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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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ein. Der Kopf zerplatzte wie eine faule Nuss. Er war wie von Sinnen, als er die Steine im Raum roch, die an den Wänden hingen und er Nilahs Angst geradezu fühlte, die den ganzen Raum ausfüllte. Er lief zurück, die Treppe hinunter, weil er sie spürte, so intensiv wie nie zuvor. Er blieb vor einer Tür stehen, die sich plötzlich öffnete und sah in ein Gesicht, dass das seine erschrocken anstarrte. Aber für einen Moment lang sah er darin all jenes, was er suchte und wollte.
     
    Sie erkannte sofort, was sie erhoffte. Und doch war es anders! Mit Faszination sah sie die Mischung aus einem Wolf, einer Eule und einem sehr alten Baum. Aber eigentlich sah sie nur blaue Augen, die in sich selbst verschwanden, als würden sie von etwas fortgezogen. Nilah begriff innerhalb von Bruchteilen, dass sie einem Mann gegenüberstand, der nicht er selbst war. Wie konnte man jemanden mögen, der so viel Zorn in sich trug und gleichzeitig eine solche Selbstaufopferung zeigte, dass es ihr den Atem verschlug? Wie?
    Nilah sah etwas Schwarzes aus dem Korridor hinter ihnen schießen, das sich wie eine finstere Welle in den Krieger warf und ihn so gewaltig gegen die Wand schleuderte, dass der Gang davon erbebte. Putz rieselte von den Wänden. Dann rannte sie so schnell sie konnte in den nächsten Quergang und somit tiefer in das Museum.
     
    Liran spürte, wie die Magie zum ersten Mal seinen gesamten Körper übernahm und sich mit einer Heftigkeit wehrte, die ihm bis dahin völlig unbekannt gewesen war. Nicht er kämpfte nun gegen den Blutbaum , sondern die Magie in seinem Innern. Als wäre sie sich dieser Gefahr so klar und bewusst, dass sie jede Faser seiner Muskeln übernahm. Er spürte, wie sein Geist zurückgedrängt wurde, als müsse er anderen Kräften Platz machen, die jetzt unendlich wütend zu sein schienen. Und so verband sich eine ungezähmte Kraft mit einer magischen. Sie erzeugte einen Sog dabei, der ihn völlig ausschloss und zu einem Kampf wurde, den nicht er bestritt, sondern eine Eiche mit der Verzweiflung einer Wölfin und dem Scharfsinn einer Eule.
    Als er von dem Blutbaum gegen die Wand gedonnert wurde, schossen Zweige aus seinen Händen, die in die Mauer glitten wie Schlangen, sich verästelten und ausbreiteten, den Stoß abfederten und sich dann davon abstießen, wie ein Katapult. Aus seinem Rücken wälzte sich das Antlitz von Dahi hervor, schlug ihren Kiefer in das Gesicht des Blutbaums und ließ diesen brüllend zurücktaumeln. Mit einer Drehung zog Liran das Schwert des Schmerzbringers über den Körper des Blutbaums und hinterließ nur einen zerfransten Schnitt, als dieser sich erneut auf ihn warf. Liran fühlte sich wie in einem Rausch aus Elementen und Magie. Als dieser Verbrannte und Verfluchte sich auf ihn warf, da war Lirans Körper nur noch eines – Wut!
     
    Nilah rannte in den Gang Richtung ‚Afrika‘. Hinter sich hörte sie die grauenvollen Laute von Tieren. Ein Knurren, das sich verbiss, und den Schrei eines Vogels. Nun, so befürchtete sie, würden auch die letzten Mauern einstürzen, die sie noch vom Wahnsinn trennten. Fast fügte sie sich in diesen Gedanken. Stumme Tränen rannen über ihr Gesicht. Eines war klar: Die Welt war aus dem Fundament gerissen, so energisch und vollständig, dass sie sich an gar nichts mehr festhalten konnte.
    Was würde passieren, wenn sie sich einfach auf den Boden setzte und den Dingen ihren Lauf ließe? Doch dann würgte sie fast die Tränen hervor, als sie sich vorstellte, Liran würde von ihr gehen. Sie presste ihre Hand vor den Mund, um zu verhindern, dass sie im ganzen verdammten Museum zu hören war.
    «Oh, Himmel,» flüsterte sie. «Was passiert nur mit mir?» Sie presste die Lippen aufeinander, hielt verzweifelt das Schluchzen im Zaum, das zwischen ihren Fingern hindurchquoll. Sie bekam keine Antwort. Weder von einem Gott noch von einem seiner Gesandten. Als sie durch die Tür stürmte, verfing sie sich in einem wahren Dickicht aus bunten Stoffbahnen, die von der Decke hingen, und schrie auf, als dahinter dunkle Wesen standen. Doch es waren nur große Holzpuppen mit farbenfrohen Gewändern, die eine Gruppe afrikanischer Frauen darstellen sollten. Alles war neu gestaltet worden! Glasschränke mit Figuren, Masken mit geschnitzten Stoßzähnen, Lanzen und bemalte Schilde flogen vorüber.
    Nilah wollte ins Treppenhaus, doch als sie an der Tür rüttelte, stellte sie fest, dass sie abgeschlossen war, obwohl ein Schild für Notausgang darüber leuchtete. Hinter

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