Schrei, der Nilah «Oh, mein Gott» hauchen ließ. Liran wandte sich um, ergriff den Bogen, die Pfeile und alles andere, schob seelenruhig die Terrassentür auf. Im selben Moment klackte das Haustürschloss und ihr Vater kam herein. Neben ihm, im Flur, stand ein kleiner Junge von vielleicht zehn oder elf Jahren und lächelte sie an. Se brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass es der Junge von Oma Eddas Totenfeier war. Totale Verwirrung lähmte all ihre Gedanken, als ein weiterer Schrei sie in die Wirklichkeit zurückholte.
Sie stand wie angewurzelt im Wohnzimmer. Eine Gänsehaut krabbelte über ihren ganzen Körper. Liran stand neben dem Pool und sie sah, wie einer der weiß gestrichenen Pfeile in die Dunkelheit davonflog. Bruchteile später wurde etwas dunkel Geschecktes kreischend von der Wucht des Aufpralls nach hinten gerissen und gegen einen Baum geschleudert. Nilah konnte sich nicht rühren, wie vor Tagen am Steinkreis. Ihre Beine, ihre Arme, alles war erstarrt. Erneut zischte ein Pfeil von der Sehne und verschwand, einem hellen Blitz gleich, zwischen den grauen Stämmen des Parks. Wieder hörte man ein wildes Kreischen, Äste und Zweige brachen. Wie hypnotisiert stand sie da und schaute dieser unfassbaren Gewalt zu. Dann ließ der Krieger den Bogen fallen und nahm die selbst gebauten Äxte in beide Hände. Er rief etwas in den Wald und die Antwort war nur lautes hohes Klacken, als würde man trockene Hölzer schnell aufeinander schlagen.
Plötzlich stand ihr Vater neben ihr und packte sie, während der kleine Junge neben ihm voller Angst jammerte. Er sah hübsch aus, nur seine Augen ...
«Um Himmelswillen!», rief ihr Vater. Ihr Blick folgte seiner Stimme. Gemeinsam sahen sie, wie sich langsam eine riesige aus Brettern genagelte Planke, die zuvor von Seilen gehalten wurde, nach unten neigte, fiel und sich dann krachend über das gesamte Fleet legte. Wasser peitschte in die Höhe und die Planke rasierte einen kleineren Baum auf einer Seite ab. Laub wirbelte in der Luft. Das Wesen, das auf die Planke sprang, schien direkt aus der Hölle zu kommen. Groß, dünn und diese Knie ... Sie knickten in die falsche Richtung ein. Mit komisch abgehackten Schritten, als würde es auf schiefen Stelzen gehen, rannte es mit wenigen schnellen Sätzen über die schmale Brücke und somit über das Wasser. Als Liran ihm entgegenging, schrie Nilah «Neeiinn!» Da drehte er sich für einen Moment erschrocken um, sah sie alle dort stehen und brüllte zurück, als auch schon etwas auf ihn niedersauste, das wie ein langes gebogenes Schwert aussah. Doch Liran tauchte federleicht unter dem Schlag hinweg. Und jetzt verstand Nilah, was diese wellenförmigen Zeichen in ihm wirkten. Der Krieger bewegte sich fließend, er bewegte sich wie Wasser. Er war Wasser!
Der Schmerzbringer taumelte von der Wucht seines Schlages nach vorn. Liran umging ihn wie ein
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