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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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einmal etwas denken. Dann bemerkte sie, dass sie noch immer Lirans Hand umklammert hielt und löste verblüfft ihren Griff.
    Liran drehte sich um und fragte die Frau, ob er ihr den Kinderwagen nach oben tragen dürfe. Sie lächelte und ihr Mann lachte nun auch. Nur die kleine Tochter, die noch immer auf dem Arm war, sah den Krieger an, als kenne sie ihn, aber das war nur ein kurzer Augenblick.
    «Niemand hat etwas dagegen getan», sagte Liran, als sie den Weg zurück zum Haus einschlugen.
    «Ja, ich weiß!», antwortete sie bitter. «So ist diese Welt leider nun 'mal!
     
    Zu Hause wickelte Liran nasses Leder um die Pfeilspitzen. Wenn es trocknete, würde es stark und stramm um den Schaft liegen.
    Dies war eine Welt der Starre, so empfand er es. Diese Welt hatte keine Richtung, sondern nur noch ein Ziel. Und dieses Ziel hatte nicht einmal einen Namen.
    Wäre Ril in dieser U-Bahn gewesen, hätten dort vier tote Männer gelegen. Er vermisste sie so sehr, gerade jetzt. Ihre Wildheit und ihren Mut hätte er gut gebrauchen können.
    «Wie viel Zeit bleibt uns eigentlich noch?», fragte Nilah unvermittelt.
    Er sah auf. «Ein, vielleicht zwei Tage. Dies ist eine sehr große Stadt, voller fremder Gerüche. Und sie ist voller Wasser, was uns hilft.»
    «Warum?»
    «Wasser ist ein Leben spendendes Element. Es ist alt, sehr alt. Es steht im völligen Gegensatz zu dem, was die Schmerzbringer sind. Sie haben keine Angst davor, aber sie meiden es, wo sie können. Es sei denn, jemand zwingt sie ins Wasser. Dann überwinden sie selbst das. Aber versinken sie darin, verlieren sie ihre Magie.»
    Liran wickelte weiter und legte einen fertigen Pfeil beiseite.
    «Wir können noch immer fliehen. Ich könnte versuchen, Verbündete zu finden, auch wenn es lange her ist, dass ich auf welche zählen konnte.» Er wollte ihr Mut machen.
    Nilah nickte nur. Es war ein einsames Nicken, bei dem sich ihre Lippen verzogen und bitter lächelten.
    «Ja, abhauen, fliehen, sich aus dem Staub machen. Und dann? Ich weiß ja nicht einmal, warum dieser ganze Mist passiert!» Sie stand auf. «Was will dieser Sunabru eigentlich von mir? Was ist so wichtig, dass er tut, was er tut? Was ist so wichtig, dass Du hier bist?» Ihre Augen funkelten, ihr Körper spannte sich.
    Liran senkte verschämt den Blick, aber sein Herz schlug schneller. «Das kann ich Dir nicht sagen.»
    Jetzt baute sie sich vor ihm auf. Wütend. «Aha, Du kannst es also nicht sagen? Ich bin so wichtig, dass halb Irland verrückt spielt, dass man einen Leibwächter abkommandiert hat, der längst nicht mehr leben dürfte, und alles, was ich dazu höre ist: Das kann ich Dir nicht sagen ? Scheiße, verdammt noch mal. Weißt Du eigentlich, was ich durchmache? Wie ich mich dabei fühle? Ich habe gerade ein paar hundert Euro dafür ausgegeben, damit Du irgendwelche Waffen bauen kannst, die Kreaturen töten können, von denen ich noch nie gehört habe und die es nicht einmal geben dürfte. Ich denke, Du bist mein Anam Ċara. Die lügen nicht, die erzählen ihrem Seelenfreund alles!»
    Liran erhob sich ebenfalls. Fest sah er ihr in die Augen. Er verstand den Zorn der Verzweiflung darin, der fürchterlich an ihr zerren musste. Aber er durfte es nicht sagen. Noch nicht!
    «Es tut mir leid, Nilah.» Er setzte sich wieder.
     
    Dass er ihren Namen immer vollständig aussprach und das von Anfang an, das beeindruckte sie schon die ganze Zeit, und Nilah fühlte, dass ihre Wut sich auflöste wie Nebel in der Sonne. Doch dann war sie darüber wütend, dass ihr Zorn so schnell verflog, nur weil jemand ihren Namen endlich so benutzte, wie man es tun sollte. Sie musste es sich eingestehen, er brachte sie verdammt noch eins fürchterlich durcheinander. Etwas, das sie nicht im Geringsten unter Kontrolle hatte, zog sie an, und Nilah hasste es, wenn sie etwas nicht selbst beeinflussen konnte. Es war ein Gefühl des Ausgeliefertseins, als würde ihr Körper einfach machen, wonach ihm der Sinn stand. Ein Eigenleben, das Nilah nicht dulden konnte, aber gegen das sie machtlos war. Ständig musste sie ihn ansehen. Sie tat es dann am intensivsten, wenn sie davon überzeugt war, dass er es nicht merkt. Wenn er woanders hinsah, ihr den Rücken zudrehte oder gar schlief. Das Schlimmste aber war, dass er so gut roch, dass sich ihr Körper dabei wie ein Junkie benahm. Als würde alles in ihrem Körper für ein paar Sekunden loslassen und in etwas anderes hineinfallen. Es war wie ein Kick. Es dauerte nur kurz, und es war jedes

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