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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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wollte. Als die Bahn aus dem Tunnel fuhr, schienen sich all die Häuser neben der Strecke durch die Scheiben zwängen zu wollen.
    Der Weg zu ihrem Gymnasium hörte sich unter ihren Schritten anders an. Das Gebäude selbst schien am falschen Ort zu stehen und als sie durch die Eingangstür ging und all den Trubel sah, der kurz vor dem Klingeln immer herrschte, wollte sie auf der Stelle umdrehen. Sie wurde gegrüßt, jemand sagte etwas Blödes über ihre Mütze, weiter vorn erklang ein schrilles, helles Lachen. Als sie auf ihrem Platz saß, war alles laut und gleichzeitig weit weg. Der Lehrer kam, die Stimmen verebbten. Sie schlug ihr Buch auf und verstand keine Zeile davon. Der Raum war nach innen gerückt, die vielen Gerüche flossen wie verschüttete Farbe im Raum. Sie hörte ihren Namen oder auch nicht. Irgendwann stand jemand vor ihr, nachdem man sie an der Schulter berührt hatte. Sie sah auf und es schien, als müsse sie erst einmal feststellen, wo sie überhaupt war. Sie erkannte, wie sich Lippen bewegten, aber verstehen konnte sie es nicht, deshalb lächelte sie einfach zurück.
    Der Weg zurück war dann klarer. Man hatte sie vom Unterricht befreit. Wie sie aus der Schule gekommen war, keine Ahnung. Erneut schaute sie aus den U-Bahn-Fenstern und vermisste dringend und plötzlich eine ganz bestimmte Weite und Farbe.
    Wieder zu Hause legte sie ganz langsam den Rucksack beiseite, zog sich ihre Jeans aus, ihre Schlafanzughose an und legte sich ins Bett. Sie nahm ihren Lieblingsbären Fossi in den Arm und dachte an gar nichts mehr. Sollte doch die Welt zur Hölle fahren!
     

Zittern
    Tok zitterten ein wenig die Knie, und er hatte das Gefühl, er würde feuchten, modrigen Schlamm atmen. Ein Troll ging voran, einer war hinter ihm. Das einzige Licht kam von alten Wurzelenden, die ihre verschlungenen Arme einst durch die Erde getrieben hatten, von Wäldern, die schon seit Ewigkeiten nicht mehr existierten. Aber ihre Kraft leuchtete noch immer schwach hier unten, in einem Licht, dass einem angst und bange werden konnte.
    Sie gingen durch ein wahres Labyrinth. Tok hatte es aufgegeben zu versuchen, sich den Weg einzuprägen. Weiter und immer tiefer gingen sie, etliche Verzweigungen nehmend. Nach einem halbem Rätselfinderleben, so empfand es Tok, kamen sie an ein hölzernes Tor, das mit alten verschnörkelten Wurzeln geradezu übersät war. Der vordere Troll schlug, so behutsam er es vermochte, dagegen und wartete.
    Dann, wie auf ein geheimes Zeichen hin, versank das Tor zu ihren Füßen im Boden. Tok bemühte sich zu erspähen, was dahinter lag, aber der massige Troll vor ihm versperrte die Sicht. Sie passierten die Schwelle.
    Es war, als hätte hier einmal ein sehr mächtiger und großer Baum über ihnen gestanden. Seine Wurzeln hatten eine Art Gewölbe hinterlassen, mit tausenden von alten Adern, die den ganzen Raum umhüllten. Es war unheimlich. Alles leuchtete und doch war es auch finster.
    Sein Bewacher trat einen Schritt beiseite und gab den Blick frei. Tok musste schlucken. Vor ihm, auf einem Thron aus schwarzer, feuchter Erde, hockte ein solch hässlicher Troll, wie er ihn sich nicht einmal in seinen schlimmsten Träumen hätte vorstellen können. Das Gestrüpp von alten Ästen auf seinem Haupt war krumm und schief und wirkte wie eine Stachelkrone. Seine knollige gespaltene Nase schien auf alles und jeden zu zeigen und seine wulstigen Hände umklammerten die Lehnen seines Throns. Eine riesige Keule lehnte daneben, alt und schlachterprobt sah sie aus. Schweigend blickte dieser Berg aus schlechter Laune auf Tok herab wie auf einen Wurm. Nichts regte sich an ihm, nicht einmal in seinen schimmernden Augenhöhlen, in denen sich alle Farben des Herbstes widerzuspiegeln schienen. Und sie schauten, als hätten sie noch niemals einen Widerspruch vernommen.
    «Ich habe Krieger verloren, deinetwegen!» donnerte eine Stimme, die fern jeder Freundlichkeit war. Tok wusste, dass er hier nur wieder heil herauskam, wenn er sich auf etwas Höheres berief.
    «Alles im Namen des Einzigen , großer Häuptling. Sein Wille war es, diesen ... diesen Test bei dem Ring der Steine zu unternehmen. Ich ... ähm, wir mussten sicherstellen, wer unser Feind ist», stotterte Tok.
    Nicht die kleinste Reaktion kam von seinem Gegenüber.
    «Also sind meine Krieger nur Futter für seinen gierigen Schlund?»
    Tok erstarrte. Mit so viel strategischem Feingefühl hatte er nun gar nicht gerechnet.
    «Großer Häuptling», sagte er demütig. «Wir

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